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Audio: Antenne Brandenburg | 21.02.20 | Martin Schneider | Quelle: dpa/Rainer Weisflog

Porträt | Gerhard Gundermann

Der "singende Baggerfahrer" wäre heute 65 Jahre alt

Am 21. Februar wäre Gerhard Gundermann 65 Jahre alt geworden. Der "singende Baggerfahrer" vereinte Widersprüche - war Komponist und Poet, aber in erster Linie Arbeiter. Ein spätes Denkmal erhielt er mit dem Spielfilm von Andreas Dresen. Von Martin Schneider

Am 21. Februar wäre Gerhard Gundermann, "der singende Baggerfahrer", 65 Jahre alt geworden. Zu Lebzeiten war er vieles: Clown, Vordenker, Idealist, Musiker - in seinen Texten ein Poet. Das Publikum konnte das zu DDR-Zeiten vor allem bei seinen Konzerten erleben. Gundermann ging es dabei nie um die bloße Unterhaltung. "Es geht um Zuwachs an Fantasie, Weitsicht, Mut, Zärtlichkeit, Agressivität, Streitlust, Vertrauen, Konfliktfähigkeit, Ausdauer", zählte der Musiker auf.

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Tagsüber Baggerfahrer - abends Musiker

Musik war für Gerhard Gundermann immer ein Zweitjob, in dem er frei bleiben wollte. Sein Geld wollte er mit einem anderen Beruf verdienen. Tagsüber war er Baggerfahrer im Tagebau, abends Musiker - und oft direkt im Anschluss wieder Baggerfahrer. Er war kein Rockstar, sondern in erster Linie Arbeiter.

"Also ich habe eine Weile auf dem Schrottplatz gearbeitet, wo die Bagger verschrottet werden und da ist einem schon zum Heulen", sagte Gundermann einmal. "Ich hab das mal ausgerechnet: Ich habe mit meinem Bagger mehr Zeit verbracht, als mit meiner Frau. Und wenn da keine Liebe entsteht, dann weiß ich auch nicht."

Person voller Widersprüche

Durch die verschiedenen Perspektiven wusste Gundermann, wovon er sang. "Das ist wie Stereo gucken, wenn man von zwei verschiedenen Standpunkten auf dieselbe Sache guckt: einmal von ziemlich weit unten, 60 Meter unter dem Gras, und einmal von ziemlich weit oben, aus dem Wolkenkuckucksheim."

Der Liedermacher vereinte Widersprüche. Er spitzelte selbst für die Staatssicherheit. Irgendwann beendete diese die Arbeit mit ihm - und Gundermann wurde selbst überwacht. Auch beim Thema Tagebau hatte er gegensätzliche Gefühle. Einerseits hat er sich für Umweltschutz engagiert und mit Bäumen und Tieren geredet. Andererseits liebte er seine Grube "Brigitta", widmete ihr auch einen Song.

Späte Popularität

Gundermann schrieb nicht nur Texte für sich, sondern auch für die Band Silly. Nach der Wende veröffentlichte er einige Platten, gab Konzerte. Sein letztes spielt er eine Woche vor seinem plötzlichen Tod 1998.

20 Jahre später wird dem "singenden Baggerfahrer" ein spätes Denkmal gesetzt: der Spielfilm von Andreas Dresen. Durch ihn wird der Baggerfahrer einem breiteren Publikum bekannt.

Heute touren mehrere Gruppen mit Gundermanns Liedern. Für ein Projekt sind sie in rund ein Dutzend Sprachen übersetzt worden und werden nun in halb Europa von internationalen Musikern gesungen. Für eine originale Gundermann-Platte müssen Fans inzwischen tief in die Tasche greifen. Der "singende Baggerfahrer" ist populärer denn je.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es, Gerhard Gundermann sei 1988 gestorben. Das ist falsch, er starb 1998. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

Beitrag von Martin Schneider

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