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Audio: Antenne Brandenburg | 26.06.2020 | Wirtschaftsminister Jörg Steinbach | Quelle: rbb / Daniel Tautz

Gigafactory in Brandenburg

Tesla verlegt Deutschland-Sitz nach Grünheide

Tesla kann kommen: Die Gemeindevertreter haben die letzte Hürde für den Deutschland-Sitz in Grünheide genommen - künftig gibt es hier eine "Tesla Straße". Wirtschaftsminister Steinbach fand aufmunternde Worte für eine Gemeinde, die sich stark verändern könnte. Von Daniel Tautz

In Grünheide wird es bald eine "Tesla Straße" geben. Das haben die Gemeindevertreter am Donnerstagabend in Hangelsberg beschlossen. Doch dabei geht es keineswegs nur um einen Straßennamen – die Benennung der Zufahrtsstraße sorgt auch dafür, dass Tesla seinen Deutschland-Sitz in die Gemeinde verlegt. Das bestätigte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) dem rbb.

"Es gibt die klare Zusage von Tesla, dass das Unternehmen seinen deutschen Firmensitz nach Grünheide verlegt, wenn es eine solche Adresse gibt", sagte Steinbach am Rande der Gemeindevertretersitzung. "Und das ist auch eine Voraussetzung dafür, dass die ganzen steuerlichen Einnahmen nach Grünheide fließen können." Bislang hatte sich der US-amerikanische Elektroautohersteller übergangsweise in Brandenburg an der Havel angemeldet.

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Der Wirtschaftsminister stellt sich den Fragen der Gemeinde

Steinbachs Besuch stand bei der Gemeindevertretersitzung zwar nicht auf der Tagesordnung. Der SPD-Politiker wurde in Hangelsberg aber freundlich empfangen – zumindest von denen, die an der Sitzung im Bürgerhaus teilnehmen konnten. Wegen Corona durften nur zwanzig Gäste im Saal Platz nehmen, bereits eine halbe Stunde vor Sitzungsbeginn verhängten zwei Ordnungsbeamte einen Einlassstopp. Wer nicht reinkam, konnte die Gespräche nur in der Abendsonne durch die geöffnete Tür beobachten.

Dabei hätten gerne noch viel mehr Bürgerinnen und Bürger mit Jörg Steinbach debattiert – denn zu besprechen gibt es einiges: Die sogenannte Steuerungsgruppe hat erst vor wenigen Tagen einen Entwicklungsplan für die Region vorgelegt, laut dem sich Grünheide stark verändern würde. So soll im Landkreis Oder-Spree Wohnraum für 10.000 neue Einwohnerinnen und Einwohner entstehen; in Kagel, Fürstenwalde, am Scharmützelsee und auch in Hangelsberg sind besonders große Quartiere geplant. Das zukünftige Tesla-Gelände soll außerdem eine neue Autobahnausfahrt bekommen, der Zug dürfte künftig im Zwanzig-Minuten-Takt über die Gleise rollen und der Bahnhof Fangschleuse soll näher ans Werk verlegt werden.

Wirtschaftsminister Steinbach beim Gespräch in Grünheide | Quelle: rbb / Daniel Tautz

"Tesla wird Grünheide verändern"

Viel Wandel für Grünheide – für einige Bürger zu viel. Eine Gemeindevertreterin fragt, wie es um Schulplätze steht. Ein Anwohner kritisiert die mögliche Verschmutzung von Umwelt und Grundwasser. Und auch Rudolf Mann lauscht an der geöffneten Tür den Antworten des Wirtschaftsministers. Er sitzt als Sachkundiger im Bauausschuss von Kagel und hat Angst, dass der dörfliche Charakter der Ortschaften verloren geht. "Wir haben jetzt schon unglaublich viele LKW auf den Straßen. Die Mitarbeiter fahren auf dem Weg zu Tesla dann alle durch unsere Dörfer." Er fühlt sich als Anwohner von der Landesregierung nicht genug eingebunden: "Wir werden die Betroffenen sein, wir werden die Nachteile zu schlucken haben."

Auch Gemeindevertreterin Anna Homeyer-Angerstein wünscht sich vom Wirtschaftsminister mehr Beteiligung der Gemeinde. "Das Land muss uns hier unterstützen, dass die nötige Infrastruktur geschaffen wird. Das wird uns alles übergestülpt und damit bin ich nicht zufrieden."

Jörg Steinbach äußerte am Donnerstagabend Verständnis für die Sorgen der Anwohnerinnen und Anwohner. Er machte aber auch klar: Ohne Veränderungen wird es nicht gehen. "Wenn sich hier in der Region 10.000 Menschen sich ansiedeln, dann wird sich was ändern. Was man machen muss, ist, dass man die Region gemeinschaftlich entwickelt, sodass am Ende alle sagen: ‚Meine Güte, es ist schöner geworden, als es vorher war."

Steinbach erntet lautstarken Applaus

Die meisten im Bürgerhaus scheinen da mit ihm auf einer Linie zu sein. Als Steinbach die Bedeutung der neuen "Tesla Straße" erklärt, klopfen die Gemeindevertreter auf die Tische. Später erzählt er, dass Brandenburgs Wirtschaft von den anderen Bundesländern immer bemitleidet worden sei. Seit jedoch Tesla seine Fabrik plane, werde Brandenburg über die Landesgrenzen hinaus beneidet. Der Saal applaudiert.

Denn ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger blickt freudig auf die Entwicklungschancen, die die Tesla-Gigafactory mit ihren Steuergeldern für die Gemeinde bietet. Doch einige hegen eben auch berechtigte Bedenken. Steinbach spricht in diesem Zusammenhang von einer "kleinen Gruppe Besorgter". Die dürfe man nicht verniedlichen, sondern müsse sie ernst nehmen, sagt er. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob ihm das gelingt, bevor in Grünheide die ersten Elektroautos vom Band rollen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 26.06.2020, 09:30

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