Schweigegeld-Vorwürfe - Frankfurter Oberbürgermeister erwägt juristische Schritte gegen Recherche-Kollektiv

Do 05.10.23 | 15:34 Uhr
Frankfurts Oberbürgermeister René Wilke zu verstärkten Maßnahmen gegen das Corona-Virus
Audio: Antenne Brandenburg | 04.10.2023 | Michael Lietz | Bild: rbb

Nach Anschuldigungen des Rechercheteams "Correctiv" von Ende September, dass die Stadt Frankfurt (Oder) im Streit um sauberes Trinkwasser aus der Spree vom Braunkohlekonzern Leag "Schweigegeld" erhalten habe, erwägt Oberbürgermeister René Wilke (Linke) persönlich juristisch vorzugehen. Er sehe seine Glaubwürdigkeit auf ungerechtfertigte Art und Weise beschädigt und nennt den Correctiv-Bericht am Mittwoch gegenüber dem rbb "unanständig".

"Was mich wirklich auch menschlich berührt, ist, dass daraus eine solche Fokussierung auf meine Person geworden ist", sagt der Oberbürgermeister. "Denn zur Wahrheit gehört, dass ich so etwas gar nicht alleine machen darf und kann. [...] Ich will nicht verhehlen, dass Correctiv hier so weit gegangen ist, dass ich das erste Mal ernsthaft überlege, auch andere Seiten aufzuziehen."

5 Millionen Euro nach außergerichtlicher Einigung

Zum Hintergrund: Das Rechercheteam "Correctiv" unterstellt der Frankfurter Verwaltung nach einer Klage der Stadt und der Frankfurter Wasser- und Abwassergesellschaft (FWA) gegen das Energieunternehmen Leag, "Schweigegeld" bekommen zu haben. "René Wilke darf nie wieder öffentlich darüber sprechen, wie der Bergbau das Trinkwasser in seiner Stadt bedroht", heißt es in dem Artikel. Nach einer jahrelangen juristischen Auseinandersetzung hatten die Ämter Schlaubetal und Odervorland sowie die Stadt Frankfurt als Gesellschafter der FWA, der Aufsichtsrat der Frankfurter Wasser- und Abwassergesellschaft und der Hauptausschuss der Stadtverordnetenversammlung im Februar dieses Jahres einem außergerichtlichen Vergleich mit der Leag zugestimmt.

Frankfurt sah die Gefahr, dass über den Cottbuser Ostsee noch mehr Salz in die Spree gelangen könnte. Aus diesem wird Trinkwasser für die Region gewonnen. Mit dem Vergleich bekommt die Wassergesellschaft fünf Millionen Euro vom Bergbaukonzern, um ein Wasserwerk in Müllrose zu reaktivieren, um unabhängiger vom Spreewasser zu werden und die Trinkwasserversorgung im gesetzlichen Rahmen zu realisieren. Gleichzeitig darf nicht mehr behauptet werden, dass die Leag das Frankfurter Trinkwasser gefährde.

"Gelinde gesagt finde ich das skandalös"

Weil dann weniger Spreewasser gebraucht wird, sei die Sulfatbelastung tatsächlich geringer, sagt Michael Möckel am Mittwoch. Er sitzt für die CDU-Fraktion im Hauptausschuss der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung und reagiert ebenfalls mit Unverständnis auf die Correctiv-Vorwürfe. "Gelinde gesagt finde ich das skandalös, was da dem Oberbürgermeister und damit ja auch uns Stadtverordneten unterstellt wird, dass irgendeiner sich bereichert. Das ist absoluter Blödsinn. Das ist ein normales Tagesgeschäft."

Oberbürgermeister Wilke betont zudem, dass er dem Wohl der Stadt und seiner Einwohner verpflichtet sei. Darauf habe er den Amtseid geschworen. Nun aber würden ausgerechnet diejenigen, die gegen den Bergbaukonzern für sauberes Trinkwasser sogar vor Gericht gezogen seien, an den Pranger gestellt, so Wilke. "Dass wir jetzt - obwohl wir das seit Anbeginn alleine gemacht haben und sich niemand uns angeschlossen hat - jetzt die Bösen im Ganzen sein sollen, das erschließt sich mir nicht.“

An eine Klage nicht angeschlossen hat sich beispielsweise der Trink- und Abwasserzweckverband Calau. Seit über zehn Jahren hat der Verband für sein Wasserwerk in Lübbenau eine Ausnahmegenehmigung. Der Grenzwert für das Sulfat-Salz darf dort 400 statt 250 Milligramm pro Liter betragen, und damit fast doppelt so hoch sein, wie gesetzlich geregelt. Warum der Landkreis Oberspreewald-Lausitz nicht gegen den Verursacher klagt - die Frage ließ er, trotz Anfrage, bis zum Donnerstag unbeantwortet.

Sendung: Antenne Brandenburg, 04.10.2023, 15:40 Uhr

Mit Material von Michael Lietz

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