"Wir sind gar nicht weg gewesen" - Modebranche kehrt mit mehreren Messen zurück nach Berlin

Do 07.07.22 | 06:09 Uhr | Von Julia Vismann
  4
Symbolbild: Die Modemesse Premium kehrt nach Berlin zurück. (Quelle: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Kalaene)
Bild: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Kalaene

Mit zwei Modemessen und drei Konferenz-Formaten kommt die Premium Group zurück ab Donnerstag nach Berlin. Dabei wollte der Veranstalter vor der Corona-Pandemie eigentlich nach Frankfurt am Main abwandern. Von Julia Vismann

"Wir sind gar nicht weg gewesen", sagt Anita Tillmann, Managing Partner der Premium Group. "Wir hatten vor wegzugehen, sind aber coronabedingt gar nicht weggekommen. Und sind superglücklich, wieder in Berlin sein zu können", sagt sie.

Vor 20 Jahren hatte Tillmann die Modemesse Premium mitgegründet. Für dieses Jahr haben sie nun mit der Messe Berlin eine Location für alle Mode-Events und drei Konferenz-Formate angeboten bekommen. Vorher gab es drei Locations: Die Fachbesucher mussten zwischen Station, Arena und Kraftwerk hin und her fahren und verloren viel Zeit. Das sei der Grund gewesen, warum die Premium Group nach Frankfurt am Main habe gehen wollen, erklärt Anita Tillmann.

Die Mode-Managerin sagt, sie freue sich über die Wertschätzung der Modebranche durch die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und den neuen Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos). Zum ersten Mal empfangen sie die Modevertreterinnen und -vertreter im Bärensaal des Alten Stadthauses, bevor die Modemessen am Donnerstag beginnen.

"Jetzt müssen alle nachhaltig produzieren"

Nachhaltigkeit ist das bestimmende Thema auf den Modemessen und dem neuen Konferenz-Format "Conscious Club Conference". "Um Baumwolle herzustellen, braucht man wahnsinnig viel Wasser", sagt Anita Tillmann. Deshalb könnten sich die Fachbesucherinnen und Fachbesucher über nachhaltige Herstellungsprozesse und über Alternativen zur Baumwolle austauschen. Zum Beispiel soll über neue Materialien aus Pilzen diskutiert werden.

"Die Lieferkettenschwierigkeiten aus China führen dazu, dass mehr in Europa produziert wird", sagt Tillmann weiter. Auch der Krieg in der Ukraine führe zu einem Umdenken. "Jetzt müssen alle nachhaltig produzieren."

Der Rhythmus der Modebranche bedeutet, dass zweimal im Jahr eine Kollektion auf den Markt kommt. Das habe dazu geführt, dass überproduziert worden sei und alles liegengeblieben und am Ende sogar verbrannt worden sei, sagt Tillmann. "Das darf auf keinen Fall sein. Deshalb ist es wichtig, dass sich die Marken damit auseinandersetzen und schauen, wie sie das optimieren können."

Die Macht liegt beim Konsumenten

Tillmann sieht nach eigenen Angaben eine Hierachieverschiebung in der Branche. "Die Macht liegt beim Konsumenten und bei deren Interessen und Communitys. Die Marken können die Konsumenten nicht mehr bewußt negativ zumüllen, weil es unsere Welt einfach nicht mehr erlaubt", sagt Anita Tillmann.

Den notwendigen Dialog mit den Konsumentinnen und Konsumenten will die Premium Group Tillmann zufolge mit dem neuen Festival "The Ground" ermöglichen, mit Talks und "Do it yourself"-Workshops.

Mit dabei ist auch "Platte Berlin" (Eigenschreibweise: Platte.Berlin), eine innovative Plattform für Berliner Designerinnen und Designer. "Wir stehen für Diversität, Inklusion und Nachhaltigkeit. Das Hauptziel ist es, Berliner Mode sichtbar zu machen", beschreibt Sevil Uguz die Vision von "Platte Berlin". Designer wie "Therapy" oder "SF1OG" arbeiten Uguz zufolge mit alten Kollektionen oder Reststoffen.

"In den Lagerhäusern der Modemarken stapeln sich gerade die Kollektionen der letzten drei Jahre. Am schlausten ist es, aus Altem etwas Neues zu kreieren", sagt Uguz. Upcycling-Kollektionen seien der ehrlichste Umgang, den man damit haben könne.

Upcycling ist kein Trend, sondern eine Entwicklung

"Platte Berlin" bietet bei dem Modefestival "Upcycling Workshops" mit Vintage-Kleidern an. Alle sollen kommen können und auch mit der Unterstützung von den Designerinnen und Designern von "Platte Berlin" mitgebrachte Kleidung reparieren, veredeln oder verschönern können. "Hot styles with longer lives - alles hübsch machen aber langlebiger zu bewahren, das ist die Idee", sagt Sevil Uguz.

Vintage und Upcycling seien kein Trend sondern eine Entwicklung, die die nächsten fünf Jahre bestimmen würden, sagt Sevil Uguz. Die Konsumentinnen und Konsumenten bekämen mehr bei der Upcycling-Mode erklärt, wo und wieso etwas hergestellt wurde.

"Es fühlt sich nicht wie blanker Konsum an, sondern auch wie: Ich bewege etwas, wenn ich das kaufe und nicht nur das Bruttosozialprodukt", sagt Sevil Uguz. Dass sie eine Bewegung sind, wollen die Upcycling-Designerinnen und -Designer von "Platte Berlin" am Donnerstag bei der "Fashion Unites Parade" zeigen, zu der alle Modebegeisterten eingeladen sind. Startpunkt ist um 12 Uhr an der Siegessäule. Alle, die mitlaufen, bekommen an dem Tag freien Eintritt beim Fashion- und Lifestyle-Festival "The Ground".

Sendung: rbb24 Abendschau, 07.07.22, 19:30 Uhr

Beitrag von Julia Vismann

4 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 4.

    Die Modemessen braucht kein Mensch. Niemand kauft diesen Mist.

  2. 3.

    „ "Die Macht liegt beim Konsumenten und bei deren Interessen und Communitys. Die Marken können die Konsumenten nicht mehr bewußt negativ zumüllen, weil es unsere Welt einfach nicht mehr erlaubt", sagt Anita Tillmann.

    Da bin ich ja gespannt, wer intelligenter ist, der Konsument oder der Produzent.

  3. 1.

    Der Artikel kommt rüber wie ein Sprachrohr der Modebranche. Nur ein Tor glaubt, dass auch nur ein Tropfen weniger Wasser verbraucht wird. Auch bemerkenswert ist, dass der neue Veranstaltungsort nicht erwähnt wird.

Nächster Artikel