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Audio: rbb24 Inforadio | 07.06.2023 | Anja Dobrodinsky | Quelle: dpa/C.Klose

Neue EU-Regelung

Bahnkunden haben seltener Anspruch auf Entschädigungen

Die Europäische Union hat neue Regeln für Entschädigungen von Bahnkunden auf den Weg gebracht. Die sehen weniger Gründe als bisher für Zahlungen durch die Bahnunternehmen vor. Verbraucherschützer laufen sich schon warm.

Bei Zugausfällen und -verspätungen müssen Bahnunternehmen in der EU keine Entschädigungen mehr zahlen, wenn außergewöhnliche Umstände der Grund sind. Das geht aus der neuen EU-Verordnung "über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr" hervor, die am Mittwoch in Kraft getreten ist.

Bisher konnten Fahrgäste durch die Verordnung bei Verspätungen ab einer Stunde 25 Prozent und ab zwei Stunden 50 Prozent des Ticketpreises zurückverlangen. Mit der Anpassung gibt es ab sofort Szenarien, bei denen dieser Entschädigungsanspruch entfällt.

Zu diesen Szenarien gehören laut der EU-Verordnung extreme Witterungsbedingungen, große Naturkatastrophen, schwere Krisen im Bereich der öffentlichen Gesundheit oder Terrorismus. Auch bei Kabeldiebstählen, Notfällen im Zug oder Personen im Gleis werde nicht mehr entschädigt, sagte DB-Marketing-Vorständin Stefanie Berk kürzlich.

Streiks des Bahnpersonals sind von der EU-Neuregelung nicht betroffen, in diesem Fall werden Entschädigungen so wie bisher gehandhabt.

Angebot im Juni und Juli

Bahn bietet Tickets auf ICE- und IC-Kurzstrecken für unter zehn Euro an

"Gewöhnliche Unwetter sind explizit ausgenommen", sagte Berk. Auch in Zukunft werden Bahnkunden bei Unwettern wie Stürmen oder Hochwasser "in vollem Umfang im Rahmen der Fahrgastrechte entschädigt und erhalten ihr Geld zurück", schreibt die Bahn auf ihrer Internetseite [deutschebahn.com].

Lediglich bei Ausnahmeereignissen wie der Jahrhundertflut 2021 oder anderen großen Naturkatastrophen gebe es künftig keinen gesetzlichen Anspruch mehr auf Entschädigung. "In diesen Fällen schaut sich die DB jeden Einzelfall genau an und kommt ihren Kund:innen ggf. mit Kulanzgutscheinen entgegen, die für künftige Fahrten eingelöst werden können", heißt es auf der Bahnseite weiter.

Auch weitere Änderungen treten in Kraft: Sind außergewöhnliche Umstände die Ursache für die Zugausfälle, kann das Bahnunternehmen künftig die Unterbringung im Hotel auf höchstens drei Nächte begrenzen, wie es im Artikel 20 der Verordnung heißt. Außerdem können Fahrgäste bei einer absehbaren Verspätung von mehr als einer Stunde auch auf den Zug eines anderen Anbieters umbuchen.

Um Entschädigungen gültig zu machen, muss der Antrag künftig innerhalb von drei Monaten gestellt werden statt wie bisher innerhalb eines Jahres. Die DB werde aber im Regelfall "sehr kulant sein und weiterhin die fahrgastrechtlichen Beschwerden auch nach Ablauf der Drei-Monate-Frist annehmen und bearbeiten", teilte die Deutsche Bahn dazu mit.

Bauförderung, Fahrgastrechte, Kulturpass

Das ändert sich im Juni

Für Familien mit kleinem Einkommen gibt es eine neue Bauförderung. Betriebe, die Corona-Hilfen erhalten haben, müssen ihre Schlussabrechnungen einreichen. Studierende können ihr Semesterticket aufwerten. Die Änderungen im Juni 2023 im Überblick.

Verbraucherschützer kritisieren neue Regeln

"Die Vorgaben zur höheren Gewalt sind zu unpräzise formuliert", kritisierte Gregor Kolbe vom Verbraucherzentrale-Bundesverband (VZBV). Er gehe davon aus, dass Gerichte entscheiden würden, wann es sich etwa um außergewöhnliche Wetterlagen handele.

Kritik gibt es auch an den EU-Regeln zur Mitnahme von Fahrrädern in Zügen: "Die EU-Novelle sieht mickrige vier Fahrrad-Stellplätze für jeden neuen oder modernisierten Zug vor", kritisierte Alexander Kaas Elias, Bahnsprecher des ökologischen Verkehrsclubs VCD. Ursprünglich seien vom EU-Parlament acht Plätze gefordert worden. Der VCD fordert weitere Maßnahmen von Bahnunternehmen, um Fahrräder besser zu befördern.

Zudem muss es laut Verordnung an Bahnhöfen zukünftig eine zentrale Anlaufstelle für mobilitätseingeschränkte Menschen geben. Hier soll der Ein- und Ausstieg angemeldet werden können. "Das mag zwar auf den ersten Blick die Bahnfahrt erleichtern, bedeutet aber im Grunde nur, dass nach wie vor an vielen Bahnhöfen kein barrierefreier Ein-, Aus- oder Umstieg ohne Voranmeldung und Hilfsmittel wie Hublifte möglich sein wird", teilte der VCD mit. "Spontane Fahrten blieben so weiterhin Zukunftsmusik."

Berliner S-Bahn hofft auf Lösung

Müll im Getriebe

Das Problem besteht seit langem, und es wird immer schlimmer: Müll auf und neben Bahngleisen in Berlin. Große Hoffnung ruht auf einem neuen Gleisreinigungszug. Doch der kommt später als zunächst erhofft. Von Frank Preiss

Neuer Unpünktlichkeitsrekord in diesem Jahr

Derweil waren die Fernverkehrszüge der Deutschen Bahn im Mai so unpünktlich wie noch nie in diesem Jahr. Nach Bahn-Angaben erreichten 65,5 Prozent der ICE- und IC-Züge ihre Halte pünktlich. Im Vergleich zum April sank der Wert um gut fünf Prozentpunkte, wie die Bahn am Freitag mitteilte. Das Ziel von deutlich mehr als 70 Prozent Pünktlichkeitsquote liegt damit in weiter Ferne.

Als pünktlich geht ein Zug in die Statistik ein, solange er nicht mit mehr als sechs Minuten Verzögerung an einem Bahnhof ankommt. Zugausfälle oder verpasste Anschlusszüge werden nicht berücksichtigt - entsprechend sind auch Warnstreiks mit Zugausfällen in der Statistik nicht ablesbar.

Als Grund für die Verspätungen gab der Konzern Baustellen an. "Allein im vergangenen Monat musste die DB im Rahmen des Sonderinspektionsprogramms rund 50.000 Schwellen im Schienennetz austauschen."

Sendung: Radioeins, 07.06.2023, 8:30 Uhr

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