Züge an der deutsch-polnischen Grenze - Bundespolizei bestreitet Rassismusvorwürfe nach Kontrollen von Geflüchteten

Do 03.03.22 | 20:58 Uhr | Von Juan F. Alvarez Moreno
Bundespolizei am Bahnhof in Frankfurt (Oder) 3.3.2022
Audio: Antenne Brandenburg | 03.03.2022 | Juan F. Álvarez Moreno | Bild: rbb/Juan F. Álvarez Moreno

Wegen des Kriegs in der Ukraine kommen viele Geflüchtete mit dem Zug über Polen nach Berlin. Auch Sonderzüge werden eingesetzt. Nach Kontrollen am Bahnhof von Frankfurt (Oder) gab es Rassismusvorwürfe, die Bundespolizei widerspricht. Von Juan F. Alvarez Moreno

In Frankfurt (Oder) werden Züge, die aus Polen kommen, von der Bundespolizei kontrolliert. Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nutzen diese Züge zunehmend in Richtung Berlin. Mehr als eine Million Menschen sind nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen bereits aus der Ukraine geflohen, nachdem am Donnerstag vergangener Woche die russische Armee in die Ukraine einmarschierte.

Am Donnerstag einigten sich die EU-Staaten darauf, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine schnell und unkompliziert aufzunehmen, wie die EU-Innenkommissarin, Ylva Johansson, mitteilte. Die meisten Geflüchtete kommen erstmal in Polen an, wo viele auch Familie und Bekannte haben. Viele reisen aber weiter nach Deutschland und anderen EU-Staaten. Erster Halt: Frankfurt (Oder).

Großer Polizeieinsatz am Bahnhof in Frankfurt (Oder)

Am Donnerstagnachmittag befanden sich dutzende Polizeiwagen am Frankfurter Bahnhof – ein außergewöhnlich großer Polizeieinsatz. Einige Züge mit Geflüchteten fahren nur bis Frankfurt, andere weiter nach Berlin. Die Bundespolizei kontrolliert alle Einreisende.

"Wir haben hier im Zusammenhang mit dem Strom aus der Ukraine geflüchteter Menschen den Zugverkehr als tragendes Verkehrsmittel erkannt und dort unsere Überprüfungen mitausgerichtet", sagte Jens Schobranski, Pressesprecher der Bundespolizei, dem rbb. "Wir wollen wissen, um wen es geht."

Bundespolizei bestreitet Rassismusvorwürfe

Denn am Mittwochabend gab es in den sozialen Medien Vorwürfe gegen das Verhalten der Polizei am Frankfurter Bahnhof. Menschen afrikanischer Herkunft seien aus den Zügen ausgewiesen worden, während Ukrainer weiterreisen durften, was rassistisch sei. Die Bundespolizei widerspricht dieser Darstellung.

"Uns geht es nicht um die Person, wo sie herkommt. Uns geht es um den Status dieser Person", sagte Jens Schobranski dem rbb. "Wir richten unsere Maßnahmen nicht nach dem Außenerscheinungsbild aus, sondern wir sichten bei den im Zug befindlichen Personen die Dokumentenlage."

"Trittbrettfahrer" seien das Ziel

Menschen mit ukrainischem Pass oder legalem Aufenthaltsstatus in der Ukraine dürfen unkompliziert weiterreisen, erklärte Schobranski weiter. Wer das aber nicht glaubhaft machen kann, der muss den Zug verlassen.

Ziel der Bundespolizei sei nach eigenen Angaben, "Trittbrettfahrer" herauszufiltern. Es gehe um "Personen, die die Situation der Vertriebenen für ihre Zwecke nutzen" und schon vor dem Krieg ihren Weg in die EU geplant hatten, so Schobranski.

Illegal eingereiste Menschen werden nach Polen zurücküberstellt, wie der Bundespolizeisprecher Schobranski sagte. Übernehmen die polnischen Behörden die Personen nicht, dann wird die deutsche Ausländerbehörde eingeschaltet.

Hilfe und Sonderzüge für Geflüchtete

Die Stadt Frankfurt (Oder) erwartet die Ankunft von vielen Geflüchteten. "Können sie nachweisen, dass sie aus der Ukraine kommen, auch wenn sie keine Ukrainer sind, dann kann ebenfalls unbürokratisch geholfen werden", sagte der Pressesprecher der Stadt, Uwe Meier. Dabei werde die Zentrale Ausländerbehörde des Landes eine wichtige Rolle spielen, um zum Beispiel Gesundheitsleistungen oder finanzielle Unterstützung zu garantieren. "Es werden mehr und mehr Menschen kommen, die auch in einer sozialen Notlage sind", so Meier.

In der Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt sind bereits viele Menschen angekommen, die über die deutsch-polnische Grenze eingereist sind. Viele sollen aus Afrika stammen, sagte der Chef der ZABH in der Stadt, Olaf Jansen, dem rbb. "Sie sind teilweise Studenten, teilweise haben sie ein Arbeitsvisum. Es ist aber bei manchen noch nicht ganz klar, aus welcher Grundlage sie in der Ukraine waren. Das wird in jedem Einzelfall geklärt."

Die Anzahl der Geflüchtete dürfte in den nächsten Tagen weitersteigen. Der erste polnische Sonderzug soll am Freitagmorgen in Frankfurt (Oder) ankommen. Schon seit Donnerstag fahren nach Angaben der Deutschen Bahn deutsche Sonderzüge zwischen dem Grenzbahnhof Frankfurt (Oder) und Berlin. Die Züge sollen sechsmal täglich fahren und jeweils rund 5.000 Reisende aufnehmen. Bislang reisen die Menschen aus der Ukraine auf dieser Route mit acht internationalen Fernzügen ein, die jeweils über Frankfurt (Oder) verkehren.

Mit Material von Bärbel Lampe

Sendung: Antenne Brandenburg, 03.03.2022, 18 Uhr

Beitrag von Juan F. Alvarez Moreno

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