Interview | Mattes Schönherr neu im Deutschlandachter - "Wir haben das Potenzial, in die Fußstapfen zu treten"

Fr 08.07.22 | 06:05 Uhr
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Der neue Deutschlandachter (imago images/Sven Simon)
Bild: imago images/Sven Simon

Der Achter ist das Prestige-Boot des Deutschen Ruderverbands. Nach einem Umbruch sollen jetzt junge Leute das Ruder in die Hand nehmen. Einer von ihnen ist der Brandenburger Mattes Schönherr, der im Interview über seine neue Aufgabe spricht.

rbb: Herr Schönherr, der Deutschlandachter steht seit Jahren an der Weltspitze. Wie fühlt es sich an, jetzt mit an Bord zu sein?

Mattes Schönherr: Es ist eine große Ehre. Ich habe die letzten Jahre immer ein bisschen zum Achter hochgeguckt und daraufhin gefiebert, dass ich da auch irgendwann drinsitze. Als es dann soweit war, habe ich habe etwas gebraucht, um das zu realisieren. Ich dachte, es würde sich anders anfühlen und der Moment wäre etwas euphorischer. Aber es war dann gar nicht so besonders, weil man gleich dachte, dass es jetzt erst richtig losgeht und die Arbeit in einem ganz anderen Maße anfängt.

Das Ziel ist ja nicht nur in dem Achter zu sitzen, sondern man will dann auch erfolgreich sein. Und dann kam schnell die Lust, jetzt richtig durchzustarten und sich mit dem neuen Team etwas aufzubauen. Und dieses Gefühl ist bis jetzt bestehen geblieben und wird auch so weiter gehen.

Zur person

Der neue Schlagmann im Deutschlandachter Mattes Schönherr (imago images/Sven Simon)
imago images/Sven Simon

Geboren im Jahr 2000 im Brandenburgischen Hohen Neuendorf.

Begann seine Ruder-Karriere beim Ruder-Club Potsdam.

Holte im Achter 2017 Junioren-WM-Gold und 2018 nochmal WM-Bronze, bevor er im U23-Bereich Europameister und WM-Dritter wurde.

Im A-Kader wurde er gemeinsam mit Olaf Roggensack deutscher Meister im Zweier bei den Deutschen Kleinbootmeisterschaften 2022 (DKBM).

Nach den Olympischen Spielen in Tokyo 2021 hat sich der alte Achter bis auf zwei Ruderer aufgelöst. War Ihnen klar, dass nun Ihre Chance gekommen war?

Es wurde früh kommuniziert, dass viele von den Älteren nach Tokyo den Schlussstrich ziehen. Das war für uns Jüngere die große Chance. Fünf aus dem U23-Bereich wurden im Training hochgezogen und konnten sich präsentieren. Da hat man dann gleich gemerkt, dass da richtig Bock drinsteckt und wir dafür gebrannt haben. Da wurde viel investiert und wir haben schnell als Truppe zusammengefunden. Dann ging es über die üblichen Maßnahmen: Kleinbootüberprüfung, Ergo-Test auf der Langstrecke und Trainingslager. Danach wurde ein vorläufiger Achter festgelegt, der auch heute so besteht.

Sie kommen gebürtig aus Hohen Neuendorf in Brandenburg und haben Ihre Ruder-Karriere beim Ruder-Club Potsdam begonnen. Wie kamen Sie zu der Sportart?

Am Anfang habe ich eigentlich gar nichts mit Rudern zu tun gehabt. Die Sportschule in Potsdam hat dann in den Grundschulen Kinder gesichtet, die für das Rudern in Frage kommen. Da wurde vor allem nach der Größe geguckt und es gab ein paar sportliche Tests. Das habe ich alles bestanden und mich dann entschieden, es zu machen, weil ich Rudern als coole Sportart empfand und mir das Spaß gemacht hat. In den ersten Wochen hat sich dann schnell gezeigt, dass es die richtige Entscheidung war.

War der Deutschlandachter schon immer Ihr Traum?

Nein, das war früher gar nicht so absehbar. Aber bevor ich an der Sportschule eingeschult wurde, habe ich im Sommer 2012 das Olympia-Finale vom Achter in London im Fernsehen verfolgt. Da habe ich sehr mitgefiebert und fand es beeindruckend, wie es aussieht, wenn der Achter wie ein Uhrwerk oder eine Maschine davonrudert. Da wurde mir klar, dass ich das auf jeden Fall mal probieren will.

Jetzt sind Sie sogar zum Schlagmann geworden. Wie kam es dazu?

Das war mehr oder weniger Zufall. Eigentlich saß ich auf Sechs und Jasper Angl auf Schlag. Doch Jasper hat dann leider direkt vor unserer ersten Regatta Corona bekommen und es brauchte eine schnelle Ersatzlösung. Da hat mich der Trainer auf Schlag gesetzt und es war anscheinend ganz gut, was ich da gemacht habe und ich habe die Chance bekommen.

Bei Ihrem ersten großen Auftritt in Posen haben Sie gerade den Weltcup-Sieg geholt. Ist der neue Deutschlandachter leistungsmäßig schon wieder da, wo er vorher war?

Nein, es geht auf jeden Fall noch viel mehr. Das war ein erster großer Schritt, der gezeigt hat, dass wir international vorne mitfahren können. Aber wir brauchen noch viele tausende Kilometer, um richtig zusammenzufinden. Es soll alles wie automatisch laufen und da haben wir noch viele Baustellen. Trotzdem müssen wir uns nicht verstecken. In Luzern kommt jetzt mit Großbritannien der große Favorit für dieses Jahr auf uns zu. Das wird der Achter sein, der das Maß vorgibt. Da wird sich jetzt zeigen, wo wir im Vergleich stehen.

Der Weltcup in Luzern am Wochenende ist aber nicht nur wegen der Konkurrenz interessant, sondern ist auch die vielleicht berühmteste Regatta der Welt. Geht mit der Teilnahme ein Traum in Erfüllung und sind Sie aufgeregt?

Noch bin ich nicht aufgeregt, aber ich denke mal, das wird noch kommen, wenn da ein paar Boote mit großen Namen neben einem liegen. Man muss im Kopf versuchen, dann so klar wie möglich zu bleiben und das abzurufen, was man immer macht. Ich will dem Ganzen nicht zu viel Besonderheit verleihen, weil man sonst zu nervös werden könnte, um seine Leistung abzurufen. Aber ich würde nicht sagen, dass mit dem Start in Luzern ein Traum für mich in Erfüllung geht. Es kommt nicht auf den Ort, sondern auf die Gegner an.

In diesem Jahr steht auch noch die Europameisterschaft in München und im September die Weltmeisterschaft in Tschechien an. Was sind da die Ziele?

Ich traue uns zu, weitere Schritte nach vorne zu machen. Gerade weil wir noch so am Anfang stehen, eine junge Truppe sind und erst vor kurzem zusammengefunden haben. Direkte Ziele auszusprechen, fällt mir aber schwer. Wie müssen von Rennen zu Rennen gucken, wie wir uns schlagen. In Luzern wollen wir jetzt erstmal auf jeden Fall eine Medaille holen. Dann wird es wichtig, den Anschluss nicht zu verlieren und wettbewerbsfähig zu sein. Wir wollen, dass die anderen Achter den nötigen Respekt vor uns haben und wissen, dass wir was draufhaben und vorne mitmischen können. Dann werden wir sehen, wofür es reicht und wohin wir uns dieses Jahr noch entwickeln können.

Verspüren Sie einen besonderen Druck und eine hohe Erwartungshaltung, weil der Deutschlandachter in der Vergangenheit immer so erfolgreich war?

Von außen auf jeden Fall schon, aber wir versuchen so realistisch wie möglich zu denken und zu gucken, wo wir wirklich hinkönnen. Natürlich versuchen wir uns immer die höchstmöglichen Ziele zu setzen, aber trotzdem muss man im Rahmen seiner Möglichkeiten bleiben. Wir können da nicht so rangehen, als würden wir einfach alles weiter in Grund und Boden fahren, so wie es der Deutschlandachter die letzten Jahre gemacht hat. Aber ich denke schon, dass das Potenzial dafür da ist, in die Fußstapfen zu treten und weitere Medaillen zu holen.

Schauen Sie mit einem Auge schon nach vorne auf die Olympischen Spiele 2024 in Paris?

Ein langfristiges Ziel ist das auf jeden Fall. Das hat man immer im Hinterkopf und ist so das große Ganze, für das man das alles macht. Jeder will einmal in seinem Leben bei den Olympischen Spielen starten und dort wenn möglich auch erfolgreich sein. Es ist das große Ziel und die ganzen kleinen Zwischenziele sind die Bausteine auf dem Weg dorthin.

Das Interview führte Lukas Witte, rbb Sport.

Sendung: rbb24 Inforadio, 06.07.2022, 16:15 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Geiler Typ dieser Mattes Schönherr !

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