Literatur und Theater in Frankfurt (Oder) - Kleist-Festtage gehen in diesem Jahr der "Wahrheit" auf den Grund

Do 06.10.22 | 16:42 Uhr
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Blick in die Sonderausstellung «Kleist romantisch» mit einem Triptychon (dreiteiliges Gemälde) «Das Käthchen von Heilbronn» von Wilhelm Nerenz, 1836 (Stiftung Sammlung Volmer, Wuppertal). (Foto: Patrick Pleul/dpa)
Audio: Antenne Brandenburg | 06.10.2022 | Sarah Schiwy | Bild: Patrick Pleul/dpa

Unter dem Motto "Die Wahrheit ist ..." gibt es in den kommenden elf Tagen Lesungen, Theater oder Performances in Frankfurt (Oder). Nicht zu kurz kommt bei den Kleist-Festtagen auch der namensgebende Dramatiker, zu dem eine neue Ausstellung eröffnet.

Theater- und Literatur-Fans können in den kommenden elf Tagen im Frankfurter Kleist-Forum auf ihre Kosten kommen: Bei den "Kleist-Festtagen" [kleistfesttage.de] geht es unter dem Motto "Die Wahrheit ist ..." um Themen wie die Suche nach Orientierung, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit. "Ob spielerisch, witzig, traurig, innovativ, traditionell, verstörend, virtuos oder ganz leise - für wirklich alle ist etwas dabei", verspricht Florian Vogel, Künstlerischer Leiter des Kleist-Forums.

Ein kleines Schokoladenherz mit einer Botschaft hängt in die Sonderausstellung «Kleist romantisch» im Kleist Museum. War Heinrich von Kleist ein Romantiker? (Foto: Patrick Pleul/dpa)
Ein kleines Schokoladenherz mit einer Botschaft hängt in die Sonderausstellung «Kleist romantisch» im Kleist Museum. War Heinrich von Kleist ein Romantiker? (Foto: Patrick Pleul/dpa) | Bild: Patrick Pleul/dpa

Insgesamt gibt es rund 20 verschiedene Events, darunter einen Poetry Slam, ein Maskentheater und eine neue Kleist-Ausstellung. In einer Mischung aus "Performance, Installation und Hörspiel" könne man sich beispielweise in die Situation eines Klima-Flüchtlings versetzen, "das ist etwas, wo wir ganz experimentell herangehen", sagte Vogel. "Wir gehen auch ran, die großen Dramenfiguren von Heinrich von Kleist aufeinandertreffen zu lassen." Dies passiere auf der Bühne des Kleist-Forums. Die Schauspieler Sandra Hüller und Jens Harzer treffen in einer szenischen Lesung als Käthchen und Graf Wetter vom Strahl aufeinander. Schauspieler Thomas Thieme leiht dem Dorfrichter Adam und dem Feldherrn Robert Guiskard an gleicher Stelle seine Stimme.

Amir Gudarzi

Gudarzi wurde 1986 in Teheran, Iran geboren. Er studierte an der damals einzigen Theaterschule des Landes. Danach befasste er ich mit szenischem Schreiben.

Seine Stücke wurden zensiert, konnten nur privat aufgeführt werden. Zudem schrieb er auch für TV-Serien und Spielfilme. 2009 ging er unfreiwillig ins Exil nach Wien, studierte in Österreich dann Theater-, Film- und Medienwissenschaften.

In Wien entwickelte er sich zum vielfach ausgezeichneten Dramatiker (exil-DramatikerInnenpreis, Einladung zum Stückemarkt des Berliner Theatertreffens, Nominierung für den Retzhofer Dramapreis), arbeitet dort als Autor und Dolmetscher.

Kleistförderpreis gehet an Amir Gudarzi

Höhepunkt der Festtage ist die Verleihung des Kleist-Förderpreises für Junge Dramatikerinnen und Dramatiker. In diesem Jahr geht er an Amir Gudarzi für sein Stück "Wonderwomb".

Hierin erzählt der Autor eine geschichte rund um das Öl: als Sinnbild für die Transformation der Welt, das den Motor des Kapitalismus am Laufen hält und für das die Menschen alles aufs Spiel setzen. Insgesamt zeichne sich das Stück durch eine "große sprachliche Genauigkeit, einer Vielfalt an Klängen und einer komplexen Formenfülle" aus, heißt es von der Jury. Der Autor präsentiere "ein Panorama über die Welt" und formuliere "die Einladung zur Auseinandersetzung". "Wir fanden den Stoff atemberaubend", lobte Kleist Forum-Chef Vogel, sehr zeitgemäß sei Gudarzis Reflexion.

Am Donnerstagabend wird der Preis übergeben. Im Anschluss findet die Frankfurter Erstaufführung statt. Produziert wurde es vom Hessischen Landestheater Marburg (HLTM) in Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Kleist-Forum. Regie führte Eva Lange, eine der beiden Intendantinnen des HLTM.

Sonderausstellung "Kleist romantisch"

Im Kleist-Museum eröffnet zudem am 8. Oktober eine neue Sonderausstellung zum Namensgeber Heinrich von Kleist. Darin geht es um die Frage, ob der in Frankfurt (Oder) geborene Dramatiker auch ein Romantiker war.

Auch wenn er fachwissenschaftlich keiner bestimmten Epoche eindeutig zuzuordnen ist, zeigt die Ausstellung Parallelen sowie Unterschiede zu romantischen Zeitgenossen wie Joseph von Eichendorff oder E.T.A. Hoffmann. Besucher können sich mithilfe von verschiedenen interaktiven Stationen, Texten, Bildern und Installationen selbst ein Bild machen, wie romantisch Kleists Werke sind. Die Sonderausstellung ist bis zum 15.Januar 2023 zu sehen.

Jedes Jahr im Oktober ehren die Kleist-Festtage den in Frankfurt (Oder) geborenen Dichter Heinrich von Kleist (1777-1811) - und das seit 1992. Bekannt ist Kleist vor allem für das "historische Ritterschauspiel" "Das Käthchen von Heilbronn", seine Lustspiele "Der zerbrochne Krug" und "Amphitryon", das Trauerspiel "Penthesilea" sowie für seine Novellen "Michael Kohlhaas" und "Die Marquise von O...".

Anke Pätsch, Direktorin des Kleist-Museums, steht in der Sonderausstellung «Kleist romantisch» neben einem Triptychon (dreiteiliges Gemälde) «Das Käthchen von Heilbronn» von Wilhelm Nerenz, 1836 (Stiftung Sammlung Volmer, Wuppertal). (Foto: Patrick Pleul/dpa)Anke Pätsch, Direktorin des Kleist-Museums, steht in der Sonderausstellung "Kleist romantisch" neben einem Triptychon (dreiteiliges Gemälde) "Das Käthchen von Heilbronn" von Wilhelm Nerenz, 1836 (Stiftung Sammlung Volmer, Wuppertal). (Foto: Patrick Pleuk/dpa)

Sendung: Antenne Brandenburg, 06.10.2022, 14:10 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Welten, regelrecht Universen liegen zwischen einer persönlichen Wahrhaftigkeit und dem allgemeingültigen Anspruch bezüglich DER Wahrheit. Vor den Erstgenannten ziehe ich immer den Hut, vor den Zweiten hat´s mir immer schon gegraut, je vehementer sie auftraten.

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