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Gesetzesänderung

Verbraucherinsolvenzen in Berlin und Brandenburg 2021 stark gestiegen

In Berlin haben 2021 doppelt so viele Verbraucher Insolvenz angemeldet wie im Vorjahr. In Brandenburg ist die Zahl um mehr als die Hälfte gestiegen. Ein Corona-Effekt ist dabei nicht zu erkennen - eher die Auswirkungen einer Gesetzesänderung.

Die Zahl der Verbraucherinsolvenzverfahren in Berlin und Brandenburg ist im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr stark gestiegen, das zeigen Zahlen des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg. Im Jahr 2020 gab es demnach zunächst weniger Insolvenzverfahren als in den Vorjahren.

Auffällig beim Anstieg der Insolvenzverfahren ist, dass besonders viele Verbraucher betroffen sind. In Berlin hat sich die Zahl derer, die von Insolvenzen betroffenen sind, im Jahr 2021 fast verdoppelt, in Brandenburg waren es mehr als die Hälfte. Während es in Brandenburg vor allem Menschen in den Städten getroffen hat, sind in Berlin in erster Linie die nordöstlichen Außenbezirke betroffen.

Zusammenhang mit Corona nicht erkennbar

Ein Zusammenhang der gestiegenen Anzahl der Insolvenzverfahren mit der Corona-Pandemie ist nach Angaben des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg nicht erkennbar. Die Auswirkungen veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen auf das Insolvenzgeschehen seien demnach in der Statistik nur mit einem erheblichen Zeitverzug zu beobachten. Grund dafür seien unter anderem der gesetzlich festgelegte Ablauf, der bei vereinfachten Insolvenzverfahren zunächst einen außergerichtlichen Einigungsversuch vorschreibt sowie die reguläre Bearbeitungszeit der Anträge bis zur Eröffnung der Verfahren beim Insolvenzgericht.

Gesetzesänderung als Grund

Ein möglicher Grund für den Rückgang der Insolvenzverfahren im Jahr 2020 und den darauffolgenden Anstieg 2021 dürfte eine Gesetzesänderung vom Dezember 2020 sein. Dank dieser können überschuldete Verbraucher nach drei statt wie zuvor sechs Jahren von ihren Restschulden befreit werden.

Insolvenzen in Berlin

In Berlin wurden 2021 insgesamt 4.527 Insolvenzverfahren gegen "Übrige Schuldner" - also nicht gegen Unternehmen - beantragt. Das waren 2.022 Verfahren bzw. rund vier Fünftel mehr als im Vorjahr, teilte das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg am Freitag mit. Die ausstehenden Forderungen hatten dabei einen Wert von 449 Millionen Euro - 38,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Jahr 2020 betrugen die Forderungen noch 325,2 Millionen Euro.

Als "Übrige Schuldner" werden Gesellschafter, ehemals selbständig Tätige, Verbraucher sowie Nachlässe und Gesamtgut bezeichnet.

Von den beantragten Verfahren kam es bei 4.369 auch zur Eröffnung. 116 Fälle wurden mangels Masse abgewiesen, da das Vermögen der Schuldner nicht zur Deckung der Verfahrenskosten reichte. Mit der Annahme eines bestätigten Schuldenbereinigungsplanes endeten 42 Verfahren.

Die meisten Verfahren wurden nach Angaben des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg in Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg eröffnet, die wenigsten in Pankow, Steglitz-Zehlendorf und Tempelhof-Schöneberg.

Insolvenzen in Brandenburg

Im Land Brandenburg wurden 2021 insgesamt 3.295 Insolvenzverfahren gegen "Übrige Schuldner" beantragt - 1.120 Verfahren und gut die Hälfte mehr als im Vorjahr, teilt das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg mit. Die ausstehenden Forderungen stiegen demnach gegenüber dem Vorjahr um 63,3 Prozent auf 239,2 Millionen Euro.

Von den beantragten Verfahren wurden nach Angaben der vier Brandenburger Amtsgerichte 3.234 eröffnet. In 54 Fällen reichte das Vermögen der Schuldner nicht zur Deckung der Verfahrenskosten, so dass es zur Abweisung mangels Masse kam. Sieben Verfahren wurden mit einem bestätigten Schuldenbereinigungsplan beendet.

Die meisten Verfahren in Brandenburg auf 100.000 Einwohner wurden nach Berechnungen des rbb auf Basis der Zahlen des Statistikamts in Brandenburg an der Havel, Cottbus und Ostprignitz-Ruppin eröffnet, die wenigsten in Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming und Dahme-Spreewald.

Besonders Verbraucher betroffen

Auffällig ist, dass sich sowohl in Berlin als auch in Brandenburg die Zahl der von Insolvenz betroffenen Verbraucher von 2020 zu 2021 stark gestiegen ist.

Laut Berliner Amtsgerichten waren 2021 3.573 von Insolvenz betroffen - 1.769 Personen mehr und fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Auch ihre Schulden verdoppelten sich auf 167,2 Millionen Euro. Die durchschnittliche Verschuldung je Verbraucher blieb mit rund 46.800 Euro nahezu auf dem Niveau des Vorjahres.

Die Anzahl der von Insolvenz betroffenen Verbraucher in Brandenburg erhöhte sich von 1.692 im Jahr 2020 auf 2.648 Personen im Jahr 2021. Ihre Schulden verdoppelten sich auf insgesamt 108,2 Millionen Euro. Die durchschnittliche Verschuldung je Verbraucher lag damit im Land Brandenburg mit rund 40.900 Euro deutlich höher als im Vorjahr (32.100 Euro).

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