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Video: rbb24 | 14.03.2023 | Material: rbb24 Abendschau | Quelle: dpa

Kontrovers diskutiertes Vorhaben

Modellprojekt für Kiez ohne private Parkplätze startet in Berlin-Kreuzberg

400 Auto-Stellplätze sollen im Kreuzberger Graefekiez wegfallen. Stattdessen soll Platz für Sharing-Fahrzeuge wie Elektroroller oder Autos entstehen. Und Anwohner können die freien Flächen umgestalten. Das Projekt ist allerdings umstritten.

Im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg startet im April ein stark beachtetes Modellprojekt zur Verkehrswende: Nach und nach sollen im Kreuzberger Graefekiez, in dem 22.000 Menschen leben, private Parkplätze im öffentlichen Straßenraum wegfallen. "Öffentlicher Raum ist knapp – und sehr viel davon ist mit parkenden Autos belegt. Mit dem Projekt Graefekiez erproben wir gemeinsam mit der Nachbarschaft, wie Straßen der Zukunft aussehen können", sagte die Bezirksstadträtin für Verkehr, Annika Gerold (Grüne) am Dienstag.

In einem ersten Schritt gehe es um bis zu 400 Stellplätze binnen eines Jahres, so Gerold. Darunter seien 80 in einem Kernbereich mit mehreren Schulstandorten. Betroffene Anwohner können ihren Privatwagen für monatlich 50 Euro in einem Parkhaus abstellen.

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Anwohner sollen beteiligt werden

Auf einem Teil der abgeschafften Parkplätze sollen Anwohner die Möglichkeit haben, die freigewordenen Flächen selbst umzugestalten und zu nutzen, geplant sind auch Entsiegelungen. Auf anderen früheren Parkflächen sollen 13 Stationen für Sharing-Fahrzeuge wie Autos, Elektroroller, Fahr- oder Lastenräder sowie bis zu 37 Lade- und Lieferzonen für den Wirtschaftsverkehr entstehen.

Gerold zufolge soll das Projekt 2024 überprüft und darüber beraten werden, ob es schrittweise auf den gesamten Kiez ausgeweitet wird. Die Menschen in dem Stadtteil würden dabei in unterschiedlicher Form einbezogen und beteiligt. Als Ziele nannte sie mehr Verkehrssicherheit, mehr Aufenthaltsqualität, Anpassung an den Klimawandel und bessere Bedingungen für den Wirtschaftsverkehr.

Wissenschaftszentrum begleitet Projekt

Begleitet wird das Vorhaben, das auch die Sperrung eines Straßenzugs für den Durchgangsverkehr und Tempolimits umfasst, vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Dieses plant etwa regelmäßige Befragungen der Anwohner und Verkehrsmessungen.

Andreas Knie, einer der Experten des Zentrums, umschrieb die Fragestellung so: "Klappt das überhaupt, wird das Projekt von den Menschen angenommen?" Auf Basis der Antworten könne das Projekt als Modell auch für andere Berliner Stadtteile oder über die Hauptstadt hinaus dienen.

Kontroverse Diskussion um das Vorhaben

Schon im Vorjahr wurde der Verkehrsversuch nach einem Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung im Juni 2022 kontrovers diskutiert. Nach Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen entschloss sich das Bezirksamt laut Gerold, von ursprünglichen Plänen über den Wegfall von bis zu 2.000 Parkplätzen im gesamten Kiez vorerst abzurücken und stattdessen auf ein schrittweises Vorgehen zu setzen. Erwartet werden rechtliche Auseinandersetzungen, weil Kritiker des Projekts sich bereits in Stellung gebracht haben.

Laut WZB kommen im Graefekiez 182 private Autos auf 1.000 Einwohner. Im Berliner Durchschnitt seien es 335 Pkw pro 1.000 Einwohner.

Sendung: rbb24 Inforadio, 14.03.2023, 19:30 Uhr

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