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Audio: rbb24 Inforadio | 08.09.2022 | Lars Becker | Quelle: imago images/M. Taeger

1. FC Union startet in Europa League

"Gänsehaut, weinende Unioner und am Ende ein Sieg"

Die Vorfreude bei Union auf die Premiere in der Europa League gegen St. Gilloise aus Belgien ist riesengroß. Die Eisernen stehen vor ihrem ersten internationalen Pflichtspiel im eigenen Stadion. Trainer Urs Fischer nennt ein sportliches Ziel. Von Lars Becker

Die Stimmung vor der Europa-League-Premiere …

… ist emotional. Es wird ein historischer Tag für den 1. FC Union. Zum ersten Mal darf der Klub ein internationales Pflichtspiel an der Alten Försterei austragen. Ein seit Jahrzehnten herbeigesehntes Ereignis, das nicht nur Dirk Zingler nachhaltig berührt. "Seit 1920 spielen wir hier Fußball. Wir sind durch verschiedenste Zeiten, durchverschiedenste Staaten, durch eine geteilte Stadt, durch unterschiedliche Systeme gegangen, hatten in den 1990er Jahren Schwierigkeiten, hatten Anfang der 2000er noch Schwierigkeiten. Und wir spielen heute international in der Europa League, in einem eigenen Stadion, was uns gehört. Das bedeutet den Menschen hier enorm viel", beschreibt Unions Präsident die enorme Bedeutung dieses Abends.

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Möglich gemacht hat das ein "Kulturwandel" bei der Europäischen Fußball-Union (Uefa). In einem Pilotprojekt lässt sie erstmals Stehplätze zu. Zingler und Union haben ihren Anteil daran, haben seit der Qualifikation für die Conference League im vergangenen Jahr gemeinsam mit anderen Initiativen, mit Vereinen wie Borussia Dortmund bei der Uefa "gebohrt". "Wir haben das überall, wo wir es konnten, thematisiert", sagt Zingler, "wir haben versucht, ins Bewusstsein der Uefa zu bringen, dass das Stehen möglich sein darf. Am Ende ist es eine Gemeinschaftsleistung der deutschen Vereine".

Für viele Unioner werde dieser Tag einen emotionalen Höhepunkt darstellen, vermutet der Präsident, vergleichbar mit dem ersten Bundesliga-Spiel der Eisernen, als die Fans Bilder von Verstorbenen ins Stadion mitgebracht hatten. Und jetzt "an der Alten Försterei Europa zu erleben, das wird die Menschen berühren - und mich berührt es auch".

Der Gegner

Wer kennt eigentlich Royale Union St. Gilloise, den belgischen Klub aus den zur Region Brüssel-Hauptstadt gehörenden Gemeinden Saint-Gilles/Sint-Gillis und Forest/Vorst, der sich erstmals für einen europäischen Wettbewerb qualifiziert hat?

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Urs Fischer hat sich selbstredend eingehend mit dem ersten Gruppen-Gegner in der Europa League beschäftigt - und dabei festgestellt, dass die Spielweise beider Klubs verblüffend ähnlich ist. "Das gleiche System, eigentlich auch gleiche Prinzipien", konstatiert der Union-Coach, "wirklich sehr kompakt, sehr solidarisch, gut in der Arbeit gegen den Ball und dann auch über Umschaltsituationen immer wieder mal einen langen Ball auf die Abwehrkette". Zwei Teams also, die eher über Konter als über Ballbesitz und Dominanz zum Erfolg kommen wollen.

Nach der regulären Saison wäre St. Gilloise Meister gewesen, aber da in Belgien anschließend eine Play Off-Runde gespielt wird, wurde das Team noch vom FC Brügge abgefangen. Den Gegner werde sein Team keinesfalls unterschätzen, betont Union-Kapitän Christopher Trimmel. "Das ist eine gute Mannschaft, sie sind sehr mutig, haben auch dynamische Spieler nach vorne. Das wird eine Riesen-Herausforderung, auch wenn viele glauben, wir spielen zuhause und man muss gewinnen. Ich sehe das nicht so".

Von "Vorfreude pur" spricht Trimmel vor der Premiere mit Union in der Europa League. Und Trainer Fischer hat sich vorgenommen, das Spiel - neben der sportlichen Herausforderung - wenigstens auch ein wenig zu genießen. Und beide wollen den neuen Wettbewerb genauso angehen wie im vergangenen Jahr die Conference League: Spiel für Spiel!

Personal

So könnte Union spielen

Klar ist: Urs Fischer wird rotieren. Offen lässt der Trainer aber, in welchem Umfang er die Mannschaft umkrempeln wird. Das Zauberwort für die kommenden englischen Wochen mit Einsätzen in Bundesliga, Europa League und DFB-Pokal lautet: Belastungssteuerung.

Die vergangene Saison zugrunde gelegt, wird Fischer nur einige Positionen der Startelf neu besetzen. Möglich, dass Sven Michel und Genki Haraguchi eine Chance von Beginn an bekommen. Auch einen Torwart-Wechsel für die Europa League von Stammkeeper Frederik Rönnow zu Ersatzkeeper Lennart Grill schließt Fischer nicht gänzlich aus. Wahrscheinlich ist es aber nicht. Eine Personalie dürfte in Abwandlung des Spruchs von Ex-Bayern Coach Louis van Gaal in Stein gemeißelt sein: (Abwehrchef) Robin Knoche spielt immer!

Verzichten muss Fischer wie schon gegen die Bayern auf zwei Neuzugänge, die ihren Wert für die Mannschaft längst nachdrücklich unterstrichen haben. Innenverteidiger Diogo Leite laboriert weiter an einer Brustmuskelprellung und auch Torjäger Jordan hat seine muskulären Probleme noch nicht auskuriert. Dafür kehrt Jannik Haberer nach der Geburt seines Kindes in den Kader und vermutlich auch in die Startelf zurück.

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Die Prognose

Eine Einschätzung der Klasse von St. Gilloise und damit eine seriöse Prognose ist nur schwer möglich. Bei der Auslosung der Gruppen lag St. Gilloise in Topf vier der vermeintlich schwächsten Teams. Union wurde nach den beiden anderen Gruppengegnern - SC Braga/Portugal und Malmö FF/Schweden - aus Lostopf drei gezogen. Wenn sich Union eine realistische Chance auf den Gruppensieg und damit den direkten Einzug ins Achtelfinale der Europa League erhalten will, dann ist zum Auftakt ein Sieg gegen St. Gilloise fast schon zwingend erforderlich.

Da aber nur der Gruppen-Letzte ausscheidet, der Zweite und Dritte im Februar in den Zwischenrunden von Europa League beziehungsweise Conference League weiterspielen dürfen, ist das von Coach Urs Fischer formulierte sportliche Ziel für Union durchaus erreichbar: "Wir werden versuchen, europäisch zu überwintern".

Quelle: imago images/Matthias Koch

Bleibt die Frage, wie sich der historische Abend an der Alten Försterei auf die Mannschaft auswirken wird. "Speziell die Stimmung wird besonders werden", prophezeit Käpitän Christopher Trimmel. "Man wird es auch jedem einzelnen Fan ansehen, dass endlich der Tag gekommen ist, an dem wir im eigenen Stadion spielen. Es wird emotional werden, aber wir werden uns auf unsere Leistung konzentrieren". Und Präsident Dirk Zingler wünscht sich für das erste internationale Pflichtspiel des 1. FC Union an der Alten Försterei: "Gänsehaut, Flutlichtspiel, weinende Unioner und am Ende natürlich auch ein Sieg."

Sendung: rbb24, 07.09.2022, 21.45 Uhr

Beitrag von Lars Becker

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