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Audio: Antenne Brandenburg | 16.02.2022 | Sascha Erler | Quelle: rbb/Erler

Neue Rekord-Inzidenz

Gesundheitsämter Spree-Neiße und Cottbus hängen mit Corona-Aufgaben hinterher

Seit Tagen steigt die Corona-Inzidenz im Spree-Neiße-Kreis, am Mittwoch hat der Wert einen neuen Rekord erreicht. Im Gesundheitsamt stehen die Telefone kaum still. Immerhin blinken sie inzwischen stumm. Doch der Stress bleibt. Von Sascha Erler

Bis zu 100 Anrufe schafft Bianca Schimmank am Tag. Sie ist eine der sogenannten Scouts, also Zeitarbeiter, die durch die Pandemie ins Gesundheitsamt Spree-Neiße in Forst gekommen sind. Stress ist sie durch die Arbeit in anderen Callcentern gewohnt. Für einen Corona-Infizierten mit einer Kontaktperson braucht sie am Telefon fünf Minuten, bei mehreren Kontakten bis zu 20.

Sie und ihre Kollegen im Gesundheitsamt haben aktuell besonders viel zu tun, denn die Inzidenz im Spree-Neiße-Kreis ist so hoch wie seit Pandemiebeginn nicht. Am Mittwoch meldet das Robert-Koch-Institut einen Wert von 1.456,5 [kkm.brandenburg.de].

Zwei Tage hinkt der Landkreis momentan bei der Bescheiderstellung hinterher - sowie einen Tag, bis Corona-Infizierte einen Anruf vom Gesundheitsamt bekommen.

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Anrufer ins Chefsekretariat umgeleitet

Alle verfügbaren Mitarbeiter sind eingesetzt, sagt Gesundheitsdezernent Michael Koch. "Wir haben noch eine Vogelpest, wir haben die Afrikanische Schweinepest und wir haben die Pandemie." Die Stammbelegschaft des Gesundheitsamtes reicht dabei nicht aus.

Der Landkreis hat deshalb 16 Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeiter eingestellt. Dazu helfen 20 Soldaten der Bundeswehr aus, am Mittwoch ist sogar die Sekretärin des Chefs eingesprungen. "Die Kapazität reicht nicht, deshalb werden derzeitig auch viele Anrufe in mein Sekretariat umgeleitet", sagt Koch.

Telefonklingeln verfolgt Mitarbeiter in den Schlaf

Gerade wegen der Pandemie können nicht alle Beschäftigten auf einem Haufen sitzen. Sie sind auf mehrere Standorte verteilt, auch das Ausbildungszentrum für Brand- und Katastrophenschutz in Forst wird auf mehreren Etagen genutzt. "Die oben beschäftigen sich hauptsächlich mit den Einrichtungen wie Kitas, Schulen, etc. und hier unten geht es mehr um die Privatpersonen", erklärt Sebastian Jähnich, der die Bundeswehrkräfte im Haus koordiniert. Durch Plexiglas getrennt sitzen sie um einen großen Tisch und tippen konzentriert in ihre Computer.

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In einem Raum im oberen Stockwerk gibt es mehr Trubel, dort laufen die sechs Bürgerhotlines auf. An einem sitzt Bianca Schimmack. "Dann wünsche ich ihnen gute Besserung und trotzdem noch einen schönen Tag", sagt sie und legt auf. Florian Leidel am Schreibtisch gegenüber ist eigentlich bei der Bußgeldstelle in Neuhausen (Spree-Neiße), hilft aber seit einem guten Jahr in Forst aus. Seitdem habe es Abende gegeben, an denen er die Telefone noch hören konnte, obwohl er schon zu Hause war.

"Momentan haben wir nur die Blinkanlage an. Wenn es die ganze Zeit hier geklingelt hat, kam man nach Hause und konnte nicht schlafen, weil man das Klingeln noch gehört hat."

Das Überstundenkonto ist bei allen im Gesundheitsamt Spree-Neiße mehr als voll, aber Florian Leidel will bleiben. "Ich könnte ja hier jederzeit weggehen. Aber wenn man die Bürger am Telefon hat, sie sich freuen, dass sie durchkommen und man ihnen helfen konnte, dann gibt einem das ja auch irgendwas."

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Herausforderungen durch Impfpflicht

Der Spree-Neiße-Kreis umschließt die Stadt Cottbus, die mit einer Inzidenz von 1.468 am Mittwoch fast den gleichen Wert meldet. Und auch dort ist das Gesundheitsamt durch die Omikron-Welle stark belastet.

Wegen der Vielzahl der Corona-Infektionen hänge man bei der Nachverfolgung und Ermittlung des Infektionsgeschehens aktuell etwa vier Tage zurück, heißt es auf rbb-Nachfrage. Und das, obwohl auch dort die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Unterstützung aus anderen Verwaltungsbereichen und durch die Bundeswehr haben.

Wann die Arbeit wieder weniger werden wird, ist unklar. Eine große Herausforderung für die Gesundheitsämter werde die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Personal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen ab Mitte März, sagt Spree-Neiße-Gesundheitsdezernent Michael Koch. So sollen die Ämter entscheiden, wie mit Mitarbeitern ohne den vorgeschriebenen Corona-Impfschutz umgegangen werden soll.

"Die Gesundheitsämter haben ein Ermessen bei der Umsetzung der Maßnahmen", heißt es nach Informationen der Deutschen Presseagentur dpa im Beschlusstext nach dem Treffen von Bund und Ländern am Mittwoch. "Ein Betretungsverbot stellt die letzte Stufe dar. Daher wird es nicht sofort flächendeckend automatisch zu derartigen Betretungsverboten kommen."

Sendung: Antenne Brandenburg, 16.02.2022, 15:40 Uhr

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