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Video: rbb24 Abendschau | 16.08.2022 | Sabrina Wendling und Tobias Wendling | Quelle: IMAGO/agefotostock

Energiesparplan des Berliner Senats

"Wir werden das Sparen spüren"

Mindestens zehn Prozent des öffentlichen Energieverbrauchs soll Berlin im Herbst und Winter einsparen. Und: Die Bürger sollen Anreize zum Sparen bekommen. Doch die Pläne des Senats sind nicht ambitioniert genug, kritisiert die Opposition. Von Tobias Schmutzler

"Es wird nicht dunkel werden in Berlin", sagt der Berliner Wirtschaftssenator. Aber Stephan Schwarz (parteilos) kündigt am Dienstag auch an: "Wir werden das Sparen und die damit einhergehenden Veränderungen spüren in der Stadt. Wir nötigen allen Einsparungen ab, die auch ein bisschen wehtun können." Mit dem Sparplan für öffentliche Gebäude hat der Senat am Dienstag ein erstes Maßnahmenpaket vorgestellt, das die drohende Energiekrise im Herbst und Winter abfedern soll.

Heizungen, Warmwasser, Beleuchtung

Berliner Senat beschließt Energiesparmaßnahmen in öffentlichen Gebäuden

Es wird kälter in Berlin: Der Senat hat Maßnahmen zum Energiesparen beschlossen, um über den Winter zu kommen. Vor allem die Temperaturen in öffentlichen Gebäuden wie Verwaltungen oder Schulen werden gesenkt. Auch Schwimmbäder sind von den Maßnahmen betroffen.

Mindestens zehn Prozent weniger Energie soll in öffentlichen Gebäuden verbraucht werden. Dafür wird in Büroräumen die erlaubte Höchsttemperatur auf 20 Grad sinken, in Fluren und in Treppenhäusern auf 16 Grad. Das Warmwasser wird in Verwaltungen, weiterführenden Schulen und Hochschulen abgestellt. In Schwimmbädern sind nur noch maximal 26 Grad Wassertemperatur erlaubt, beheizte Außenbecker ganz verboten.

Ab sofort greifen diese und weitere Maßnahmen, eine sichtbare Einsparwirkung erwartet der Senat allerdings erst im Laufe der Heizperiode, womöglich auch erst an ihrem Ende, heißt es im Beschlusspapier. Als Faustregel gelte, dass die Absenkung der Raumtemperatur um ein Grad den Wärmeenergieverbrauch um bis zu sechs Prozent verringern könne.

Hohe Mehrkosten für Verbraucher

Gasumlage soll zunächst 2,419 Cent pro Kilowattstunde betragen

Ab Oktober wird eine Gasumlage in Höhe von 2,419 Cent pro Kilowattstunde fällig. Sie soll helfen, die Versorgung mit Gas zu sichern und die Kosten der Importeure zu stützen. Die Bundesregierung plant nun ein drittes Entlastungspaket.

Vorbildlich oder unambitioniert?

Aus Sicht des Senats selbst ist der Plan jetzt genau der richtige Schritt. "Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir uns als Landesverwaltungen an die eigene Nase fassen und schauen: Was können wir tun, um unseren Verbrauch zu senken?", sagt die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Berlin sei bundesweit das erste Bundesland, in dem die Regierung ein derart umfangreiches Paket beschlossen habe.

Anders sieht das die Opposition. Der CDU-Abgeordnete Christian Gräff findet die Beschlüsse "unambitioniert". Der energiepolitische Sprecher seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus findet, wichtige Ideen zum Abmildern der Energieprobleme kämen gar nicht vor. "Was überhaupt nicht mitgedacht wurde: Wie können wir Erneuerbare Energien, etwa durch neue Solaranlagen, viel unbürokratischer möglich machen?" Dass hierzu keine Vorschläge in dem Maßnahmenpaket stehen, darüber ist Gräff nach eigener Aussage "sehr erstaunt und enttäuscht".

Kritik kommt auch von der FDP. Der Abgeordnete Christian Wolf, Sprecher für Energie und Betriebe, bemängelt: "Der Energiesparplan bleibt weit hinter den Erwartungen zurück." Wolf kritisiert, dass die Senatspläne nicht einmal das von der EU-Kommission vorgegebene Einsparziel von 15 Prozent erfüllen würden. "Damit wird der Senat seiner Vorbildfunktion nicht gerecht."

Wie viel sollen private Haushalte sparen?

Bei den jetzt beschlossenen Energiesparplänen geht es der Landesregierung nur um die öffentlichen Gebäude. Aber die Regierende Giffey richtet auch einen Aufruf an die privaten Haushalte, die sich das Sparen leisten können. "Jeder schaut in seinem Privathaushalt: Was kann ich tun?", appelliert die SPD-Politikerin. Dabei müsse aber unterschieden werden: "Natürlich ist es für jemanden, der eine kleine Wohnung hat und schon jetzt sehr am Limit ist, etwas anderes, als wenn jemand seinen Swimmingpool im Garten beheizt."

Stromeinsparungen in Energiekrise

Rund 100 Berliner Gebäude werden nachts nicht mehr angestrahlt

Keine Prozentwertvorgaben zur Einsparung an die Bürger

Pauschale Prozentwerte, wie viel private Bürgerinnen und Bürger einsparen sollen, findet Giffey nicht sinnvoll. Die konkrete Zahl von 20 Prozent Einsparen hatte Anfang August der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, ins Spiel gebracht. Solche Zielwerte lehnt Berlins Regierende ab und verweist dabei darauf, dass die Hauptstadt bundesweit bereits den geringsten Energieverbrauch habe. Das liegt unter anderem an den Wohnverhältnissen in der Stadt, aber auch den wenigen Industrieunternehmen.

Informationsportal Einspartipps angekündigt

Für die Haushalte, die freiwillig mehr Energie sparen wollen, will der Senat in Kürze ein neues Informationsportal auf berlin.de veröffentlichen. Dort soll es unter anderem Hilfestellungen geben, wo Menschen sich zum Strom- und Heizkostensparen professionell beraten lassen können.

Solche Angebote begrüßt der Energiesparberater Sven Schoß. Er koordiniert bei der Caritas das Projekt "Stromsparcheck". "Die Leute haben Angst und wissen im Prinzip nicht, was auf sie zukommt", berichtet Schoß aus seiner Erfahrung. Ihn besuchen vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen. "Die Leute werden im Augenblick überschüttet mit schlechten Nachrichten – und da fangen dann einige auch schon an zu zittern. Man muss sie mitnehmen und ihnen erklären: Bitte habt keine Angst, wir können an kleinen Stellschrauben drehen."

Energiespar-Regeln für Unternehmen kommen Anfang September

Während der Senat bei den Bürgern auf Appelle setzt, wird es für die Wirtschaft wohl bald neue Regeln geben – allerdings auf Basis einer Selbstverpflichtung. "Wir sind mit den Wirtschaftsverbänden und Kammern im Gespräch und haben ein klares Signal, dass sie sich zu Einsparzielen bekennen wollen", so Wirtschaftssenator Stephan Schwarz. Anfang September würden konkrete Maßnahmen vorgestellt, wie die betroffenen Unternehmen Energie sparen wollen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 16.08.2022, 19.30 Uhr

Beitrag von Tobias Schmutzler

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