Interview | Wirtschaftswissenschaftler Ferdinand Dudenhöffer - "Elon Musk wird versuchen, die holprige Produktion zu verbessern"

Fr 22.07.22 | 09:22 Uhr
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Elektrofahrzeug vom Typ Model Y stehen in der Tesla-Fabrik Berlin Brandenburg auf einem Band. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 21.07.2022 | O-Ton: Ferdinand Dudenhöffer | Bild: dpa/Patrick Pleul

Tesla hat im zweiten Quartal des Jahres einen Gewinn von umgerechnet rund 2,25 Milliarden Euro erzielt. Das ist doppelt so viel wie im Vorjahresquartal, lag aber unter den Erwartungen von Analysten. Der Wirtschaftswissenschaftler Ferdinand Dudenhöffer erklärt die Gründe für diese Entwicklung.

rbb: Tesla hat im vergangenen Quartal seinen Umsatz auf 16,9 Milliarden Dollar im Jahresvergleich gesteigert. Gleichzeitig sorgen Materialmangel und Lieferengpässe weiterhin für Probleme. Wie ist die Umsatzsteigerung zu erklären?

Ferdinand Dudenhöffer: Die Umsatzsteigerung ist deshalb zu erklären, weil Tesla im ersten Quartal 2022 und im vierten Quartal 2021 deutlich höhere Fahrzeugauslieferungen und -verkäufe gehabt hat. Tesla ist dann anschließend gewachsen. Neue Werke sind in Grünheide und in Austin, Texas dazugekommen.

Und damit ist das, was im zweiten Quartal erreicht worden ist, ein deutlicher Rückschritt. Denn diese neuen Kapazitäten waren nicht ausgelastet gewesen. So war ein Punkt sicherlich der Hochlauf und die schlechte Performance am Anfang vom Werk in Grünheide (Oder-Spree).

Firmenchef Elon Musk geht dennoch davon aus, dass das zweite Halbjahr 2022 "neue Rekorde" bereithalten wird. Als Grund nannte er unter anderem die anlaufende Produktion in Grünheide. Ist das realistisch?

Elon Musk geht mit hohem Druck voran und wird versuchen, die holprige Produktion, die er in Grünheide aber auch in Austin, Texas hatte, zu verbessern. Das ist nicht einfach, da hat er große Pläne. Ob die ganz erfüllt werden, wissen wir nicht. Aber das zweite Halbjahr sieht vom Umfeld deutlich besser aus.

So hat sich die Halbleiter-Situation auf den Weltmärkten verbessert. Hinzu kommt, dass die Werke in Grünheide und Austin Stück für Stück ein bisschen stärker werden. Damit schafft er es nach meiner Einschätzung wieder Anschluss an das erste Quartal oder das vierte Quartal im letzten Jahr zu kriegen.

Wobei das noch nicht sein Endziel sein kann. Denn da ist noch weiterhin viel Luft nach oben. Das heißt, die Produktionen könnten deutlich stärker sein, wenn die Werke geschmiert laufen würden.

Im Mai hatte Elon Musk die Fabriken in Grünheide und Austin noch als "gigantische Geldverbrennungsöfen" bezeichnet. Woher kommt diese rhetorische Kehrtwende?

Im zweiten Quartal lief die Produktion sehr schlecht. So lagen die Kosten pro Fahrzeug im Schnitt bei fast 40.000 US-Dollar und im ersten Quartal noch bei 35.000 US-Dollar. Diese 5.000 Dollar-Differenz kam dadurch zustande, dass große Investitionen gemacht worden und große Kosten in Grünheide und in Austin entstanden sind, aber die Fahrzeuge dort nicht produziert worden sind.

Musk wird nun versuchen, aus dieser Kostenklemme herauszukommen. Denn nur dann wird er seine ganz großen Ziele erreichen. Aber das zweite Halbjahr wird ihm zusätzlich Wind geben, wie übrigens allen Autobauern, da es weniger negative externe Einflüsse gibt.

Der Absatz der Teslas in Deutschland ist rückläufig. Dennoch geht Musk davon aus, dieses Jahr rund 50 Prozent mehr Autos auszuliefern als 2021. Ist das Wunschdenken?

Es ist schon ein ambitioniertes Ziel. Es ist so, dass die deutschen Verkäufe eben halt schlecht waren, weil schlecht produziert worden ist. Auch in Shanghai, wo ja durch die Lockdowns die Fabrikation unterbrochen war. Von daher hätte der Markt sicherlich mehr Fahrzeuge aufnehmen können, wenn mehr Fahrzeuge produziert worden wären. Deshalb sind seine Verkaufszahlen in Deutschland überschaubar. Das wird sich sicherlich wieder ändern.

Grundsätzlich gilt aber, dass Tesla nur anderthalb unterschiedliche Fahrzeuge hat. Das große Model S und Model X - dieser große SUV, die werden kaum verkauft. Der Verkauf konzentriert sich auf das Model 3 und dieses Model Y. Das ist ein Risiko, mit nur anderthalb Modellen in den Verkauf zu gehen. Denn wenn eines dieser Modelle oder dieses Segment schwächelt, dann wird es schwer.

Wir kommen zudem aus einer Lieferkrise in eine Nachfragekrise. Denn die Kunden sehen Preiserhöhungen bei den Energiekosten, werden dann vorsichtiger beim Autokauf und das wird auch Tesla spüren.

Das Interview führte Martin Krauß, rbb Studio Frankfurt

Sendung: Antenne Brandenburg, 21.07.2022, 16:30 Uhr

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8 Kommentare

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  1. 8.

    Man hat das Industriegebiet vor Tesla an der Stelle überplant, weil es verkehrsgünstig liegt. In den letzten 2 3/4 Jahren haben zwar viele ähnliche Grundgedanken wie Sie gehabt, aber keine Alternative vorschlagen können. Dass in einer Kiefernmonokultur nicht viel zerstört werden kann, konnte man übrigens im Planfeststellungsverfahren lernen.

  2. 7.

    Verstehe nur noch nicht, warum man überhaupt erst Wald entfernen muss, um ihn dann an anderer Stelle - oder vielen anderen Stellen - neu anzupflanzen - macht m.E. nur wenig Sinn, oder?
    Warum hat man denn die Fabrik nicht gleich dorthin gebaut, wo kein Wald gerodet werden muss und wo sich die Umweltzerstörung in Grenzen hält?

  3. 6.

    Erzählen Sie mehr zum Goldenen Geier. Die Nominierungsphase ist bei der DUH jedenfalls noch nicht abgeschlossen. Sie geben sich allerdings große Mühe, diesen Preis zu erhalten. Hier sind es die angeblich "natürlichen Wälder". Zusammen mit Ihrer älteren Behauptung z.B. zum klimaschädlichen Einfluss von WKA und PV wären Sie ganz vor mit dabei, agitieren Sie doch massiv gegen die Interessen der DUH wie "Als größter Emittent in Europa muss Deutschland die Zulassung neuer Pkw mit Verbrennungsmotor zum 1.1.2025 beenden". Damit stehen Sie im fundamentaler Opposition zu deren Interessen in Bezug auf die Energiewende.

  4. 5.

    Ob nun "Anwohner von Irgenwas" oder "Karl-Marx-Stadt", wem möchten Sie denn hier, ob seiner Herkunft, Wissen oder gar Kompetenzen absprechen...

  5. 4.

    "Wir verpflichten uns daher, gemeinsam daran zu arbeiten, den Waldverlust und die Landverödung bis 2030 zu stoppen und umzukehren, während wir gleichzeitig eine nachhaltige Entwicklung fördern und eine integrative Transformation des ländlichen Raums fördern." Die Verpflichtung einzuhalten, ist hierzulande seit Jahrzehnten gelebte Praxis, weil die Eingriffe ausgeglichen werden müssen. Auch für die Fabrik im Industriegebiet Freienbrink-Nord wurden deshalb ein Mehrfaches an Mischwäldern neu angelegt wie auch als Genehmigungsauflage bekanntlich Monokulturen umgebaut werden müssen. Mit Ihrer Grundsatzdiskussion sind Sie als Anwohner von Irgendwas in nach eigenen Angaben "Karl-Marx-Stadt" allerdings spät dran wie Sie ja auch schon RBB-Berichte zu den Neuauforstungen als falsch dargestellt haben.

  6. 3.

    Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) möchte dieses Jahr erneut die "dreisteste Umweltlüge des Jahres" mit dem Schmähpreis "Der Goldene Geier" auszeichnen. Tesla scheint Topfavorit zu sein, diesen Preis im September verliehen zu bekommen. Während der letzten 2 Jahre war der Konzern stets bemüht den Klimawandel zu forcieren, indem er in Freienbrink einen natürlichen Wald in eine trostlose, graue, geierfreundliche Betonwüste umwandelte. Zum Erhalt des wüstenhaften Charakters entzieht Tesla zusätzlich der Region Unmengen an Wasser, das der hiesigen Bevölkerung verlorengeht. Als Folge dieser Wasserverschwendung wird demnächst deren Wasserverbrauch begrenzt.
    Täglich sollen in Zukunft dem Geiernest über 1000 Geierlein entschlüpfen, die gemeinsam dafür sorgen werden, dass weitere Grünflächen für die nach Strom gierenden Tesla-Monster geopfert werden. Unsere Politiker bereiten uns verbal außer auf Wasserrationalisierung auch auf Strom- und Gasbeschränkungen vor, was Geier eher positiv sehen.

  7. 2.

    "… Produktionen könnten deutlich stärker sein, wenn die Werke wie geschmiert laufen würden."
    Für Austin mag das eventuell noch zutreffen, das Werk in Grünheide dagegen ist von Anfang an ein totgeborenes Kind.
    Wie mit einer LKW-Ladung Schutt und Sondermüll wurde das Werk in Grünheide in ein Landschafts- und Wasserschutzgebiet gekippt.
    Ein Experiment, welches infolge voreiligen und unüberlegten Handelns der politisch Verantwortlichen ganz klar zum Scheitern verurteilt ist.
    Die fehlende Infrastruktur kann nur durch massiven Zukauf weiterer Waldflächen und deren Umwandlung und Versiegelung realisiert bzw. kompensiert werden.
    Allerdings muss man sich auch hier im Klaren sein, dass ein erneuter weiterer Eingriff ins Landschaftsschutzgebiet ein gezielter Affront gegen die Klimakonferenz in Glasgow ist, wo man sich doch noch vor Kurzem zumindest in der Sache einig war, dass keine weiteren und vor allem zusammenhängende Waldflächen mehr gerodet werden sollen.

  8. 1.

    Was Herr Dudenhöffer nicht im Blick hat, ist die Fertigungstiefe in Grünheide. Viele Teile wie Akkus und Motore werden noch aus China zugeliefert. Der Lockdown dort beschränkte sich nicht nur auf das Werk, sondern auch den Hafen. Die Chipkrise ging weitgehend an Tesla vorbei. Ihm ist auch entgangen, dass auch Tesla die Preise deutlich erhöht hat. Dabei berücksichtigt er nicht, dass die Kosten für Rohstoffe auch für Tesla massiv gestiegen sind. Das Werk im Industriegebiet Freienbrink-Nord wird sich aber dennoch daran messen lassen müssen, ob die Produktionsrate von zuletzt 1.000 Fahrzeugen pro Woche bis Jahresende auf die angekündigten 5.000 gesteigert werden kann. Wie bei fast allen E-Autos besteht ein sehr großer Lieferstau.

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