Festival "Beats and Books" - Mit dem Buch auf der Tanzfläche

Mo 25.04.22 | 17:25 Uhr | Von Corinne Orlowski
Symbolbild: Die Autorin und Publizistin Christiane Tramitz und der Punk Benni Podruch lesen am 20.03.2017 in Berlin im "Schokoladen" in der Ackerstrasse aus dem Buch "Dieses schöne Scheißleben". (Quelle: dpa/Jens Kalaene)
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Audio: rbb24 Inforadio | 25.04.2022 | Corinne Orlowski, Symbolbild | Bild: dpa/Jens Kalaene Download (mp3, 4 MB)

Lesungen finden meist in Buchhandlungen oder Literaturhäusern statt. Im Rahmen des "Bücherfrühlings" organisieren Berliner Verlage und Clubs erstmals ein Festival an ungewöhnlichen Orten. Es will hochpolitisch und aktuell sein. Von Corinne Orlowski

Mit dem Buch auf die Tanzfläche? Das klingtnach einem ungewöhlichen Konzept. Genau das kann das Publikum jetzt aber vier Tage lang bei "Beats and Books" erleben.

Das neu gegründete Festival hat seinen Ursprung in der Absage der Leipziger Buchmesse, erzählt Mit-Initiator Jörg Sundermeier vom Verbrecher Verlag: "Wir haben so ein bisschen die Situation beklagt und haben beim Senat vorgefühlt: Kann man da was machen?"

Kultursenator Klaus Lederer fand die Idee "super interessant", erinnert sich Sundermeier, forderte aber auch: "Da müsst ihr euch gut zusammenraufen, wir können euch jetzt nicht so eine Messe basteln. Sondern, wenn ihr das gut macht, dann werden wir euch bei der Finanzierung unterstützen."

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Branchenübergreifende Kultursolidarität

Daraufhin haben innerhalb weniger Wochen 25 Berliner Verlage – darunter große wie der Suhrkamp Verlag oder Aufbau Verlag, aber auch kleine, Independent-Verlage wie die Favoritenpresse, SuKuLTuR oder mikrotext – und 10 Berliner Clubs ein Konzept entwickelt, um den Neustart des Kultur- und Nachtlebens zu feiern, Frühjahrsprogramme zu präsentieren und den coronagebeutelten Künstlerinnen und Künstlern die Begegnung mit dem Publikum zu ermöglichen.

Für Sundermeier war das "Berauschende", wie gut die Selbstorganisation geklappt hat. "Für uns war das einfach auch ein Zeichen, dass es eine mehr als branchenübergreifende Kultursolidarität gibt." Unterstützt wurde die Veranstaltungsreihe von der Clubcommission und vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Landesverband Berlin-Brandenburg.

Die Verlage und Clubs haben sich für ihre Veranstaltungen jeweils thematisch ein Motto gegeben. Im Neuköllner SchwuZ etwa tritt Musikerin Malonda zusammen mit den Lyrikerinnen Anna Hetzer und Odile Kennel vom Verlagshaus Berlin mit "This is not a Love Song" auf. Dabei geht es um Themen wie Gender und Diversität.

Im Schokoladen in Mitte dagegen wird es giftig mit Romanen rund um toxische Beziehungen und ansteckendem Elektro-Pop. Im Novilla in Schöneweide erklingen türkische Gedichte, begleitet von der Nay, einer orientalischen Längsflöte. Und im Festsaal Kreuzberg wird ein "bunter Strauß gegen Rechts" gebunden – mit Autor Philipp Böhm, der aus seinem skurril-surrealen Erzählband "Supermilch" liest und Pop-Art-Künster Jim Avignon, der als Neoangin Musik macht.

Keine klassische Wasserglaslesung

"Es wird nicht die klassische Wasserglaslesung“, sagt Jörg Sundermeier. Keiner müsse still zuhören und ruhig auf seinem Platz bleiben. "Es wird ein bisschen durcheinandergehen. Man kann auch mal an die Bar gehen und sich ein Getränk holen." Umrahmt wird die Reihe von zwei multimedialen Veranstaltungen, die der Ukraine gewidmet sind. Musik von Yuriy Gurzhy, eine Performance von Eva Yakuboska und Texte von Serhij Zhadan geben Einblicke in die aktuelle ukrainische Kulturlandschaft.

Sendung: rbb Inforadio, 25.04.2022, 07:40 Uhr

Beitrag von Corinne Orlowski

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