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Quelle: imago images/Florian Gaertner

Bund-Länder-Konferenz

Michael Müller lehnt bundesweite Ausgangssperren ab

Wenige Stunden vor der nächsten Bund-Länder-Konferenz macht der Berliner Regierende Bürgermeister klar, was mit ihm nicht gehen wird: bundesweite Ausgangssperren und weitere Einschnitte im Privatbereich. In der Pflicht sieht Müller vielmehr die Arbeitgeber.

Der amtierende Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz und Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat sich vor dem Bund-Länder-Treffen zu Corona-Schutzmaßnahmen gegen bundesweite Ausgangssperren ausgesprochen. Dort, wo niedrigere Inzidenzwerte vorherrschten, seien nächtliche Ausgangssperren nicht vermittelbar, sagte Müller am Dienstagmorgen im ARD-Morgenmagazin.

In stark betroffenen Ländern wie Bayern, in denen bereits nächtliche Ausgangssperren zwischen 21 und 5 Uhr gelten, sei eine Verlängerung dieser Maßnahmen aber durchaus sinnvoll, so Müller. Grundsätzlich müssten das aber die Bundesländer individuell anhand ihrer Infektionszahlen entscheiden.

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Ob es eine bundesweite FFP2-Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr und beim Einkaufen geben soll, ließ Müller offen. In Bayern gilt diese Regel seit Montag (18. Januar).

Die Runde der Wissenschaftler, die am Montagabend Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und weitere Spitzenpolitiker, darunter auch Müller, über ihre Forderungen informiert hatten, habe auch OP-Masken als Alternative zu gängigen Stoffmasken vorgeschlagen. "Auch die bieten deutlich mehr Schutz als Stoffmasken, die viele jetzt tragen", sagte Müller.

"Im Wirtschaftsleben muss nachgesteuert werden"

Deutliche Verschärfungen forderte Müller beim Thema Home-Office. "Im Wirtschaftsleben muss nachgesteuert werden. Wir haben nicht nur in Berlin viel mehr Leben auf den Straßen als im März", sagte Müller im ARD-Morgenmagazin. Studien hätten gezeigt, dass Arbeitgeber beim ersten Lockdown im Frühjahr wesentlich mehr Home-Office angeboten hätten als heute. "Dadurch entstehen Verkehre und Kontakte, die muss man einfach weiter reduzieren."

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) werde einen Vorschlag machen, um die Präsenzpflicht für Arbeitnehmer aufheben zu können. Müller sagte, er könne sich vorstellen, dass künftig Arbeitgeber begründen müssen, warum Arbeitnehmer zum Arbeitsort kommen müssen. Ausgenommen davon seien Produktionsstätten und systemrelevante Berufszweige, fügte Müller hinzu.

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Angesprochen auf die Situation in der Berliner Verwaltung, in der nach wie vor viele Beschäftigte in den Behörden arbeiten, sagte der Regierende Bürgermeister, "wir müssen bei uns deutlich besser werden." Aber man habe gerade auch bei ihm im Roten Rathaus den Präsenzbetrieb "massiv heruntergefahren". In Bürgerämtern müssten weiterhin an manchen Stellen Menschen vor Ort sein, beispielsweise für die Ausweisausgabe und für Auszahlungen von Sozialleistungen. Aber auch die Präsenz in den Bürgerämtern müsse weiter reduziert werden., räumte Müller ein.

Müller: Keine weiteren Einschnitte im Privatbereich

Klar sei: Weitere Eingriffe in das Privat- und Familienleben werde es mit ihm nicht geben, "hier ist das Ende der Fahnenstange erreicht", sagte der SPD-Politiker im ARD-Morgenmagazin. Ähnlich hatte er sich bereits am Montag in einem Interview mit dem TV-Sender Phoenix geäußert: "Wir haben den Menschen viel zugemutet. Wir haben das Familienleben wirklich kaum noch ermöglicht, so wie man es bisher kannte", sagte Müller. "Jetzt weiter diese Schraube anzudrehen und zu sagen: Wir wollen, dass es hinter den verschlossenen Wohnungstüren jetzt noch weitere Einschnitte gibt - das ist mit mir auch nicht mehr zu machen", so Müller weiter.

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Bekommt der ÖPNV eine höhere Frequenz?

Müller sprach sich in dem Phoenix-Interview auch gegen eine vorübergehende Stilllegung des öffentlichen Nahverkehrs aus. Das sei angesichts der Tatsache, dass Menschen weiterhin zur Arbeit fahren müssten, gar nicht machbar. "Im Gegenteil, man müsste jetzt eher sehen, wie man zu einer höheren Frequenz kommt, um eben dieses dicht gedrängte Fahren und Zusammenstehen im ÖPNV zu entlasten", so der SPD-Politiker.

Auch seitens des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) macht eine Ausweitung des ÖPNV-Angebots mehr Sinn als eine zuvor diskutierte Einschränkung. "Nun prüfen Verkehrsunternehmen, ob man das Angebot nicht sogar noch ausbauen könnte, damit sich das Passagieraufkommen besser verteilt", sagte die Chefin des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg, Susanne Henckel der "Welt" (Dienstagsausgabe).

Im Vorfeld des Bund-Länder-Treffens war diskutiert worden, ob Busse und Züge künftig weniger Reisende mitnehmen sollten. Das habe sich jedoch als nicht realisierbar erwiesen. "Im ÖPNV und Nahverkehr auf der Schiene ist eine Beschränkung der Kapazitäten kaum möglich", sagte Henckel und fügte hinzu: "Man kann ja schlecht einen Teil der Sitze mit Flatterband absperren".

Am Dienstagnachmittag wollen die Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Corona-Lage und mögliche weitere Verschärfungen in einer Videokonferenz beraten.

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