rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Quelle: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Umfrage unter Bezirksämtern

Viele Berliner Schulen warten weiter auf Luftfiltergeräte

Im Kampf gegen das Coronavirus will der Senat rund 1.200 Luftfiltergeräte für die 940 Berliner Schulen anschaffen, doch offenbar kommen diese Pläne nur schleppend voran. Eine dpa-Umfrage zeigt: In vielen Bezirken hat sich fast noch nichts getan.

Die Beschaffung von Luftfiltern für Berliner Schulen kommt offenbar langsamer voran als zunächst geplant - und zwischen den Bezirken gibt es dabei große Unterschiede. Das geht aus einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) unter mehreren Bezirksämtern hervor, die am Samstag veröffentlicht wurde.

Im November vergangenen Jahres hatte die Senatsverwaltung für Bildung mitgeteilt, die Beschaffung der Geräte, die in Corona-Zeiten für frische Luft in den Klassenräumen sorgen sollen, sei in vollem Gange. Dabei sei angedacht, nicht für jedes Klassenzimmer der Berliner Schulen ein Gerät zu besorgen, sondern allenfalls für einen Teil davon. Die Luftfilter sollen in erster Linie in Räumen zum Einsatz kommen, wo das Lüften schwierig ist. Laut der Bildungsverwaltung stehen dafür insgesamt 4,5 Millionen Euro aus Landesmitteln zur Verfügung.

Mehr zum Thema

Ein Gerät pro Schule

Luftfilter für Berliner Schulen sind rare Ware

Große Unterschiede zwischen Bezirken

Laut dpa geht es aber langsamer voran, als die Bezirksverwaltungen im Spätherbst erwartet haben. Beim Stand der Dinge gibt es zwischen den Bezirken erhebliche Unterschiede, wie die dpa-Umfrage zeigt. So teilte das Bezirksamt Spandau mit, es habe 82 Luftreinigungsgeräte für die Spandauer Schulen bestellt. Im Einsatz ist davon allerdings noch keine. "Die Auslieferung an die Schulen erfolgt nach jüngstem Kenntnisstand zwischen dem 20. und 25. Januar."

Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf hat nach eigenen Angaben 96 Luftreinigungsgeräte bestellt. Ein Großteil davon - rund 65 - sei bereits ausgeliefert worden. "In der kommenden Woche wird dann auch die Auslieferung der restlichen Geräte erfolgen. Sobald die Luftreiniger vor Ort sind, können sie auch eingesetzt werden."

Einen eigenen Weg geht Reinickendorf: Durch Eigeninitiative des Bezirks sei bereits eine Muster-Lüftungsanlage in der Carl-Bosch-Oberschule im Test-Einsatz, teilte das Bezirksamt mit. "Es könnten künftig weitere Räume damit ausgestattet werden, wenn der Betrieb positive Ergebnisse erzielt." Außerdem seien mit den vom Senat zur Verfügung gestellten Mitteln 75 Luftfiltergeräte bestellt worden. "Geliefert werden diese Geräte voraussichtlich Ende Januar."

Mehr zum Thema

Notbetreuung in Berlin

Hortgebühren an Grundschulen vorübergehend ausgesetzt

Tempelhof-Schöneberg und Mitte noch nicht weit

Im Bezirk Tempelhof-Schöneberg gab es dagegen noch gar keine Bestellungen. Das Schul- und Sportamt habe über den Jahreswechsel alle Unterlagen für eine Ausschreibung vorbereitet und inzwischen Unternehmen zur Abgabe eines Angebots aufgefordert. "Nach Prüfung der Angebote werden entsprechende Geräte bestellt", teilte die Behörde der dpa mit. Die Anzahl der Geräte sei abhängig von den Preisen der Bieter. "Das Schul- und Sportamt hat keine Kenntnis davon, ob und wenn ja in welchen Schulen anderweitig - zum Beispiel auf Elterninitiative - beschaffte Geräte bereits im Einsatz sind."

Auch der Bezirk Mitte ist noch nicht weit gekommen: Bislang seien lediglich vereinzelt durch Fördervereine oder Elterninitiativen beschaffte Geräte im Einsatz, teilte das Bezirksamt mit. Ansonsten ist noch kein Gerät bestellt. "Derzeit werden die eingereichten Angebote ausgewertet, um die Wertungsstufe abzuschließen." Danach folge eine Zuschlagsempfehlung. "Die Rügefrist beträgt zwei Wochen, danach erfolgt die Auftragserteilung/Beauftragung zur Lieferung." Der Liefertermin hänge von der Lieferfrist des Auftragnehmers ab, als spätester Termin sei in der Ausschreibung Anfang März genannt worden.

Mehr zum Thema

Schüler und Lehrpersonal

Berlin plant regelmäßige Schnelltests an Schulen

Teils hohe Preise oder unzulängliche Angebote

Friedrichshain-Kreuzberg hat nach Angaben des Bezirksamts eines der teuersten, aber nach Meinung der eigenen Fachleute das beste Gerät bestellt. Es sei außerdem sehr sicher, langlebig und vor allem leise. "Da das vom Senat zur Verfügung gestellte Mittelvolumen begrenzt ist, konnten wir zunächst nur 42 Geräte bestellen." Außerdem hätten alle Schulen eine Liste bekommen mit einer Übersicht über geeignete Geräte, weil mehrere Fördervereine der Schulen zusätzliche Bestellungen planten. Die ersten vier Geräte seien am Mittwoch geliefert worden, die weiteren Geräte würden in Kürze folgen.

Das Bezirksamt Treptow-Köpenick teilte mit, es seien noch keine Geräte bestellt worden. "Das Vergabeverfahren dauert an. Die Zuschlags- und Bindefrist musste wegen unzulänglicher Angebote verlängert werden. Der Bezirk Lichtenberg hat nach Angaben des Bezirksamts 77 Geräte bestellt, die in mehreren Lieferungen bis Mitte Februar eintreffen sollen.

Im Bezirk Pankow sind bereits an 18 von 68 Schulen die vom Bezirksamt beschafften Luftfiltergeräte geliefert worden. Insgesamt hat der Bezirk 115 Geräte bestellt. Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf hat 70 Geräte bestellt, die für Anfang Februar erwartet werden.

Für die Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf und Neukölln gab es zunächst es keine Angaben.

Experten bezweifeln Wirksamkeit von Luftfiltern

Ob die Anschaffung von Luftfiltergeräten überhaupt ratsam ist, gilt als umstritten. Eine Untersuchung ergab, dass Stoßlüften deutlich wirksamer sei. Die Forscher der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) hatten dafür in einem nicht genutzten Klassenzimmer die Wirkung auf Aerosole ermittelt. Dabei zeigte sich nach Angaben der Hochschule, dass die Stoßöffnung aller Fenster über drei Minuten bei Außentemperaturen von 7 bis 11 Grad Celsius die eingebrachte Konzentration an Aerosolen bis zu 99,8 Prozent gesenkt habe. Dagegen sei in dem Raum beim Einsatz von vier mobilen Luftfiltergeräten nach etwa 30 Minuten eine um 90 Prozent verringerte Konzentration gemessen worden.

Mehr zum Thema

Für benachteiligte Kinder

Berlin will Extra-Unterricht in den Winterferien anbieten

"Ein Filter pro Schule ist Tropfen auf heißen Stein"

Der Senat will insgesamt 1.200 Luftfilter für die rund 940 Berliner Schulen kaufen, rechnerisch macht das: 1,28 Luftfilter pro Schule. Kritik daran kommt aus den Schulen selbst. Als zu wenig bezeichnete Sebastian Schalow, stellvertretender Schulleiter der Leibniz-Schule in Berlin-Kreuzberg, am Donnerstag in der rbb-Abendschau dieses Vorhaben. Er betonte: "Wir haben von der 7. bis zur 10. Klasse jeweils vier Klassen pro Jahrgang. Also 16 Klassenräume, in denen 32 bis 33 Kinder sitzen."

Auch Torsten Zuberbier, Forschungsleiter der Klinik für Allergologie an der Berliner Charité, sagt: "Ein Filter pro Schule ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Da braucht man es fast gar nicht zu machen."

Schulen in Berlin bleiben für den Präsenzunterricht vorerst bis zum 25. Januar geschlossen. Bis dahin gibt es reinen Distanzunterricht. An Grundschulen gibt es eine Notbetreuung für Kinder, deren Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten. Ab dem 8. Februar - also nach den Winterferien - ist für alle Jahrgänge Unterricht nach "Alternativszenario" geplant. Dies entspricht der im Herbst eingeführten Schul-Ampel der Stufe Rot [berlin.de, PDF]. Ab dem 15. Februar sollen die Berliner Schulen laut Senat dann wieder je nach Ampel-Einstufung unterrichten.

Sendung: Fritz, 16.01.2021, 12 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen