Prozess am Landgericht Berlin - Berliner sollen tonnenweise Kokain geschmuggelt haben

Mi 24.08.22 | 18:39 Uhr | Von Ulf Morling
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Prozessauftakt: Berliner sollen tonnenweise Kokain geschmuggelt haben. (Quelle: rbb/Ulf Morling)
Audio: Radioeins | Mi 24.08.22 | Bild: rbb/Ulf Morling

Auf 690 Kilo Kokain stoßen brasilianische Ermittler 2018. Die Spur führt nach Berlin. Zehn Männer stehen nun als mutmaßliche Strippenzieher vor Gericht - im bislang mutmaßlich größten Berliner Prozess wegen Kokainschmuggels. Von Ulf Morling

Sie sollen tonnenweise Kokain von Südamerika über den Hamburger Hafen nach Deutschland geschmuggelt und damit Millionen verdient haben. Seit Mittwoch müssen sich zehn Männer deshalb vor dem Berliner Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft drei der Angeklagten vor, sich bereits 2011 zusammengeschlossen zu haben, um Kokain von Südamerika nach Europa zu schmuggeln.

Mittels Scheinfirmen sollten unter anderem Seecontainer aus Brasilien, in denen jeweils hunderte Kilogramm Kokain versteckt waren, vor allem nach Hamburg verschifft werden. Über Lagerhallen, in der Nähe der Hansestadt und in Brandenburg soll das Kokain dann weiterverkauft worden sein.

Allein die 4,1 Tonnen des Rauschgifts, die in Deutschland angekommen sein sollen, hatten einen Wert beim Verkauf an den Endverbraucher von 400 Millionen Euro, also eine knappe halbe Milliarde Euro. Die sieben Mitangeklagten sollen laut Ermittlern ebenfalls der Bande zu verschiedenen Zeiten angehört haben, beziehungsweise beim Drogenschmuggel Beihilfe geleistet haben. Vier der in Untersuchungshaft sitzenden Angeklagten, darunter die mutmaßlichen Haupttäter, kündigten zum Prozessauftakt am Mittwoch Aussagen an.

16 Fälle von Kokainschmuggel

Die drei Haupttäter sollen 16 Mal Kokain von Südamerika nach Europa geschmuggelt haben. Jeweils Hunderte Kilo Kokain sollen in Seecontainern auf Frachtern von Brasilien nach Hamburg verschifft worden sein. Dabei soll das Rauschgift jeweils in Blei- und Kupferplatten versteckt worden sein, die eigens dafür angefertigt worden waren. Obendrein, so die Anklage, sollen die Platten mit einer Paste bestrichen worden sein, die auch Drogenhunde nicht ausstehen sollen.

Zuletzt seien Rauschgiftlieferungen mit jeweils mehreren einhundert Kilo Kokain über den lettischen Hafen in Riga nach Europa gekommen. Dort sollen Zöllner bestochen worden sein. Laut Anklage konnten deshalb die Container ohne Kontrolle den Hafen verlassen. Doch als im Jahr 2018 der brasilianische Zoll 690 Kilogramm einer Kokainlieferung aufgespürt hatte, begannen die aufwändigen Ermittlungen, die zur Festnahme und dem jetzt begonnenen Prozess führten.

Scheinfirmen und sinnlose Geschäftstätigkeit ließen Behörden skeptisch werden

Nachdem die brasilianischen Behörden mit den Nachforschungen bezüglich ihres Kokainfundes im Jahr 2018 begonnen hatten, wurde wegen beteiligter mutmaßlicher Briefkastenfirmen aus Deutschland bei der Verschiffung des kontrollierten Containers das Bundeskriminalamt (BKA) informiert.

Neben dem Verfolgen von Spuren in Brasilien und Deutschland wurden ebenso Ermittlungen in Panama, Kolumbien, Mexiko, Lettland und Hongkong angestellt. Die Kriminalbeamten fanden unter anderem heraus, dass die in den Lieferpapieren angegebenen Importe von Blei und Kupfer nach Europa wirtschaftlich keinen Sinn ergaben. Die Verantwortlichen der mutmaßlich an dem Drogenschmuggel beteiligten Scheinfirmen wurden daraufhin durchleuchtet. 160 Telefonüberwachungen wurden zudem eingeleitet.

Nach den Erkenntnissen der Polizei sollen demnach zwei Kolumbianer die Auftraggeber der Bande gewesen sein, die das Rauschgift jeweils von Südamerika nach Europa geschmuggelt haben sollen. Einer der Angeklagten soll eine familiäre Bindung zu einem der beiden haben.

Ermittler auch im Ausland im Einsatz

2020 stellte das BKA schließlich fest, dass zu Beginn der Corona-Pandemie die Geschäfte der bereits beobachteten Rauschgiftschmuggler schlecht liefen: Die Verschiffung des Rauschgifts in Seecontainern gestaltete sich extrem schwierig. Für 100.000 soll die Bande daraufhin im Juni 2020 in Südfrankreich die hochseetaugliche Motoryacht "El Albatros" gekauft und in "Elvis" umgetauft haben. Vom neuen Liegeplatz an der Ostsee in Boltenhagen sollte das Schiff laut Ermittlern irgendwann nach Südamerika starten, um die nächste Lieferung Kokain einzuladen.

Doch daraus wurde nichts: Am 30. November letzten Jahres durchsuchten die Berliner Staatsanwaltschaft und das BKA auch im Ausland im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Drogenbande. Es wurden 14 Haftbefehle vollstreckt, darunter gegen die zehn Angeklagten im Alter von 33 bis 63 Jahren, die alle seitdem in Untersuchungshaft sitzen.

Auch einer der mutmaßlichen Hintermänner wurde inzwischen auf dem Madrider Flughafen verhaftet. Der festgenommene Kolumbianer soll in einigen Fällen das Kokain geliefert haben, das von den Angeklagten schließlich nach Europa verschifft worden sein soll.

Urteil im kommenden Jahr

Vor Beginn des Prozesses hatte bisher nur einer der Angeklagten begonnen, mit den Ermittlern über seine Tatbeiträge zu sprechen, heißt es. Nach dem Verlesen der Anklageschrift wurde jetzt von vier Verteidigern bekanntgegeben, dass ihre Mandanten sich in der Verhandlung äußern wollten. Unter ihnen sind die drei mutmaßlichen Haupttäter. Die 38. Kammer des Landgerichts hat für den Prozess noch 31 Verhandlungstage bis Ende Januar nächsten Jahres geplant.

Sendung: Radioeins, 24.08.2022, 08:47 Uhr

Beitrag von Ulf Morling

1 Kommentar

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  1. 1.

    Bezahlen die dann auch die Prozesskosten?

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