Braunkohle-Ausstieg - Brandenburg fordert zügige Entscheidung über Leag-Entschädigung

Di 12.12.23 | 20:45 Uhr
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Archivbild: Braunkohle-Tagebau Welzow-Süd der Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG). (Quelle: dpa/Neetz)
Audio: Antenne Brandenburg | 12.12.2023 | Grünen-Fraktionsvorsitzender Benjamin Raschke | Bild: dpa/Neetz

Der Bund darf RWE für den Kohleausstieg milliardenschwer entschädigen - das hat die EU-Kommission bestätigt. In der Brandenburger Politik löst das Besorgnis aus. Denn eine entsprechende Entscheidung für den Lausitz-Konzern Leag steht noch aus.

  • EU-Kommision gibt grünes Licht für RWE-Entschädigung
  • Auch Leag wurde Entschädigung in Aussicht gestellt
  • CDU befürchtet Nachteile für Leag
  • Grüne zeigen Verständnis für die abwartende EU-Haltung

Nach der genehmigten Milliarden-Entschädigung für den rheinischen Betreiber RWE wegen des Kohleausstiegs wächst in der Brandenburger Politik die Sorge vor Nachteilen für den Kraftwerksbetreiber Leag in der Lausitz. "Es erfüllt uns mit Sorge, dass die Verfahren von RWE und Leag von der EU-Kommission getrennt behandelt werden - vielleicht sogar mit unterschiedlichem Ergebnis", sagte CDU-Fraktionschef Jan Redmann am Dienstag.

Die Landesregierung müsse Druck machen, forderte er. "Brandenburg darf nicht schlechter behandelt werden als RWE in Nordrhein-Westfalen."

Leag winken 1,75 Milliarden Euro

Der Bund darf RWE für den Kohleausstieg bis 2030 eine Beihilfe in Höhe von 2,6 Milliarden Euro für die vorzeitige Stilllegung der Kraftwerke zahlen. Das verstoße nicht gegen EU-Vorschriften, hatte die EU-Kommission am Montag mitgeteilt. Über eine Entschädigung in Höhe von 1,75 Milliarden Euro für die Leag, die bis 2038 aus der Kohleverstromung aussteigen will, hat die EU noch nicht entschieden.

Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte dem rbb am Montag, es gebe weiterhin Verhandlungen mit den deutschen Behörden und man arbeite konstruktiv zusammen. Das gelte auch für den Austausch mit der Leag. Wann eine Entscheidung fallen könnte, ließ sie offen.

Der Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sagte in Potsdam, er begrüße die Entscheidung für den Energiekonzern RWE. Aber es sei nun dringend notwendig, dass auch das Verfahren für die Leag zügig zu Ende geführt werde. "Da muss Klarheit in die Sache kommen. Die Leag braucht an der Stelle auch Sicherheit."

Leag-Betriebsratschef Toralf Smith sprach am Dienstagabend in rbb24 Brandenburg aktuell von einem "Fiasko". Das Geld werde dringend gebraucht, um Planungssicherheit herzustellen: "Dieses Geld ist ja in erster Linie für die sozialverträgliche Umsetzung des Kohleausstiegs, also für die Mitarbeiter. Wirs sprechen hier von über 7.000 Beschäftigten. Wir würden gerne mit den Mirtarbeitern verbindliche Pläne ausarbeiten, und das können wir solange nicht machen, wie wir die Mittel dafür nicht haben", so Smith.

Grüne nehmen EU-Kommission in Schutz

Der Brandenburger SPD-Fraktionschef Daniel Keller griff derweil Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) scharf an. "Man bekommt den Eindruck, weil auf Landesebene für RWE ein schneller Ausstieg entschieden worden ist (...), dass hier eine gewisse Bevorzugung da ist - das sehe ich kritisch", sagte Keller. "Daher erwarten wir jetzt zügig Klarstellungen vom Bundesminister Habeck."

Die in Brandenburg mitregierenden Grünen nahmen die EU-Kommission in Schutz. Wegen des späteren Ausstiegs der Leag sei dies nicht mit RWE vergleichbar, betonte Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke. Wegen des teuren CO2-Handels sei der Betrieb der Kraftwerke im Jahr 2038 nicht mehr wirtschaftlich, sagte er. "So stellt sich für die EU-Kommission zu Recht die Frage, wofür Entschädigungen gezahlt werden sollen, wenn gar keine Gewinne mehr anfallen." Daher müsse über einen früheren Kohleausstieg auch in der Lausitz verhandelt werden, so Raschke.

Linke: "Vollkatastrophe für den Osten"

Linke-Fraktionschef Sebastian Walter sieht in der Hängepartie um die Leag nach eigener Aussage einen Beleg dafür, dass ostdeutsche Interessen im politischen Berlin nicht gesehen würden. Sollten die Mittel wegfallen, wäre das eine "Vollkatastrophe für den Osten", sagte er. Man müsse alles unternehmen, um einen Strukturbruch zu verhindern.

Der Freie-Wähler-Abgeordnete Matthias Stefke erwartet nach eigenen Angaben, dass "die Landesregierung dafür volles Rohr in Richtung Brüssel eintritt". Dafür müsse man auch den "obersten Feuerwehrmann", Ministerpräsident Dietmar Woidke(SPD), in die Spur schicken.

AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt betonte, ein möglicher Wegfall der Mittel sei schlimm. "Aber ohne eine völlig verfehlte Politik wären wir in diese schlimme Lage nicht gekommen", betonte er.

Sendung: Antenne Brandenburg, 12.12.2023, 15:00 Uhr

23 Kommentare

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  1. 22.

    Wi sind Sie die letzten Jahre gewesen? Weltweit sind die Staaten in der Mehrheit, die etwas gegen den anthropogenen Klimawandel unternehmen.

  2. 21.

    Wenn selbst gute Nachrichten nicht ausreichen, damit man mal die letzten Plätze, seit 34 Jahren verlässt (die Mauer war nur 28 Jahre dicht), dann stimmt etwas nicht. Mit dem eingesetzten Geld. Das uns andere gegeben haben und weiter laut gefordert wird („Wir haben bereits...jetzt ist mal der Bund dran). Wann ist denn aus Ihrer Sicht der Zeitpunkt für die Rückzahlungen gekommen? Bayern hat was draus gemacht. Mit Könnern statt „könnte-Vorreitern“!

  3. 20.

    Nun übertreiben Die mal nicht. Niemand raubt irgendwem in der Zukunft für Lebensgrundlage.

    Klimaschutz geht nur weltweit. Wenn alle Staaten gleichzeitig und mit den gleichen Mitteln anfangen. Du es in nsellosung Deutschlands bringt nichts.

  4. 19.

    Was soll jetzt schlimm sein mit dem vorhandenen Leitungsnetz bzw. Freien Kapazitäten dessen in zentraler Lage in Europa einen auf Stromzähler zu machen?

    Ist doch mal ein Beispiel für einen funktionierenden Markt.

    Wenn man sich aber mit der Strompreisfindung in Frankreich beschäftigt, sieht man 1. Dass das keine Marktpreise sondern auf Steuerzahlerkosten (da Areva sonst pleite) festgelegte Preise sind und 2. Französische Meiler schlicht politisch am laufen gehalten werden, ob sicher oder unsicher.

  5. 18.

    Behauptet denn irgendwer, dass wir schon genug Erneuebare gebaut haben um unseren Energiebedarf zu decken? Viel eher wird doch überall nach schnellerem Ausbau verlangt. Mir ist unklar warum man dann immer wieder erwähnt, dass die Kohlekraftwerke zur Zeit noch laufen.

  6. 17.

    Ändert ja nichts daran das trotzdem mehr als 50% konventionell erzeugt werden muss. Habe gerade mal bei Smard geschaut, wir kaufen ja gerade massig Atomstrom aus Frankreich weil er schön billig ist. Im Gegenzug exportieren wir Strom in andere Länder wo der Preis höher ist. Na ja, was solls, ist halt gutes Wirtschaften.

  7. 15.

    "aktuell (10:30 Uhr) circa 25% Erneuerbare" Äh, nein! 28 MW Erzeugung aus Erneuerbaren steht eine Last von 68 MW gegenüber, macht 41% EE. Q: Energy-Charts, die direkten Zugriff auf die Daten haben und nicht mit Schätzungen arbeiten.

  8. 14.

    Sie sollten sich bzgl. vielen Standortscheidungen besser informieren, auch wenn die Ihnen persönlich nicht gefallen und man Ihnen eh nicht recht machen kann. Gerade in Bezug auf die LEAG gab es die Tage einen interessanten Bericht bei Radio Eins des RBB:
    https://www.radioeins.de/programm/sendungen/modo1619/_/leag-brandenburg-trinkwasser-grundwasser-correctiv.html
    Dazu herrscht aber eine verdächtige Stille seitens derjenigen, die gerne andere Standorte fordern.

  9. 13.

    Geh doch mal gucken, das füllen geht stramm voran. Die Wetterlage hilft.

  10. 12.

    "Und dafür raubt man den Kumpel die Existenzgrundlage "
    und mit deren Tun die Existenzgrundlage folgender Generationen.
    Immer wieder die gleiche Leier mit den Arbeitsplätzen. 2030 ist die Hälfte in Rente und es fehlen hunderttausende Fachkräfte. Haben Kohlearbeiter eine Eule auf dem Rücken?

  11. 11.

    Sie erkennen an, dass ausgerechnet in den Ausstiegstechnologien Geld verdient wird, in den dafür notwendigen Ersatztechnologien, mit steigendem EE-Anteil und anderen (Zukunfts)Ansiedlungen aber nicht? Dann ist der Prozess (!), und es ist ein Prozess (Prozess=Zeit) von den Falschen falsch gestaltet. So kann es nichts werden. Sogar das Einfache dabei, den richtigen Standort für Fabriken oder Flughäfen zu finden, ist kläglich so gescheitert, dass die Steuerzahler büßen müssen. Bitter, sehr bitter.

  12. 10.

    Die Politik hat die bilateralen Verträgen ausgehandelt und unterschrieben und so den staatlich gewollten Ausstieg erkauft.
    Damals haben alle gejubelt...
    Im Übrigen: aktuell (10:30 Uhr) circa 25% Erneuerbare, den Rest besichern die Fossilen.

  13. 9.

    Gibt's denn schon eine Lösung zur finanziellen Absicherung der Kumpel, die dadurch ihren Job verlieren?

    In dieser Region gibt's ja nicht viel anderes und neue Firmen siedeln sich da bestimmt auch nicht an

    Hier schließt man diese Unternehmen und aus wenigen Kilometern kommt dreckige Luft aus polnischen Braunkohlekraftwerken zu uns.

    Und dafür raubt man den Kumpel die Existenzgrundlage

  14. 6.

    Mit dem Geld könnte die LEAG ein bisschen Wasser importieren, damit der Ostsee wenigstens mal einen Tag wie ein See aussieht.

  15. 5.

    War beim Atommüll genau das gleiche…

    Ist genauso Toll wie Investitionsschutz ausländischer Unternehmen im Inland¹, und fast so toll wie Investitionsschutz Deutscher Unternehmen im Ausland²

    ¹) Hier kann ein Unternehmen (machen sie auch) Deutschland vor einem geheimen Schiedsgerichten im Ausland auf entgangenen Gewinn verklagen.
    ²) Hier sichert Deutschland Deutsche Unternehmen die im Ausland Investieren vor möglchen Verlusten ab.

    Und natürlich beziehen wir auch weiterhin Primärenergie aus Russland, nur eben jetzt mit Aufpreis über Katar als Zwischenhändler…

    Kann man schonmal machen, schließlich besitzen die oberen 10% in Deutschland lediglich 11327 Milliarden €, und es steigt lediglich um 11031€ pro Sekunde - bitte haben sie Verständnis dafür, das das nicht ausreicht, da geht noch was!

  16. 4.

    Brandenburg ist besorgt. Wiedereinmal. Zu gerne möchte man Geld anderer weiterreichen...
    Mir würde es reichen, wenn man besorgt ist, dass die Standortfehlentscheidungen kein Geld abwerfen, dass die Einnahmen verbessert. Eher ist Verschwendung angesagt... sagen die richtigen (!) Kennzahlen aus. Schon über 30 Jahre lang.

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