Vor der Synchron-Eiskunstlauf-WM - Wie Bob, nur anders

So 26.03.23 | 22:08 Uhr | Von Ilja Behnisch
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Das "Team Berlin 1" (imago images/Sebastian Wells)
Video: rbb24 Abendschau | 27.03.2023 | Torsten Michels | Bild: imago images/Sebastian Wells

In Finnland und Schweden gilt Synchron-Eiskunstlauf als die populärste Disziplin der Sportart. In Deutschland hingegen fristet der Team-Wettbewerb ein Nischendasein. Und das, obwohl das "Team Berlin 1" Weltklasse liefert. Von Ilja Behnisch

Es klingt wie ein Bob-Schlitten: "Team Berlin 1". Und tatsächlich, der Untergrund stimmt, "Team Berlin 1" ist auf Eis unterwegs. Doch da enden die Parallelen auch schon, denn statt in den Eiskanal geht es ins Oval.

Synchron-Eiskunstlauf heißt die Sportart dieser Mannschaft, die ab dem 31. März für Deutschland an der Weltmeisterschaft im amerikanischen Lake Placid teilnimmt und bei der es - Nomen est omen - vor allem um die Synchronität der zwölf bis 20 Läufer und Läuferinnen geht.

Synchron-Eiskunstlauf ist die fünfte und jüngste Disziplin im Eiskunstlauf. Ihre Wurzeln hat sie im Nordamerika der 1950er Jahre, mit Ende der 1970er wurden erste internationale Wettkämpfe abgehalten.

Die beinhalten ein Kurzprogramm mit vorgeschriebenen Elementen wie "Reihe", "Kreis" oder "Kreuzen" und eine Kür. Die Teams bestehen dabei international aus 16 Läuferinnen und Läufern, vier davon dürfen laut Reglement Männer sein. Das allerdings kommt nur selten vor.

Auch "Team Berlin 1", 27-maliger deutscher Meister in Folge, tritt seit einigen Jahren ohne Herren an. Es gebe einfach "keine Bewerber mehr", sagt der Berliner Erfolgs-Coach Gert Hofmann.

Hilfe aus dem Friedrichstadt-Palast

Vielleicht ist das aber auch ganz gut so, sein Job ist schließlich schon kompliziert genug. Mit Männern käme eine "andere Größe, andere Kraft, andere Denke" hinzu, so Hofmann. Die holt sich "Team Berlin 1" nun lieber von außen und insbesondere in Person von Samuel Maxted.

Der Australier ist ausgebildeter Tänzer, zählt zum Ensemble des Friedrichstadt-Palasts. Dort sah ihn im vergangenen Jahr auch das "Team Berlin 1" tanzen. Es war Liebe auf den ersten Blick. Die Mannschaft schrieb Maxted auf Social Media an, lud ihn zum Training ein, um ihm "zu zeigen, wie sehr er sie inspiriert habe", so der 32-Jährige.

Aus gegenseitiger Wertschätzung wurde schnell eine Zusammenarbeit. Ein bis zwei Mal die Woche kümmert sich der Tänzer seither um alles, was den Kopf und Oberkörper und damit Ausdruck und Emotionen anbelangt. "Es ist so gut, jemanden so Guten zu haben. Der uns jedes Mal wieder pusht und motiviert", sagt Synchronläuferin Luisa Gracia.

Zur Weltspitze fehlt ein Stück

Es geht schließlich um absolute Kleinigkeiten, es ist eine Sportart für Perfektionisten. Synchronläuferin Johanna Beck sagt: "Das Schwierigste ist, dass es 16 Läuferinnen sind, die das alles unter einen Hut kriegen müssen." Ihre Team-Kollegin Selina Thomalla sagt: "Wichtig ist, ein Team-Gefühl zu entwickeln. Und das kommt nur über das Jahr."

Nun, eine Woche vor dem Saison-Höhepunkt Weltmeisterschaft, geht es nur noch um Kleinigkeiten, winzige Änderungen bei Hand- und Kopfbewegungen. Dann entscheidet die Tagesform.

Für einen Platz ganz vorn wird es aller Voraussicht nach nicht reichen. Dafür ist die internationale Konkurrenz zu stark. Die USA, Kanada, Finnland und Schweden sind eine Klasse für sich. Keine Wunder, so Berlins Trainer Hofmann, schließlich trainiere sein Team eineinhalb Stunden am Tag. In Finnland stünden dem schonmal neun Stunden gegenüber.

Ein Auftritt von "Team Berlin 1" aus dem Jahr 2023

Ziel: Top 10

Umso stärker ist Platz sieben bei der WM in Kanada im vergangenen Jahr einzuschätzen. Die besten Länder dürfen zwei Teams in den Wettbewerb schicken. In den Top 10 zu landen ist allein schon deshalb außergewöhnlich. Doch Erfolg macht hungrig.

Deshalb wollen sie ihren siebten Platz verteidigen bei "Team Berlin 1". Auch wenn Coach Hofmann sagt: "Du kannst auch auf einem zweistelligen Platz landen und trotzdem einen tollen Wettkampf abgeliefert haben." Und zumindest das würden sie beim Bob-Sport wohl ebenso sehen.

Sendung: rbb24, 26.03.2023, 18 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch

2 Kommentare

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  1. 1.

    Für Leute die in den Medien das Wort Klimawandel nicht mehr hören können sind solche Abwechselungen genau richtig. Man will sich nicht „schuldig“ fühlen, allein deshalb weil man DA ist.

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