Zu wenig Parkplätze für Berufspendler - Die große Jagd nach der freien Lücke

So 08.01.23 | 21:19 Uhr
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Symbolbild: Ein "Park + Ride" Schild - Bequem mit dem Auto Parken und dann auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, um ohne lästige Parkplatzsuche zu seinem Zielort zu gelangen. (Quelle: dpa/S. Sauer)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 08.01.2023 | Karsten Zummack | Bild: dpa/S. Sauer

Wer aus Brandenburg mit der Bahn nach Berlin zur Arbeit pendelt, steuert erst einmal den nächsten Bahnhof an. Autofahrern droht dabei oft eine nervenaufreibende Parkplatzsuche. So auch am S-Bahnhof Mühlenbeck-Mönchmühle - doch dort soll bald mehr Platz geschaffen werden.

Etwa 270.000 Brandenburger pendeln regelmäßig nach Berlin an ihren Arbeitsplatz. Nach Möglichkeit sollen sie auf die Schiene gelockt werden, so das erklärte Ziel der Politik. Doch natürlich hat nicht jeder Berufspendler einen Bahnhof vor der Tür.

Viele legen den ersten Teil der Wegstrecke per Auto oder Fahrrad zurück, um dann umzusteigen. Doch dafür fehlen vielerorts die Park-and-Ride-Stellplätze – so auch in Mühlenbeck (Oberhavel). Dort kämpft ein Berufspendler gerade mit einer Online-Petition für mehr Parkmöglichkeiten am S-Bahnhof.

Es ist erst kurz nach sieben Uhr morgens und zu dieser Jahreszeit noch stockdunkel. Trotzdem herrscht auf dem Park-and-Ride – Parkplatz am Bahnhof Mühlenbeck-Mönchmühle schon ziemlich viel Chaos. Einige halten nur kurz mit dem Auto, andere stellen es verzweifelt in der zweiten Reihe ab. "Es ist eng, unübersichtlich, hektisch", flucht Frank Hufnagel. Der 53-Jährige arbeitet in Berlin, lebt aber im Mühlenbecker Land – zweieinhalb Kilometer vom Parkplatz entfernt.

Die Anwohner sind gezwungen, mit dem Auto nach Berlin zu fahren, wenn hier nicht genügend Parkplätze sind

Frank Hufnagel, Pendler aus Brandenburg

Online-Petition für mehrgeschossiges Parkhaus

Um zu laufen, ist es ihm zu weit. Die Busverbindung ist dürftig. Deshalb legt er den ersten Teil des Arbeitsweges mit dem eigenen Auto zurück. Am S-Bahnhof aber beginnt die allmorgendliche Jagd nach der freien Lücke. "Unangenehm und belastend" findet Hufnagel diese Situation. Da die 75 offiziellen Stellplätze schon alle belegt sind, weicht er auch an diesem Tag an den Straßenrand aus. Andere parken im benachbarten Wohngebiet. Auch Fahrradständer sind rar.

In Hufnagels Augen ist das ein unhaltbarer Zustand. Deshalb hat er im Herbst eine Online-Petition für den Ausbau des Park-and-Ride-Parkplatzes gestartet. Am liebsten wäre dem Mühlenbecker ein mehrgeschossiges Parkhaus, wie von der Gemeinde seit Jahren geplant. "Ansonsten sind die Anwohner gezwungen, mit dem Auto nach Berlin zu fahren, wenn hier nicht genügend Parkplätze sind", meint Frank Hufnagel. Ein Parkhaus also als Beitrag zur Verkehrswende?

Zehntausende Stellplätze fehlen

Die Länder Brandenburg und Berlin haben die Not vieler Berufspendler offenbar erkannt, wollen den Bau solcher Anlagen vorantreiben. Anfang November erst unterzeichneten der märkische Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) und seine Berliner Amtskollegin Bettina Jarasch (Grüne) einen entsprechenden Finanzierungsvertrag. Millionenbeträge sollen in Park-and-Ride- und Bike-and-Ride-Anlagen fließen.

Der Bedarf jedenfalls ist riesig. Schließlich wachsen gerade die Umlandkommunen kräftig. Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) bezifferte die Lücke vor gut zwei Jahren bereits mit 8.800 Auto- sowie 21.500 Fahrrad-Stellplätzen.

EIn Auto sucht einen Parkplatz.(Quelle:rbb)Vergebliche Parkplatzsuche in Mühlenbeck-Mönchmühle am Morgen.

Bürgerinitiative will Parkhaus verhindern

Am S-Bahnhof Mühlenbeck-Mönchmühle könnte sich die Zahl der Parkplätze mehr als verdreifachen. Können hier aktuell 75 PKW abgestellt werden, sollen es künftig rund 250 sein. Im mehrstöckigen Parkhaus, das die Gemeindevertretung schon vor Jahren beschlossen hat, sollen außerdem bis zu 500 Fahrräder Platz finden.

Auf ungeteilte Freude stößt das Vorhaben in der Nachbarschaft allerdings keineswegs. Eine Bürgerinitiative kämpft gegen das Parkhaus, sorgt sich unter anderem um die Verkehrssicherheit. "Wir sind jetzt schon in einem Verkehrshotspot und einer ungünstigen Verkehrslage", betont Sprecherin Cordula Bolik mit Verweis auf enge Straßen und fehlende Radwege. Außerdem befürchtet ihre Initiative einen Eingriff in die Natur und zunehmenden Vandalismus, wenn hier erst mal ein Parkhaus steht.

Gemeinde will Bauantrag stellen

Im Rathaus Mühlenbecker Land allerdings pocht Bürgermeister Fillipo Smaldino auf den bestehenden Gemeindevertretungsbeschluss. Wenn man irgendwo etwas mache, gebe es immer Fürsprecher und Gegenstimmen, sagt der SPD-Kommunalpolitiker. Aufgrund der Einwände habe das Verfahren etwas länger gedauert. Doch jetzt attestiert ein Gutachten Rechtssicherheit. "Deswegen werden wir demnächst den Bauantrag einreichen", kündigt Smaldino an.

Ein Lichtblick zumindest für Berufspendler wie Frank Hufnagel. Doch wann der Neubau starten kann, bleibt vorerst ungewiss. Erst einmal heißt es: Weiter Runden drehen, die freie Lücke suchen und etwas mehr Zeit einplanen — bevor es mit der S-Bahn Richtung Arbeitsplatz in Berlin geht.

Sendung: Antenne Brandenburg, 05.01.2023, 17:30 Uhr

79 Kommentare

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  1. 77.

    Wow, gut gebrüllt! Das muss ich Ihnen lassen :)
    Dass der Herr nicht in Berlin wohnt, ist mir wie auch den Kommentierenden nicht entgangen, weshalb hier niemand Berlin-Maßstäbe anlegt. Wir sind uns auch alle einig, dass mit einem funktionierenden ÖPNV er das Problem nicht hätte. Als Erwachsener ist ihm aber eine eigenverantwortliche Problemlösung zuzutrauen (da steht Ihre Partei doch so drauf ;) ) und ich GARANTIERE Ihnen, der Großteil der Leute wie der Herr oben fahren 2,5 km entweder aus Gewohnheit oder aus Bequemlichkeit.

  2. 76.

    Ah, Anderen das zumuten, was man selbst nicht leisten will. Schöne Doppelmoral! Ich sehe auf den Berliner Straßen vor allem Berliner Autos fahren und in den Anliegerstraßen Berliner Autos parken. Die paar Auswärtigen darunter, fallen da gar nicht ins Gewicht. Wenn schon, dann City-Maut für Alle und zwar solange einmal täglich, bis man wieder raus fährt, ohne Unterschied. Gerade die Innenstadtbewohner haben ihr Auto überwiegend als Luxus, was ich grundsätzlich nicht schlimm finde. Aber wirklich darauf angewiesen, sind gerade da die Wenigsten. Ansonsten gerne eine City-Maut, sobald P+R ausreichend am Stadtrand / dem Ring zur Verfügung steht und dann das Parkticket als Tageskarte im ÖPNV zulassen.

  3. 75.

    Ich befürworte eine Citymaut für alle KfZ ohne B für Berlin im Kennzeichen. Dann müssten die Grünen auch nicht immer wieder gegen die eigenen Berliner Autofahrer hetzen und die Stadt spalten! Aber vielleicht fängt man erst einmal mit Reisebussen, Stadtrundfahrtbussen und den Ausflugsdampfern mit ihren Emissionen an, z.B. City-Übernachtungstax inklusive Nahverkehrsticket und teure Bus-City-Tax. Wenn Besucher automatisch einen digitalen ÖPNV-Fahrschein mit der Übernachtungspauschale erhalten, bleiben Busse und Gäste-Autos in aller Regel raus aus der Stadt.

  4. 74.

    Bereits jetzt gilt, dass Fahrgäste Vorrang vor Fahrzeugen haben. Sinnvoller und besser planbar wäre es, wenn es Sperrzeiten für Fahrräder/Roller und weitere sperrige Fahrgeräte geben würde, Mo-So. 07-10h und 17-19h. Denn zu der Zeit sind die Züge dann aus Kapazitätsgründen den Fahrgästen exklusiv vorenthalten. Es sollte mehr Stadträder nach Hamburger Vorbild geben, die man bis zu 30 min. innerhalb des S-Bahnrings in Berlin kostenfrei nutzen darf.

  5. 73.

    Ob Sie es glauben oder nicht, es soll in Brandenburg tatsächlich Einwohner geben, die dort geboren sind und zum Brötchenerwerb trotzdem nach Berlin pendeln müssen. Die rausgezogenen Berliner sind da meiner Erfahrung nach in großen Teilen ohnehin nicht gerade beliebt mit ihrer besserwisserischen, überheblichen Art, Anderen vorschreiben zu wollen, wie sie zu leben haben.

  6. 72.

    Ihr Kommentar kommt von der Art und Weise Habecks "Die gehen nicht gleich pleite, die produzieren dann nur nicht mehr" schon sehr nahe. Es wird seine guten Gründe haben, warum der Betroffene das Auto zum Bahnhof nimmt, fertig. Es hat uns nicht zu interessieren und besserwisserische Ratschläge von ÖPNV-verwöhnten Städtern braucht in Brandenburg ganz sicher niemand und gleich gar nicht Überlegungen, ob es zumutbar ist zwei mal am Tag 30 Minuten lang zum und vom Bahnhof zu laufen. Auch ein Fahrrad ist nun mal nicht für Jeden und nicht überall eine Alternative. Das ist einfach nur eine freche Überheblichkeit, gerade von jenen, die die nächste Haltestelle quasi vor der Haustür haben und sich für jede kurze Strecke mit dem Rad in die S-Bahn quetschen. Ist aber typisch für Berlin.

  7. 71.

    Bei weniger als 3 km Wegstrecke zum Bahnhof empfehle ich meinem Namensvetter die Nutzung eines Fahrrades statt des Autos, ist für ihn stressfreien und gesünder!

  8. 70.

    Sie schreiben: "Anderen hier vorschreiben wollen und Ratschläge erteilen, wie diese ihre Mobilität zu gestalten haben. "

    Wo sehen Sie hier Vorschriften, user-seits? Die Leute stellen sich und allen anderen nur die berechtigte Frage, ob er denn alternativ nicht laufen, das Rad oder einen Scooter nehmen könnte. Natürlich kennen wir den im Artikel genannten Herren nicht, wissen nicht um seinen Fitnesszustand und die Verkehrswegeinfrastruktur und -sicherheit für nichtmotorisierte Verkehrsteinehmende. Aber die Fragen darf man doch schon stellen, oder Steffen?

  9. 69.

    Ja, so endet es dann, siehe Titel/Aufmacher! Der Brandenburger nimmt wirklich sehr weite Wege in Kauf, um sich seine "Brötchen" zu verdienen & rechnet auch mit spitzer Feder aus, ab wann o. wie lange da am anderen Ende noch etwas herauskommt. Und das unterscheidet ihn von Werktätigen im benachbarten BL Berlin, wo ich das fragwürdige Glück hatte, mit Menschen zu arbeiten, sie zu bewegen, eventuell in den nächsten Stadtbezirk zu fahren. -- Das alles sind doch Indizien, dass das BL Bbg mehr für seine arbeitswilligen Bürger tun muss! Unverständl. ist, dass Bahnlinien wochen- o.gar Monate lang nicht bedient o. sogar ganz eingestellt werden. Da wir in D dazu übergegangen sind, nur noch Katastrophenpolitik zu betreiben, fallen eben diese User "aus" u. belasten zusätzl. noch die Knotenpunkte. Wann? Wann? Lernt man in Potsdam? Es werden Schienen & jew.wenigstens 1Triebwagenpaar gebraucht. Für Tesla war auch Geld da!

  10. 68.

    Sie schreiben: "Und Fahrrad ja, aber man sollte verbieten, dass Räder in die Bahn dürfen. Hier gibt es in Berlin Leute die mit Rad in die Bahn steigen, wozu habe ich dann ein Rad? Das sind mir die Liebsten... "Ich fahre mit dem Rad zur Arbeit..." na geil..."

    -> Wow. Was denken Sie, wozu da so'n fettes Fahrad aufm Fenster aufgepinselt ist? Für die Waschbärenmitnahme?
    Spoiler, nur für Sie: es gibt Menschen, deren Arbeitsort weiiiit weg vom Wohnort ist. Für mich zB ist die Mitnahme des Rades in der Bahn über eine Distanz von 36 km die zeiteffizienteste Art des Pendelns. Und während meinesgleichen dafür extra 14,50 mtl. zahlt, ist das in Ländern und Städten, die die Verkehrswende wirklich ernst meinen, KOSTENLOS (gesamte Hauptstadtregion Kopenhagen zB).

  11. 67.

    Die Alternative wäre, dass nicht mehr jede Kommune EFH Neubaugebiete auf 700qm Gründstücken auf eigene Faust ausweisen darf, sondern man das sinnvoll in einem Verkehrskonzept plant. Das hilft dann auch gegen den endlosen Flächenfraß.

  12. 66.

    Sehr schön. Können Sie mir aber bitte erklären, was die Digitalisierung in der Ukraine mit dem Bau eines Parkhauses zu tun hat? Oder haben Sie Ihren Kommentar unter den falschen Artikel gesetzt?

  13. 65.

    Wir bekommen in Deutschland einfach nichts gebacken, weil alles Jahre dauert, bis es genehmigt ist und / oder alles ausgetanzt werden muss.
    Wenn man hört wie weit due baltischen Länder und die Ukraine in Bezug auf Internet und Digitalisierung sind, da haben wir enorme Defizite.

  14. 64.

    Diese Alternative hatte ich angemerkt. Tja - die Bequemlichkeit der Leute - und dann noch ellenlang mit laufendem Motor in der Karre hocken, telefonieren, labern oder Essen vertilgen und Angst vor´m Erfrieren haben.

  15. 63.

    Es gibt aber auch kein reines Schwarz-Weiß. In der Fläche wird es nie einen ausreichend ausgebauten ÖPNV geben, weil es weder bezahlbar, noch personell besetzbar wäre. Der ÖPNV kann nur dort das Auto sinnvoll ersetzen, wo es genügend Fahrgäste für die Strecke gibt. Die Alternative wäre, dass der Zubringerbus erst mal kreuz und quer durch die Dörfer tingelt, um die Leute einzuladen. Das würde aber nicht nur die Fahrtzeit unerträglich verlängern, sondern auch den Kraftstoffverbrauch in ungeahnte Höhen treiben. Manchmal ist es einfach ökologischer, wenn Viele individuell zu einem Sammelpunkt fahren und dort umsteigen. Dafür braucht es P+R. Ohne Frage gibt es auch in Brandenburg noch reichlich Potential zum Ausbau des ÖPNV, aber es ist nicht das Allheilmittel überall. Es braucht eine Vernetzung aller Fortbewegungsmittel auf das Optimum aus Kosten und Umweltbelastung.

  16. 62.

    Richtig. Mit Faltrad in die Regionalbahn geht nicht, da hoffnungslos überfüllt. 1h früher zur Arbeit fahren , weil die Regionalbahn wahrscheinlich ausfallen könnte..dann hätte man noch die folgende Bahn! ...und Anschlüsse mit Bussen, oder Schienenersatzbusse gibt es nicht...das ist die Realität. Keiner denkt an Verbesserung! Aber mit Autoinfrastruktur wie Parkhäuser, Ausbau von Straßen usw. zieht man nur noch mehr Autos an! Total kontraproduktiv.

  17. 61.

    Das ist doch wieder ein Thema um Berliner und Brandenburger gegeneinander aufzubringen. Ein Beispiel unserer heutigen Gesellschaft. Kein Verständnis für Andere.Traurig und bedenklich...apropos bedenklich... Ich gebe zu bedenken, dass wir uns auf diese Art und Weise zum Spielball machen lassen. Ich habe früher eine viertel Stunde Fahrzeit zur Arbeit gehabt, die Arbeitszeiten haben es erlaubt, die öffentlichen Verkehrsmittel (meistens zumindest) zu nutzen. Heute, präziser seit der Nach-Wendezeit, habe ich 1 Stunde reine Fahrzeit (plane für den Weg zur Arbeit 2 Stunden ein) und es kann auf dem Heimweg auch schon mal zweieinhalb Stunden dauern. Noch zu erwähnen...die Arbeitszeiten sind für mich und viele meiner Kollegen aus dem Umland so, dass der öffentliche Nahverkehr zu diesen Zeiten schlecht oder gar nicht vorhanden ist. Mein Fazit: Vereint für Ausbau des ÖPNV (mit Sicherheitskonzept) rund um die Uhr und 7 Tage die Woche kämpfen ! Das Umland mit einbeziehen und mit Sicherheitskonzept.

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