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Video: Brandenburg aktuell | 30.07.2021 | K. Schirmer, C. Hölscher | Quelle: dpa/Patrick Pleul

Impfzentren in Brandenburg

Mit neuen Betreibern gegen die "Impfmüdigkeit"

Die Impfkampagne hat einen schwierigen Punkt erreicht. Viele Bürger brauchen offenbar einen Anstoß, sich gegen Corona immunisieren zu lassen. Diese Aufgabe fällt in Brandenburg nun vielerorts den Kommunen zu. Von Christoph Hölscher

Brandenburgs Landkreise und Kommunen übernehmen künftig neun der landesweit elf Impfzentren, die bislang von der Kassenärztlichen Vereinigung betrieben wurden.

Der Trägerwechsel fällt in eine Phase, in der die Impfkampagne dringend neuen Schwung braucht. Auch für das größte Impfzentrum des Landes in der Potsdamer Metropolishalle ist damit künftig die Stadt verantwortlich.

Verbunden damit ist ein erheblicher organisatorischer Aufwand, der die Kommunalpolitiker zunächst abschreckte. Doch letztlich haben sich neben der Landeshauptstadt auch die Landkreise Dahme-Spreewald, Teltow-Fläming, Ostprignitz-Ruppin, Uckermark und Barnim sowie die kreisfreien Städte Cottbus, Frankfurt (Oder) und Brandenburg an der Havel dazu durchgerungen, "ihre" Impfzentren in Eigenregie weiter zu betreiben. In einer schwierigen Phase der Impfkampagne wollen sie es ihren Bürgern möglichst leicht machen, sich die schützende Impfung abzuholen.

Nicht alle Zentren werden von Kommunen übernommen

Allerdings: Die Impfzentren in Elsterwerda (Kreis Elbe-Elster) und Oranienburg (Oberhavel) werden geschlossen. Hier fürchten die Landräte den großen Aufwand und mögliche Kosten – zumal immer mehr Impftermine ungenutzt bleiben. Das Impfen in ihren Kreisen wollen sie künftig den Hausärzten überlassen. Die schon vorher von den Landkreisen betriebenen Impfzentren in Perleberg (Prignitz), Falkensee und Rathenow (Havelland) sind von der Veränderung nicht betroffen.

Ostprignitz-Ruppin

Landrat warnt vor Scheitern der Übernahme von Impfzentren

Ende Juli sollen die vom Land Brandenburg organisierten Impfzentren geschlossen werden. Landkreise und Kommunen können diese aber in Eigenregie weiterbetreiben. Der Landrat von Ostprignitz-Ruppin sieht aber noch zu viele Hürden.

Impfzentren müssen zur Impfung auch motivieren

Für die Impflinge in den weiter bestehenden Impfzentren soll sich mit dem Trägerwechsel nichts ändern: Die Terminvergabe, der Ablauf der Impfung, natürlich die Impfstoffe und meist auch das Personal bleiben gleich.

Auch die bisherigen Kapazitäten sollen in der Regel erhalten bleiben. Allerdings fahren viele Impfzentren schon jetzt nur noch mit verminderter Kraft – die Nachfrage ist in den vergangenen Wochen stark zurückgegangen, viele Termine bleiben ungenutzt. In den Impfzentren ist – anders als in Berlin – vorerst weiterhin ein Termin nötig.

Den politisch Verantwortlichen ist klar, dass es nicht mehr ausreicht, im Impfzentrum auf die Impfwilligen zu warten. So erklärte Gesundheitsstaatssekretär Michael Ranft, dass die Zentren zwar auch weiterhin wichtig seien, um "in kurzer Zeit sehr viele Menschen gegen Corona impfen zu können". Gleichzeitig müsse man in einer "Phase der Impfmüdigkeit" die Impfungen aber auch "zu den Menschen bringen".

In den Städten Potsdam oder Brandenburg an der Havel gab es schon spontane Impfaktionen an öffentlichen Orten – etwa an der Uni oder im Stadtzentrum. Dort wurde ohne Anmeldung und ohne Termin geimpft. Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) kündigte an, hier nachzulegen und etwa mobile Impfteams in die Stadtteile zu schicken, um niedrigschwellige Angebote zu machen.

Sommerferien

Brandenburger Arztpraxen melden weniger Impfungen

Erst mangelte es an Impfstoff, nun fehlen die Impfwilligen: Die Impfkampagne wird in den Sommerferien spürbar ausgebremst. In den Brandenburger Arztpraxen werden Termine nicht wahrgenommen, Impfzentren schließen wegen fehlender Auslastung.

Kassenärztliche Vereinigung sieht kaum Wert in Impfaktionen

Für die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB) haben öffentlichkeitswirksame Aktionen wie an der Uni Potsdam mit höchstens ein paar hundert Impfungen allenfalls symbolischen Charakter.

Auf die notwendigen Zahlen werde man dagegen nur mit Hilfe der niedergelassenen Ärzte kommen: Sie verabreichen in Brandenburg schon jetzt in einigen Wochen doppelt so viele Impfdosen wie die Impfzentren. Auch deshalb habe sich die KVBB jetzt aus der aufwändigen Organisation der Zentren zurückgezogen. Ihre "volle Unterstützung" gelte künftig "den vielen impfenden Praxen im Land", so Vorstandsmitglied Holger Rostek.

Allerdings ist auch in den Praxen die Zahl der Impfungen rückläufig – Termine und Vakzine bleiben ungenutzt. Auch deshalb war von der "knappen Ressource Arzt" in letzter Zeit nicht mehr die Rede: Mit dem Argument, dass sich die Ärzte durch den Dienst im Impfzentrum nicht mehr ausreichend um ihre Praxis kümmern könnten, hatte die KVBB zwischenzeitlich sogar für die Schließung der Impfzentren ausgesprochen. Weil aber nun insgesamt weniger geimpft wird, gibt es dieses Problem so nicht mehr.

Kreatives Impfen beginnt am Freitag

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Ein Piks beim Einkauf auf dem Neuköllner Hermannplatz oder vorm Shoppen bei Ikea: Ab Freitag macht Berlin neue Impfangebote - ganz ohne Termin. Brandenburg impft Studierende direkt auf dem Uni-Campus. Ein Überblick.

Rezepte gegen "Impfmüdigkeit"

Im Bundesvergleich liegt Brandenburg beim Impfen auf dem vorletzten Platz, was die Zahl der verabreichten Dosen pro 100 Einwohnern angeht. Gerade mal 48 Prozent sind Stand Donnerstag, 29.7., hier vollständig geimpft – im Bundesdurchschnitt sind es 51, in Berlin immerhin 50 Prozent.

Möglicherweise tragen die steigenden Inzidenzen nun dazu bei, dass sich auch in Brandenburg die Impfbereitschaft wieder erhöht. Außerdem soll jetzt eine geplante Werbekampagne der Landesregierung dabei helfen, den immer wieder angekündigten "Impfturbo" endlich zu zünden. Oft sei es gar nicht grundlegende Ablehnung, die Menschen von einer Corona-Impfung abhalte, sondern Bequemlichkeit oder Gedankenlosigkeit, so die Vermutung.

Hilfreich wären hier wohl in jedem Falle möglichst vielfältige und niedrigschwellige Impfangebote: Ob im Impfzentrum, beim Hausarzt, an der Uni, am Arbeitsplatz oder im Einkaufszentrum.

Sendung: Inforadio, 30.07.2021, 7.40 Uhr

Beitrag von Christoph Hölscher

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