Fischsterben im Grenzfluss - Zahl der Touristen an der Oder geht nach Umweltkatastrophe deutlich zurück

Do 18.08.22 | 18:24 Uhr
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Eine Fahrradfahrerin ist auf dem Oder-Neiße-Radweg unterwegs. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 18.08.2022 | Ellen Russig | Bild: dpa/Patrick Pleul

Nach dem massenhaften Fischsterben bleiben viele Touristen der Oder fern. Fahrradwege werden kaum genutzt, der Angel- und Kanutourismus leidet. Auch der Nationalpark Unteres Odertal ist davon betroffen - doch es gibt etwas Hoffnung.

Das massive Fischsterben in der Oder wirkt sich auch auf den Tourismus in der Region am Fluss aus. Es sind deutlich weniger Tagesausflügler unterwegs, wie die Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Seenland Oder-Spree, Ellen Russig, dem rbb sagte.

"Ich bin mir sicher, dass das eine Auswirkung hat. Die Leute sind vorsichtig, es geht ja um Giftstoffe", sagte Russig. Eine Woche lang hätten die Touristen die schlechten Nachrichten gehört und nicht verstanden, was los sei. "Das macht was mit den Leuten, so dass sie sagen: 'Wir lassen es'. Urlaubsentscheidungen sind immer Wohlfühlentscheidungen", so Russig.

Auch der bei Radfahrern beliebte Oder-Neiße-Radweg werde kaum genutzt, sagte die Geschäftsführerin des Tourismusverbandes. Der sei eigentlich "ein starkes touristisches Produkt", doch viele Touristen würden nicht entlang eines Flusses fahren wollen, in dem eine Umweltkatastrophe stattfindet.

Bürgermeisterin: "Es stinkt in Schwedt nicht"

Im Tourismusverband ist auch der besonders betroffene Landkreis Märkisch-Oderland, der auf einer Länge von rund 80 Kilometern an der Oder zur Grenze nach Polen liegt. Besonders Angel- und Kanutourismus würden dort längerfristig leiden, glaubt Russig. Die Saison sei ohnehin schon nicht optimal gelaufen, weil die Touristen im Vorfeld der steigenden Energiekosten auch im Urlaub nicht so viel Geld ausgeben.

Mehr als 70.000 Touristen besuchten nach Angaben des Statistikamts Berlin-Brandenburg den Landkreis Märkisch-Oderland in der ersten Jahreshälfte. Etwa 120.000 waren es in der Uckermark und ca. 175.000 in Oder-Spree.

Die Bürgermeisterin von Schwedt in der Uckermark, Annekathrin Hoppe (SPD), wolle trotz allem Touristen nach Schwedt einladen, sagte sie dem rbb. Der Tourismus in Schwedt werde direkt nicht beeinträchtigt. "Es stinkt in Schwedt nicht, es gibt keine toten Fische in der Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße". Die Stadt Schwedt liegt direkt an der Wasserstraße, die mit der Oder verbunden ist.

Nationalparkleiter: "Kein Urlaub am Giftfluss“

Weiter nördlich an der Oder im Nationalpark Unteres Odertal herrscht Flaute, wie Dirk Treichel, Leiter des Nationalparks Unteres Odertal, sagt: "Wenn man mit Touristikern in der Region spricht, gibt es ganz viele Absagen und Stornierungen. Die Leute wollen keinen Urlaub machen an einem Giftfluss". Er befürchte, dass die Situation längere Zeit nachwirken werde, sagt Treichel.

Mittlerweile ist die zerstörerische Oder-Welle auch am Nationalpark vorbeigezogen. Nach dem Einsammeln von Tonnen toter Fische sieht der Leiter Zeichen der Hoffnung: "Meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben aktuell immer noch Jungfische beobachtet, auch in der Oder", so Treichel. Man habe Schwärme von kleinen Rotfedern und auch überlebende Muscheln beobachtet.

Touristiker in Polen auch betroffen

Auch auf der polnischen Seite der Oder leidet der Tourismus. "Ich hatte immer volle Auftragsbücher, auch für das vergangene lange Wochenende. Doch alle haben storniert. Ich habe 50 Kajaks und 8 Motorboote. Alle storniert", sagte ein polnischer Inhaber eines Bootsverleihs an der Oder dem rbb.

Betroffen seien auch Firmen, die Kiosks oder Gaststätten an der Oder betreiben, sagte der Wirtschaftsjurist Marek Jaroszewicz dem rbb. "Wenn man den Naturkatastrophenzustand könnten diese Unternehmer wenigstens Entschädigungen beantragen", das sei aber bisher nicht der Fall. Viele Unternehmer wollen deswegen per Sammelklage Entschädigungen vom polnischen Staat einfordern.

Sendung: Antenne Brandenburg, 18.08.2022, 12 Uhr

3 Kommentare

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  1. 3.

    Die Auswirkungen auf den Tourismus lassen sich eigentlich nicht genau abschätzen. Die oben genannten Zahlen von Touristen aus der amtlichen Statistik erfassen nur einen Teilbereich der Tourismusaktivität. Denn dort fließen nur Übernachtungen aus Betrieben mit mehr als 10 Betten bzw. Campingplätzen mit mehr als 10 Stellplätzen. Viele Ferienwohnungen und Pensionen fallen gar nicht darunter. Der Tagestourismus wird gar nicht systematisch und nur punktuell erfasst.

  2. 2.

    Der Landkreis LOS hat seine Verfügung (Bade- und Angelverbot) auf den Bereich Schleuse bis Beeskower Straße ausgeweitet. Warum erst ab 19.08. muß man nicht nachvollziehen.
    BIWAPP 18.08. ; 18:08

  3. 1.

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    die Info, dass kein Gift in den Oder-Spree-Kanal in Eisenhüttenstadt eingedrungen sei, kann nicht stimmen! Auch hier im Oder-Spree-Kanal sowie dessen Nebenarmen seit heute nur noch tote Fische! Es ist eine Schande! Wobei ich nicht weiß, was schlimmer ist - die Katastrophe als solche oder dass keinerlei Info oder Absperrungen angebracht wurden. Ganz zu schweigen davon, dass jemand die toten Fische abschöpft. Hier angeln noch Kinder am Kanal! Bitte informieren Sie!

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