Geschäftsführerin tritt zurück - Brandenburger AWO streitet über Vorwürfe von Vetternwirtschaft

Sa 01.10.22 | 10:39 Uhr
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Anne Baaske.(Quelle:Daniel Gaesche)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 30.09.2022 | M. Woller / D. Gaesche / N. van Capelle | Bild: Daniel Gaesche

Nach ihrer Ankündigung zurückzutreten, hat die Chefin der Brandenburger AWO Baaske erneut schwere Vorwürfe gegen einzelne Verbände erhoben. Diese weisen Kritik zurück. Inzwischen hat sich auch der Bundesvorstand zu den Vorgängen geäußert.

Nach dem angekündigten Rücktritt der Geschäftsführerin des AWO-Landesverbandes Brandenburg, Anne Baaske, rumort es weiter innerhalb der Arbeiterwohlfahrt.

Baaske erhob am Freitag erneut schwere Vorwürfe gegen AWO-Kreis-und Bezirksverbände. Im vergangenen Jahr seien Abweichungen von den Vorgaben für die Organisationsführung festgestellt worden, sagte sie. So sollen in der Führungsebene familiäre Verbindungen verschleiert worden sein. Bei Nachfragen hätten betroffene Stellen die Zusammenarbeit verweigert, kritisierte Baaske. "Ich musste feststellen, dass es nicht möglich ist, die verbandsinternen Kontrollmechanismen durchzusetzen", so Baaske gegenüber dem rbb.

"Prüfmaßnahmen blockiert"

Bereits am Donnerstag hatte Baaske in einer schriftlichen Erklärung ihren Rücktritt angekündigt. Demnach sei ihre Entscheidung dadurch ausgelöst worden, dass "ordnungsgemäße Prüfmaßnahmen in AWO-Kreisverbänden seit dem Frühjahr 2021 massiv blockiert und verhindert werden", heißt es in ihrem Schreiben. Bei der Aufklärung sei nicht kooperiert, die Einsichtnahme in Akten verweigert worden.

Auf sie und andere, die die Prüfungen angestoßen hätten, sei Druck ausgeübt worden, ergänzte Baaske am Freitag. "Das ist eine Sache, die macht mich fassungslos", so die langjährige Geschäftsführerin des AWO-Landesverbandes Brandenburg. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung gegen den Bezirksverband Brandenburg Ost.

Kreisverbände dementieren Anschuldigungen

Seit Jahren rumort es in der Brandenburger AWO. Der Bezirksverband Potsdam hat sich schon vor Jahren vom Landesverband mit der Geschäftsführerin Baaske losgesagt. Am Freitag wurde bekannt, dass auch der Bezirksverband Süd sich zurückziehen will. Auch im Bezirksverband Ost gibt es Streitereien zwischen Baaske-freundlichen und -skeptischen Kreisverbänden. In einer Stellungnahme mehrerer Baaske-skeptischer Kreisverbände ist von "willkürlich eingeleiteten Prüfverfahren und massiven Einschüchterungen" durch Baaske die Rede.

Der Kreisverband Eberswalde, gegen den Baaske Vorwürfe erhob, verwahrte sich dagegen: "Die Vorwürfe gegen unseren Kreisverband sind gelogen", sagte Barbara Bunge, Vorsitzende des Kreisverbands Eberswalde, dem rbb am Freitag. "Es gab einen Zwischenbericht von Prüfern des Bundesverbandes, die keine Beanstandung in den vorgeworfenen Punkten ergeben hat."

Der AWO-Kreisverband Bernau reagierte am Freitagabend auf Baaskes Aussage, dass es "Druck, Drohungen und Angriffe auf die Reputation der Prüfer:innen" gegeben" habe. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es: "Drohungen und Angriffe auf die beteiligten Personen hat es nicht gegeben. Frau Baaske lässt bewusst offen, welche Drohung und welche Angriffe auf die Reputation vorgelegen haben soll."

Bundesverband weist Kritik zurück

Inzwischen hat sich der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) zu den Vorgängen im Brandenburger Landesverband geäußert. In einer Mitteilung vom Samstag heißt es, man wolle die Problemlage gemeinsam mit allen beteiligten Personen und Verbänden überwinden. Dazu würden die Konflikte zwischen den verschiedenen AWO-Verbänden in Brandenburg geprüft und unter Berücksichtigung der internen Regelungen beurteilt. Erst danach werde über notwendige und verhältnismäßige Konsequenzen entschieden.

Kritik an seinen internen Maßstäben wies der Bundesverband zurück. Der AWO-Governance-Kodex werde stetig evaluiert und bei Bedarf weiterentwickelt, hieß es. Öffentlich geäußerte kritische Stimmen seien nicht nachzuvollziehen.

Sendung: Inforadio, 30.09.2022, 19:10 Uhr

Mit Material von Nico van Capelle

11 Kommentare

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  1. 11.

    Das ist kein Geheimnis und dafür braucht es auch keine Spatzen. Es ist richtig, dass in Eberswalde die Mutter der Geschäftsführerin von 2016 bis 2021 unter Einhaltung aller Regularien der Arbeiterwohlfahrt ein Mitglied des Vorstandes gewesen ist. Auch dazu hat der Bundesverband bereits Prüfungen durchgeführt. Es konnte kein Fehlverhalten festgestellt werden, gefasste Beschlüsse haben nicht zu einem Nachteil des Verbandes bzw. zu einer Bevorteilung der Geschäftsführerin oder der Mutter geführt. Auch ohne die Stimmen der Mutter bzw. der Geschäftsführerin wären alle Beschlüsse gefasst worden. Anne Baaske und Kati Karney kennen das Prüfergebnis, halten die Lüge jedoch weiter Aufrecht. Und ähnlich verhält es sich mit sämtlichen Vorwürfen, die gegenüber den anderen Mitgliedsverbänden formuliert werden... um von dem eigenen Fehlverhalten abzulenken. Das ist erbärmlich.

  2. 10.

    Uiuiui... Franziska. Wer wird denn da so unvorsichtig. Es ist doch ein offenes Geheimnis, wie die AWO in Eberswalde geführt wird. Das trällern die Spatzen vom Dach Schöne Grüße an deine Mutti.

  3. 9.

    Bauchgefühl hin oder her - die Vorwürfe sind nachweislich gelogen. Für diese Lügerei gibt es meines Erachtens einen Grund. Von eigenem Fehlverhalten soll abgelenkt werden. Die Mitgliedsverbände mahnen das Verhalten des Landesverbandes und das des Bezirksverband Brandenburg Ost seit langem an. Verschleierung und fehlende Aufklärung gegenüber eigenen Vorstandsmitgliedern und Mitgliedern sind hier das Problem. Es werden Mitgliedern die Mitgliedsrechte entzogen um so Wahlergebnisse zu beeinflussen und um sich unangenehmen Fragen auf einer Mitgliederversammlung zu entziehen. Der Landesverband, der die Aufsicht über diese Gliederung ausübt, greift nicht ein. Freundschaften sind vielleicht problematischer als Familienverhältnisse. Von einem Schlag ins Gesicht, kann nicht die Rede sein. Dass nun alles verdreht und die sich wehrenden Verbände öffentlich denunziert werden, war genau so zu erwarten.

  4. 8.

    ASB Kreisverband in Elbe–Elster, Neffe des Geschäftsführers wird neuer Geschäftsführer, Frau des Neffen hatte immer festen Posten beim ASB. Eine Freundin des ehemaligen Geschäftsführers arbeitet in der Buchhaltung usw..Alles nette Menschen, keine Frage, trotzdem passt das eher zu einem Familienunternehmen und nicht zu einer gemeinnützigen Organisation.
    Mit ihren Aussagen gehe ich konform, für viele der Angestellte, jene ganz unten, wird es wohl überall ähnlich aussehen, hohe Fluktuation, Ängste, Verteilungsprobleme und Unzufriedenheit und auch Ausbeutung und schlechte Rahmenbedingungen, aber das ist wohl ein offenes Geheimnis, denn die Abhängigkeit lässt viele verstummen.
    Kontrolle funktioniert nur von unabhängiger Stelle, alles andere ist Augenwischerei.











  5. 7.

    Sehr geehrte Frau Franziska ... , an der AWO-Basis, in der vielen sozialen Enrichtungen, arbeiten kluge und sensible Menschen. Menschen mit Eigenschaften die eine demokratische Gesellschaft schätzt und will - die mitdenken, anpacken, nachhaken, Zusammenhalt schaffen, innovativ und gemeinsam Gutes für die Bevölkerung schaffen, insbesondere für die ohne Lobby und die Benachteilgten. Wenn ein Bauchgefühl durch Vorwürfe bestätigt wird, erscheinen alle Argumente wie Ausflüchte und Rechfertigungen. Bauchgefühle sind nicht zu unterschätzen. Nun der Schlag ins Gesicht!
    Fehlerquellen - bei allen Beteiligten, minderstens und wesentlich schwerwiegender bei den autark arbeitenden KVs. Die ehrliche Arbeit sozialen Verbände vor Ort ist eine der tragenden Säulen unserer Gesellschaft. Wenn die scheinbar unehrliche Arbeit angeprangert, Misstände angezeigt werden, muss jeder Interesse haben, komplexe Aufklärung herbei zu führen, egal wer, wann, wie oft vor der Tür steht. Wir machen Gesellschaft!!!

  6. 6.

    Vetternwirtschaft findet sich in sehr vielen solcher Verbände, und sogar beim öffentlich rechtlichen Rundfunk ;-)

  7. 4.

    Das ist doch in allen Verbänden ähnlich …
    Schauen wir nur zum DRK, insbesondere DRK Lausitz …
    Die Vorstandsvorsitzende beschäftigt ihre Familienangehörigen im Verband, diese haben „Freifahrtsscheine“, in der Belegschaft wird ein harter Führungsstil bemängelt und wer offen Kritik äußert, wird gekündigt … und im Aufsichtsorgan gibt es wohl auch massive Probleme …

  8. 3.

    Und täglich grüßt die AWO.

  9. 2.

    Die Aussagen von Frau Baaske entsprechen nicht der Wahrheit. Familiäre Verbindungen in den Verbänden wurden stets offengelegt und waren bzw. sind entsprechend der AWO-Regularien zulässig. Erklärungen zum AWO Gvernance-Kodex werden von den Verbänden jährlich bei den übergeordneten Gliederungen eingereicht. Umfangreiche Prüfungen wurden vom AWO Bundesverband e.V. 2022 eingeleitet. Betroffen von diesen Prüfungen sind 6 Verbände, darunter auch der AWO Landesverband e.V. Diesen Prüfungen haben sich weder die Kreisverbände noch der Reginalverband Süd widersetzt.

  10. 1.

    Vielleicht wäre eine komplett externe Prüfung das Beste, es muß ja nicht gleich KPMG sein, es gibt auch kleinere Firmen, die so etwas anbieten.

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