Sondernutzungsregeln ab September - Senat will Beschwerde gegen Urteil für Carsharing-Anbieter einlegen

Mi 10.08.22 | 10:38 Uhr
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Elektroautos von "We share" stehen an einer Ladesaeule fuer E-Autos und werden aufgeladen.(Quelle:dpa/W.Steinberg)
Audio: radioeins | 10.08.2022 | Anja Haufe | Bild: dpa/W.Steinberg

Eigentlich sollten für Carsharing-Autos in Berlin ab September spezielle Regeln gelten, doch zwei Anbieter haben sich vor Gericht erfolgreich dagegen gewehrt. Der Berliner Senat will das nicht auf sich beruhen lassen.

Der Berliner Senat will seine jüngste juristische Niederlage im Ringen um neue Regeln für Carsharing-Anbieter nicht hinnehmen. "Wir werden gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, nach der das Anbieten von stationslosem Carsharing vorläufig nicht als Sondernutzung eingestuft werden kann, Beschwerde einlegen", kündigte Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) am Mittwoch an. Zuerst hatte der "Tagesspiegel [Bezahlschranke]" berichtet.

"Dabei geht es uns nicht darum, neue Gebühren einzuführen", sagte Jarasch. "Hauptgrund ist, dass wir wichtige verkehrspolitische Ziele verfolgen, die für die ganze Stadt relevant sind: insbesondere die Elektrifizierung der Carsharing-Flotten, aber auch ein besseres Angebot in den Außenbezirken." Beides lasse sich am besten über eine Sondernutzungserlaubnis mit entsprechenden Nebenbestimmungen für das Anbieten dieser Fahrzeuge fördern. In dem Zusammenhang seien auch niedrigere Parkgebühren für solche Angebote mit einer Sondernutzungserlaubnis geplant.

CDU kritisiert Jarasch-Ankündigung

Kritik am geplanten Vorgehen von Senatorin Jarasch übt die oppositionelle Berliner CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus: Jarasch habe die richterliche Kritik nicht verstanden und wolle sie sich auf Steuerzahlerkosten reinwaschen, teilte der CDU-Verkehrspolitiker Oliver Friederici am Mittwoch mit.

"Frau Jarasch muss zur Kenntnis nehmen, dass die Erhebung von Sondernutzungsgebühren für Carsharing klar rechtswidrig ist. (...) Ihre nächste juristische Niederlage scheint damit programmiert. Immerhin räumt Frau Jarasch ein, dass Carsharing Teil der Mobilitätswende sei. Wie sie das allerdings umsetzen will, wenn sie weiterhin gegen den Willen von Anwohnern und Geschäftsleuten Parkplätze abbaut, bleibt ihr Geheimnis", so Friederici.

Verwaltungsgericht: Bestimmungsgemäße Nutzung der Straßen ist gegeben

Am 1. August hatte das Verwaltungsgericht einem Eilantrag der Unternehmen We Share und Share Now gegen die ab 1. September geplanten neuen Regeln stattgegeben (VG 1 L 193/22). Diese müssen vorerst nun keine Sondernutzungsgebühren für ihre Angebote entrichten. Ein Urteil über die Klage im Hauptverfahren steht allerdings noch aus.

Bei den stationsungebundenen Carsharing-Angeboten handele es sich um eine "bestimmungsgemäße Nutzung der öffentlichen Straßen", argumentierte die Kammer. Eine Sondernutzung liege nicht vor. Eine Erlaubnis und die damit einhergehenden Gebühren brauche es daher nicht.

An den ebenfalls geplanten Regeln für E-Tretroller und Leihfahrräder ändert sich durch die Entscheidung im Eilverfahren nichts. Diese sollen zunehmend vorrangig auf ausgewiesenen Abstellflächen abgestellt werden. Außerdem sollen Anbieter verpflichtet werden, besser als bisher das ordnungsgemäße Abstellen durchzusetzen.

Gesetz sieht einige Pflichten vor

Das neue Berliner Straßengesetz, das zum 1. September in Kraft treten soll, sieht bislang vor, dass das gewerbliche Anbieten von Carsharing-Fahrzeugen unter die Sondernutzung fällt. Damit müssten die Anbieter eine entsprechende Erlaubnis einholen, um ihre Fahrzeuge aufzustellen und zu vermieten. Zudem sollten sie Gebühren zahlen.

Für E-Autos sind in der Novelle geringere Parkgebühren vorgesehen, um Anreize für sauberere Flotten zu schaffen. Außerdem war geplant, dass Carsharing-Unternehmen künftig mehr Autos auch in den Außenbezirken außerhalb des S-Bahnrings anbieten sollten. Auch dafür sollten Parkgebühren reduziert werden.

Sendung: radioeins, 10. August 2022, 11:00 Uhr

28 Kommentare

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  1. 28.

    Warum muss es in der Innenstadt überhaupt Carsharing geben? Es kann doch angeblich alles mit dem Fahrrad und der BVG erledigt werden.

  2. 27.

    Wie oft haben Sie mir unter wechselnden Pseudonymen schon vorgeworfen, dass ich die Grünen hassen müsse, weil ich denen vorwerfe, dass die dem Ausbau des ÖPNV nur mit Worten, aber nicht mit Taten vorantreiben. Jetzt södern Sie rum und werfen mir vor, dass ich ein Autolibbyist sei.

    Ihre Idol Lompscher fuhr übrigens auch Tesla, weil das M3 lange Zeit alternativlos gewesen ist, wenn man nicht für die Hälfte des Steuergeldes einen Audi E-Tron hatte leasen wollen. Die hatte aber bekanntlich auch so ihre Probleme mit den Gesetzeskompetenzen des Landes, die sich aus dem GG ergeben.

  3. 26.

    Wie oft haben Sie mir unter wechselnden Pseudonymen schon vorgeworfen, dass ich die Grünen hassen müsse, weil ich denen vorwerfe, dass die dem Ausbau des ÖPNV nur mit Worten, aber nicht mit Taten vorantreiben. Jetzt södern Sie rum und werfen mir vor, dass ich ein Autolibbyist sei.

    Ihre Idol Lompscher fuhr übrigens auch Tesla, weil das M3 lange Zeit alternativlos gewesen ist, wenn man nicht für die Hälfte des Steuergeldes einen Audi E-Tron hatte leasen wollen. Die hatte aber bekanntlich auch so ihre Probleme mit den Gesetzeskompetenzen des Landes, die sich aus dem GG ergeben.

  4. 25.

    Ich würde gerne mein Auto verkaufen und komplett auf Carsharing umsteigen, aber mangels Angebot in Außenbezirken kann ich es nicht tun. Würde begrüßen, wenn das verpflichtend wird.

  5. 24.

    Gleich, was da läuft, es kann nicht sein, dass Unternehmen unter Nutzung des öffentlichen Parkraums Geld verdienen und wir sollen von der Straße verbannt werden. Hier läuft grundsätzlich was falsch.

  6. 23.

    Sie als Autolobbyist für Tesla denken da natürlich anders drüber und demokratischer Wandel, womit sie bekanntlich Probleme haben, ist für sie deshalb ein Gräuel. Da sind alle Lobbyisten gleich.

    Das Umdenken hat eine breite gesellschaftliche Basis, nur ist das bei ihnen und ihren Sockenpuppen hier noch nicht angekommen.

  7. 22.

    Mit der Argumentation muss am Ende Jeder zahlen. Der Parkraum gehört allen, daher darf er erst mal auch von allen genutzt werden, von den Berlinern selbst, von Handwerkern (die auch Geld damit verdienen), von Berufspendlern (auch die parken da, während sie Geld verdienen) und eben auch von Verleihfirmen. Die Steuern und Abgaben muss man dann schon anders eintreiben, zum Beispiel durch Kfz-Steuer, Umsatzbesteuerung (MwSt) und Gewinnbesteuerung. Ist ja nicht so, dass das Geschäftsmodell dem Staat kein Geld einbringen würde und damit auch der Stadt Berlin. Eine Ungleichbesteuerung ist aber nun mal nicht zulässig, es gilt das Gleichheitsprinzip.

  8. 20.

    Dass Sie als "Radfahrer" gerne ein Umdenken hätten, ist bekannt. Nur muss man dann auch Gesetzte etc. ändern. Dazu bedarf es aber demokratischer Mehrheiten Die aktuelle Fassung zu akzeptieren, ist für Sie ja bekannt problematisch. Gerichte sind eben etwas anderes als "Wünsch Dir was".

  9. 19.

    Kein eigener nachgewiesener Parkplatz = kein Anspruch auf das Anmelden eines Autos = ganz einfach. In Berlin ist der qm unbezahlbar und etliche Rostlauben können einfach so unentgeltlich (Steuern zählen nicht, die zahlt jeder Eigentümer auch und hat trotzdem kein Recht was in Beschlag zu nehmen). Am meisten nerven mich die Gewerbefahrzeuge im öffentlichen. Straßenraum, die früher in Fuhrparks organisiert waren. Aber wahrscheinlich gibt es ja etliche bedürftige Autofahrer....

  10. 18.

    Ups und sorry, ich glaube, nein es ist so, ich habe da etwas verwechselt.
    War auf dem Trip mit Uber- Fahrzeugen. Ich bitte untertänigst um Vergebung.
    Ich weiß vom Mitlesen, dass Sie sehr rigide Fehler aufdecken. Soll so nicht wieder passieren.

  11. 17.

    Dann muß das Fehlurteil von 1982 (!) revidiert werden, ganz einfach. Inzwischen hat, auch wenn zu zaghaft, ein Umdenken stattgefunden.

    "Wer den öffentlichen Raum nutzt um dort sein Geschäft zu betreiben soll dafür auch zahlen." So ist es!

  12. 16.

    Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 03.06.1982 - 7 C 73/79) hat entschieden:
    Das Aufstellen von zugelassenen und betriebsbereiten Kraftfahrzeugen auf der Straße durch eine Kraftfahrzeugvermietungsfirma, um sie an Kunden zur Wiederinbetriebnahme zu vermieten, ist als zulässiges Parken im Sinne von StVO § 12 Abs 2 Ausübung des Gemeingebrauchs und daher keine straßenrechtlich erlaubnispflichtige Sondernutzung.

  13. 15.

    Zitat 1: "Pankow wird langsam immer mehr von diesem asozialen Carsharinggedöns und deren regelunkundigen Klientel geradezu "vollgerotzt"." - Zitat 2: "Ich habe Verständnis für die, die mit ihrem Zweirad sich ne Parke für´s Töff freihalten ..." ... mmmh.

    Dazu passt, dass sich der Rest Ihres Kommentars liest wie eine allgemeine Beschreibung des parkenden Verkehrs.

  14. 14.

    Zitat:"...insbesondere die Elektrifizierung der Carsharing-Flotten, aber auch ein besseres Angebot in den Außenbezirken." Beides lasse sich am besten über eine Sondernutzungserlaubnis mit entsprechenden Nebenbestimmungen für das Anbieten dieser Fahrzeuge fördern."

    Durch die Sondernutzungserlaubnis werden doch garantiert Kosten für die Carsharing-Firmen entstehen.
    Außerdem meine ich mich zu erinnern, dass ein Ausbau der Infrastruktur für Ladestationen gar nicht vorgesehen ist. Sinngemäß wurde gesagt, dass der Autoverkehr verringert werden soll.

    Die Außenbezirke werden auch zukünftig bei allem außen vor bleiben. Der ÖPNV wird weiterhin nur erreichbar sein, wenn man 1km läuft, für Carsharing-Firmen lohnt sich die Erweiterung nicht, da meist Privat-PKW vorhanden sind (siehe schlechter ÖPNV), Fahrräder sind an Bushaltestellen/Bahnhöfen über Stunden auch nicht sicher abgestellt.

  15. 13.

    Die CS-Anbieter nutzen den öffentlichen Parkraum für ihr Geschäftsmodell, insofern finde ich es nur fair, wenn sie dafür auch zur Kasse gebeten werden. Etwas anderes ist es, wenn sie ihren Fuhrpark auf dem eigenen Hof abstellen und dort anbieten, so wie es einige Verleiher auch tun. Wer den öffentlichen Raum nutzt um dort sein Geschäft zu betreiben soll dafür auch zahlen. Jeder Marktstand muss auch Gebühren bezahlen, wenn sein Ware auf öffentlicher Fläche anbietet. Ja sogar für Kinderfeste muss man Gebühren entrichten, auch wenn dort keine Einnahmen erzielt werden.

  16. 12.

    Wenn man in das Carsharinggesetz schaut, dann ist die Sondernutzung öffentlichen Straßenraums nur für stationsbasierte Carsharingfahrzeuge geregelt.
    Berlin bastelt sich also § 11a Berliner Straßengesetz und regelt mehr als das Carsharinggesetz.

    Nebenbei: Berlin hat zwar die Sondernutzung im Berliner Straßengesetz geregelt, aber das greift nicht für Bundesfernstraßen die in Berlin verlaufen (B1, B2, B5, B96/a), weil es in § 11 nicht ausdrücklich erwähnt ist (siehe §1 Berl. StrG). Deshalb könnte dort jeder Carsharinganbieter seine Autos ohne Erlaubnis anbieten, auch wenn Berlin eine Erlaubnis verlangen würde.

  17. 11.

    Was ist denn ihrer Meinung nach berichtenswert? Unfälle, Diebstähle, Krankheiten, Wohnungseinbrüche passieren auch alle naselang und sind deshalb schon normal.

  18. 10.

    Ich wohne zwar inzwischen außerhalb des S-Bahn-Rings und ich nutze auch kein Carsharing, aber rein von der Logik her, erscheint mir Carsharing gerade innerhalb des S-Bahn-Rings sinnvoll. Schließlich gibt es da längst nicht für jeden Bewohner eine Parkplatz. Trotzdem wohnen da vielleicht Leute, die mal was zu transportieren haben, ihre Verwandten außerhalb Berlins besuchen oder einfach mal ins Grüne fahren wollen. Wer nur ein- bis zweimal im Monat ein Auto braucht, ist damit sicher nicht schlecht bedient.

  19. 9.

    Das Problem am Carsharing ist, dass die Verfügbarkeit nicht garantiert ist und man daher nicht verbindlich planen kann, wie zum Beispiel beim klassischen Autoverleih. Man kann nur spontan entscheiden. Entweder ist gerade ein CS-Fahrzeug irgendwo in der Nähe, oder eben dummerweise gerade nicht. Damit fällt es als ernsthafte Alternative schon mal weg und es verbleibt am Ende die spontane Nutzung aus Bequemlichkeit. Meine Schätzung ist, dass dadurch eher noch mehr Verkehr erzeugt wird, weil man sich spontan gegen den ÖPNV entscheidet. Letztlich ist das ja auch Ziel der Anbieter, die wollen schließlich Profit machen. Deswegen gibt es das Angebot auch faktisch nur innerhalb des Rings, wo es eigentlich am unnötigsten ist.

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