"Niederschmetternd und nicht hinnehmbar" - Verbraucherschutzministerium bestätigt Missstände im Tierheim Wesendahl

Do 10.03.22 | 17:38 Uhr
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Tierheim Wesendahl bei Altlandsberg
Audio: Antenne Brandenburg | 10.03.2022 | Marie Stumpf | Bild: Marie Stumpf/rbb

Kranke und verletzte Tiere ohne Behandlung und Katzen mit Floh-Befall: Das sind einige der Vorwürfe gegen das Tierheim Wesendahl. Die Betreiber hatten die Vorwürfe zuletzt bestritten. Jetzt hat sich das Land eingeschaltet und erwägt eine Schließung.

Das Brandenburger Verbraucherschutzministerium setzt sich nach eigenen Angaben jetzt für eine Beseitigung von Missständen im Tierheim Wesendahl (Märkisch-oderland) ein. Der Landestierschutzverband Brandenburg und der Tierschutzverein Berlin hatten dem Tierheim vorgeworfen, verletzte Tiere nicht zu behandeln. Außerdem seien Katzen von Ungeziefer befallen.

Schlechte Haltung und unzureichende Versorgung

Mitarbeiter des Landesamtes seien bereits zweimal vor Ort gewesen, so das Ministerium. Auch der Landestierschutzbeauftragte Stefan Heidrich habe sich Anfang März zusammen mit mehreren Veterinärmedizinern ein Bild von der Situation gemacht. Dem rbb sagte er am Donnerstag: "Es gab falsche Haltungsbedingungen und falsche Fütterungen. Die Tiere zeigen Erkrankungen. Dies alles deutet stark darauf hin, dass die Tiere auch über einen längeren Zeitraum nicht ordentlich untergebracht sind und sich Erkrankungen vor Ort auch selbst entwickeln."

Für die 440 Tiere, teils Exoten, wie Reptilien, gebe es schlicht zu wenig Personal und kaum Fachkenntnisse. Neue Tiere seien mit älteren ohne Quarantäne zusammen gehalten worden.

Dass Fundtiere - wie es von den Betreibern heißt - teilweise bereits verwahrlost und traumatisiert im Tierheim ankämen, räumte Heidrich ein. Jedoch wiesen die Vielzahl der Mängel im Heim auf ein grundsätzliches Problem hin. "Es gab einzelne Tiere, die auch schon mit Schäden in das Tierheim gekommen sind. Das wurde vom Heim auch so dargelegt. Aber das kann nicht für die Masse an Tieren gelten, bei denen wir krankhafte Veränderungen oder Verhaltensstörungen gesehen haben."

Nonnemacher: Zustände sind "niederschmetternd und nicht hinnehmbar"

Nach den Berichten des Ministeriums mussten die Missstände größtenteils bestätigt werden, sagte Dominik Lenz, stellvertretender Sprecher des Verbraucherschutzministeriums, am Donnerstag auf Anfrage.

Das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit sei in der Angelegenheit beauftragt worden, sagte er. Das Vorgehen des zuständigen Veterinäramts werde nun geprüft.

Ministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) wolle persönlich auf den Landkreis einwirken, damit alle bestehenden Missstände unverzüglich abgestellt werden, sagte Lenz. Nonnemacher selbst beschrieb am Mittwoch die Lage im Tierheim als "niederschmetternd und nicht hinnehmbar".

Das Tierheim hatte die Vorwürfe zuletzt bestritten. Noch im Februar hieß es, dass Veterinäre die Tiere regelmäßig untersuchen. Auch Entwurmungen fänden regelmäßig statt. Auf eine Anfrage am Donnerstag wollten sich die Betreiber nicht erneut äußern. Damit wolle man warten, bis Kreis und Land weitere Schritte beraten und dem Tierheim mitgeteilt hätten.

Landkreis räumt Fehler ein

Der Landkreis Märkisch-Oderland hatte bei seinen Begehungen in Wesendahl die Vorwürfe nach eigenen Aussagen entkräftet. Am Donnerstag räumte der zuständige Beigeordnete Friedemann Hanke gegenüber dem rbb jedoch Verbesserungsbedarf ein, etwa bei der tierärztlichen Versorgung von Bauernhof-Tieren und Exoten. "Wir sind kein Rund-um-die-Uhr-Kontrollorgan, was loszieht und bis in jede letzte Keller-Ritze kontrolliert. Das ist uns weder personell noch inhaltlich möglich. Wir gehen rein, gucken uns bestimmte Dinge an und erteilen Auflagen."

Der Landkreis will nun eine Reduzierung der Tiere im Heim prüfen. Eine komplette Schließung lehnt er ab. Noch in dieser Woche ist eine Begehung mit Fachtierärzten etwa für die exotischen Tiere geplant.

In der kommenden Woche soll der Landrat zudem die Kreistagsabgeordneten über die Lage informieren. Burkhard Paetzold von der Grünen-Fraktion fordert Aufklärung: "Wenn sich herausstellen sollte, dass man bewusst oder aus Unkenntnis weggeschaut hat, muss das persönliche Konsequenzen haben."

Rico Lange, Vorsitzender des Landestierschutzverbandes Brandenburg, forderte eine schnellstmögliche Anhörung und möglichst zeitnahe Umsetzung von Maßnahmen. Den Tieren müsse eine Perspektive in einer tierschutzkonformen, tierfreundlichen Unterbringung gegeben werden. Mit befreundeten Tierheimen werde zusammengearbeitet, um für eine Aufnahme und Vermittlung der Tiere zu sorgen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 10.03.2022, 15:10 Uhr

Mit Material von Marie Stumpf

1 Kommentar

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  1. 1.

    Das ist schön, dass Tierleid gesehen wird und das Konsequezen haben wird. Was wird denn wegen der gerade sterbenden Tiere am Zaun in der Uckermark unternommen ? Da sind Tierschützur nun sein Monaten dran und es passiert nichts. Es ist unbegreiflich, dass hier scheinbar Tierleid nicht zählt. Wohlgemerkt von Menschen gemachtes Tierleid.

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