Videoschalte mit Frankfurter Viadrina - Selenskyj: Studierende sind für Wiederaufbau der Ukraine wichtig

Di 17.01.23 | 18:21 Uhr
  23
Wolodymyr Selenskyj spricht am 17.01.2023 über eine Videoverbindung mit Studierende in einem Hörsaal der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 17.01.2023 | Robert Schwaß | Bild: dpa/Patrick Pleul

Der ukrainische Präsident Selenskyj war virtuell zu Gast an der Frankfurter Viadrina und der Berliner HU. Per Videoschalte bedankte er sich, dass die eigene Zukunft mit Aufnahme geflüchteter Studierender an deutschen Unis gesichert werde.

Ukrainische Studierende in Deutschland sind aus Sicht des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für den Wiederaufbau des Landes nach dem russischen Angriffskrieg wichtig. Bei einer Videoschalte mit Studierenden aus Frankfurt (Oder) und Berlin sagte Selenskyj am Dienstagnachmittag, die Studentinnen und Studenten aus der Ukraine würden später gebraucht, um das Land aufzubauen.

"Man braucht diese Kräfte. Das bedeutet, keine Pause zu machen, sondern weiter zu lernen und zu studieren", sagte der ukrainische Präsident. Er dankte den Hochschulen dafür, dass sie geflüchtete Menschen unterstützten.

Mehr als 700 Studierende beim Livestream in Frankfurt und Berlin

Studierende an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) und an der Berliner Humboldt-Universität (HU) diskutierten mit einer Unterbrechung - Selenskyj musste zwischenzeitlich einen Video-Call mit seinen Streitkräften führen - rund 45 Minuten mit dem ukrainischen Präsidenten. Seine Rede wurde ins Deutsche übersetzt.

Mehr als 700 Studentinnen und Studenten kamen hierfür in Hörsälen an der Oder und an der Spree zusammen. Die Viadrina und die HU haben Partner-Universitäten in der Ukraine und pflegen enge Beziehungen.

Gerade die Viadrina pflegt schon sehr lange enge Kontakte in die Ukraine. Besonders der ehemalige Uni-Präsident Alexander Wöll hatte von 2014 bis 2018 die Ukraine-Studien in Frankfurt massiv gefördert. Seitdem Ausbruch des russischen Angriffskriegs im vergangenen Jahr wird in Frankfurt verstärkt zu Politik und Geschichte geforscht. Die Viadrina-Experten sind weltweit zu allen möglichen Fragen in Sachen Ukraine gefragt.

Selenskyj: Weiterstudieren in Deutschland große Hilfe

Zudem machen ukrainische Studierende mittlerweile nach den Polen die zweitgrößte Gruppe an der Viadrina aus. Rund 200 Lernende und mehr als 40 Lehrende mit ukrainischem Pass sind an der Frankfurter Uni aktiv. Viele sind auch nach Kriegsausbruch hier aufgenommen worden, damit sie in Sicherheit leben und weiterstudieren können.

Das alles würdigte natürlich auch Präsident Selenskyj. "Das Wichtigste ist, kluge, zivilisierte, moderne Menschen zu haben", erklärte er. Daher sei Selenskyj so dankbar, dass seine Studierenden trotz Krieg in Deutschland weiter lernen könnten. "Ich glaube, das es eine sehr, sehr große Hilfe ist", erklärte der ukrainische Präsident weiter.

"Der russischen Desinformation etwas entgegensetzen"

Anlass für den jetzigen Stream war der 30. Jahrestag nach Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Ukraine und Deutschland. "Für mich ist unser Videodialog sehr wichtig. Er gibt uns einmal mehr mehr die Möglichkeit, der russischen Desinformation etwas entgegenzusetzen. Für mich ist es wichtig, dass wir uns in einem Raum uns befinden, wo wir unterscheiden, was wahr ist", unterstrich der ukrainische Präsident.

Videoschalte mit demukrainischen Präsidenten Selenskyj. (Foto: Viadrina/HU-Stream)Selenskyj bedankte sich für die deutsche Hilfe. (Foto: Viadrina/HU-Livestream)

"Wir brauchen Gerechtigkeit"

Selenskyj rief in diesem Zusammenhang die Weltgemeinschaft zum Zusammenhalt gegen den russischen Angriffskrieg auf sein Land aufgerufen. "Wir möchten, dass der Krieg nicht zum Alltag wird", sagte in der Schalte den Studierenden. Frieden werde es jedoch nur geben können, wenn der Krieg von der Ukraine gewonnen werde. "Dafür müssen wir zusammenhalten", sagte Selenskyi.

Die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen müssten zur Verantwortung gezogen werden, forderte der ukrainische Präsident: "Wir brauchen Gerechtigkeit." Gegen die Zivilgesellschaft, gegen Frauen und Kinder würden von russischer Seite "parallele Kriege" geführt. Folterer und Vergewaltiger müssten deshalb von einem Tribunal zur Rechenschaft gezogen werden.

Russland unterliege der Fehleinschätzung, Europa sei schwach, betonte Selenskyi. Die Ukraine und Europa seien jedoch im Krieg näher zusammengerückt. Der Krieg trage zugleich zur Einigung der EU bei. Auf dem Weg zur angestrebten EU-Mitgliedschaft habe die Ukraine bereits verschiedene Voraussetzungen erfüllt, sagte er: "Die noch ausstehenden werden wir auch noch meistern."

Baldige Kontaktaufnahme mit Pistorius geplant

Deutschland habe inzwischen eine führende Position bei der Unterstützung der Ukraine übernommen, sagte der ukrainische Präsident. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe entscheidende Schritte dafür unternommen. Dafür sei er sehr dankbar. Selenskyj hob zudem die deutsche Entscheidung hervor, dass der Ukraine das Luftabwehrsystem Patriot und der Panzer Marder geliefert werde.

Unterdessen kündigte der neue ukrainische Botschafter Oleksij Makeiev an, der an der Schalte teilnahm, sehr kurzfristig Kontakt zum neuen deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) aufnehmen zu wollen, um sich schon vor dem Treffen der Mitglieder der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe am Freitag auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz abzustimmen.

Sendung: rbb24 Inforadio | 17.01.2023 | 16:10

23 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 21.

    Aha, Wissen Sie eigentlich das es noch mehr Kriege auf der Welt gibt? Interessiert sich dafür jemand, Nein! Bis zum Februar 2022 hat sich für die Ukraine auch niemand interessiert! Im übrigen ist es nicht nur die Stromrechnung dir dir Menschen in diesem Land langsam zum verzweifeln bringt!

  2. 20.

    "Hauptsache ich" haben sie doch soeben argumentiert, da Inflation und hohe Rechnungen sie mehr sorgen als die Menschen in der Ukraine. Sie sterben nicht wenn ihre Stromrechnung 1000€ höher ausfällt. Ich stehe bedingungslos zum ukrainischen Volk ohne wenn und aber. Sie hingegen nicht.

  3. 19.

    Und Ihre ``Hauptsache ich`` Mentalität wird uns seit rund 33 Jahren täglich vorgelebt, war hier auch mal anders.

  4. 18.

    Bei ihnen steigt lediglich die Stromrechnung, in der Ukraine sterben hingegen täglich Menschen. Das nächste Mal besser nachdenken vor dem Kommentieren.

  5. 17.

    Was haben Sie gegen ein friedliches, ungestörtes Leben? Finden Sie eine Inflation von 10% und Energiepreise die um bis zu 300% gestiegen sind toll? Es fehlt an allen Ecken und Enden Geld z. B. Infrastruktur, sozialer Wohnungsbau u.s.w.,aber Milliarden Euro für die Rüstung ausgeben. Und das alles aus Solidarität mit einem Land, in dem Korruption ähnlich wie in Russland herrscht.

  6. 16.

    Selbstverständlich täuschen sie sich, da sie dem russischen Narrativ vom US-Vasallenstaat Ukraine auf den Leim gegangen sind. Die Ukrainer sind ein absolut tapferes Volk und die werden für ihr Land kämpfen bis keiner mehr übrig bleibt. Es ist ihr Land und das werden die Ukrainer nicht hergeben. Finden sie sich damit ab.

  7. 15.

    Natürlich wollen das viele Deutsche, damit ihr friedliches und süßes Leben ungestört weitergehen kann, schliesslich ist ja die Stromrechnung ganz dolle teuer geworden. Solidarität Null, Hauptsache ich.

  8. 14.

    Über Russland lacht die ganze Welt, einschliesslich China, aber die natürlich nur im Geheimen. Russland ist am Ende, die Bürger werden sich wieder auf die UdSSR 2.0 einstimmen, die freuen sich schon total drauf. Nix mehr mit westlichem Lifestyle, keine Russen mehr am Urlaubsbuffet, herrlich!

  9. 13.

    "Russland unterliege der Fehleinschätzung, Europa sei schwach, betonte Selenskyi." Hier könnte er einer Fehleinschätzung unterliegen. Rußland sieht sich eher im Krieg mit den USA und betrachtet Europa nur als US-Vasallen. Europa hat sich geopolitisch doch recht weit aus dem Spiel genommen, da eigentlich kaum eine geopolitische Strategie in der EU existiert und die EU allein kaum geopolitisch handlungsfähig ist. Die eigentlichen geopolitischen Spieler sind doch wohl eher USA, China, Rußland und Inden (in der Reihenfolge) auf dem eurasischen Kontinent - deswegen nimmt wohl Rußland die EU nicht wiklich ernst.

  10. 12.

    Ich gehe fest davon aus, daß zwischen den Großmächten weiterhin eine rege aber stille Diplomatie dazu läuft und die Ukraine dem dort ausgehandelten Ergebnis im Endeffekt zustimmen muß. Was in den Medien als kämpferische Mitteilungen rausgegeben werden, wird nicht dem Inhalt stiller Diplomatie im Hintergrund entsprechen und ist oft dem eigenen Publikum an Wählern geschuldet. Ich hoffe, daß ich mich nicht täusche.

  11. 11.

    Trauriges Schaubild. Gerne würde ich wissen, wie viele dieser so "hoch gebildeten" Studenten, so dermaßen geschichtsvergessen sein können. Erstmal ein Buch aufschlagen und minimal in die Vergangenheit eintauchen. Aber dank twitter und den qualitativen Mainstreammedien, ist ja der Russe der böse. eine Schande!

  12. 10.

    Gegen diese Herrschaft der Oligarchen war ja - neben dem Sturz des auch korrupten Janukowitsch-Regime - ja auch der Maidan gerichtet; da wurde aber wohl bisher nicht wirklich viel umgesetzt.

  13. 9.

    War Wunschdenken (siehe z.Bsp. Ungarn). Aber NATO kann er auch nicht uneingeschränkt gemeint haben (siehe Türkei). Bedenken Sie, daß er Politiker ist und diese Aussagen öffentlich trifft, um damit auch etwas für sein Land zu bewirken.

  14. 8.

    Vielleicht dachte er an Lösungen (eher eingefrohrene Konflikte) wie bei Zypern oder Irland.

  15. 7.

    Also, wenn ich die diversen Umfragen, die mit den hier angekommenden Ukrainern(m,w,d) geführt wurden, so anschaue, wollen mindestens 2/3 in Deutschland bleiben.
    Was hat denn die Ukraine zu bieten, dass mehr als 50% zurück wollten. Schon vor der russ. Invasion hat die Ukraine ca. 10 Mill. Bürger als Bevölkerung verloren, schon da waren mit dem Oligarchentum viele unzufrieden.

  16. 6.

    " Der Krieg trage zugleich zur Einigung der EU bei. "

    tatsächlich ??

  17. 5.

    Sie wollen also, dass die Ukraine aufgibt und dann unter Umständen anschließend nicht mehr existiert? Oder wie stellen Sie sich eine diplomatische Lösung vor, wenn Putin nicht verhandlungsbereit ist?

  18. 4.

    So sehe ich das auch! Waffen schaffen nun mal keinen Frieden, auch wenn es Herr Klitschko immer wieder wiederholt!! Es müssen endlich diplomatische Entscheidungen getroffen werden. Ich würde mir das so wünschen, das dieses Gemetzel endlich aufhört.

Nächster Artikel