Mobilfunkempfang in Ostprignitz-Ruppin - Müllautos spüren Funklöcher auf

Mi 03.08.22 | 09:14 Uhr | Von Marie Günther
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Ein Müllwagen des Unternehmens AWU fährt durch Ostprignitz-Ruppin. (Quelle: rbb)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 02.08.2022 | Franziska Tenner | Bild: rbb

Das Mobilfunknetz in Brandenburg ist löchrig, teils steht nicht einmal 2G, der Standard zum reinen Telefonieren, zur Verfügung. Der Landkreis Ostprignitz-Ruppin will wissen, wo sich die Funklöcher befinden, und nutzt dafür: Müllwagen. Von Marie Günther

Einige Müllautos im Landkreis Ostprignitz-Ruppin haben ab sofort eine zusätzliche Aufgabe. Bei ihren regelmäßigen Fahrten helfen sie, Funklöcher im Mobilfunknetz aufzuspüren. Zum Monatsbeginn wurden dafür Müllwagen des Abfallwirtschaftsunternehmens AWU mit einer speziellen Technik ausgestattet. Im Mittelpunkt steht eine sechseckige Metallbox, in der Größe einer Pralinenschachtel. Sie liegt auf dem Armaturenbrett der Müllwagen und zeichnet Daten zur Empfangsqualität auf.

Zwei dieser Boxen sind mittlerweile täglich mit der Müllabfuhr unterwegs. Im Verlauf eines Jahres werden sie den Mobilfunkempfang in jeder bewohnten Straße des Kreises messen. Unbewohnte Gebiete sollen zusätzlich von freiwilligen Fahrradfahrern und Freizeitsportlern abgefahren werden. Die Idee kommt aus dem Ostprignitz-Ruppiner Partnerkreis Coesfeld (Nordrhein-Westfalen), wo bereits auf diese Weise Funklöcher ausgemacht werden konnten.

Gutes Netz wichtig für ortsansässige Wirtschaft

"Die Testfahrten der letzten Tage zeigen bereits, dass es wie vermutet an einigen Stellen gar keinen Empfang gibt", sagte Landrat Ralf Reinhardt (SPD) am Dienstag. Vor allem in den Regionen abseits der Städte und Hauptverkehrsachsen, aber auch in Waldgebieten hat man häufig kein oder nur wenig Netz. Das Problem ist nicht neu. Bisher ist es aber nicht gelungen, große Mobilfunknetzbetreiber für den Ausbau der entsprechenden Infrastruktur zu gewinnen.

Die tatsächliche Mobilfunk-Versorgung ist häufig nicht so gut, wie es die Netzbetreiber angeben. Besonders im Sommer, wenn die Bäume viel Laub tragen, ist es vielerorts kaum möglich zu telefonieren. In einigen Gegenden in Ostprignitz-Ruppin gibt es nicht einmal 2G - die seit Anfang der neunziger Jahre verwendete Mobilfunktechnik. "Das ist ein großer Standortnachteil", beklagte der Landrat. Immer mehr Berufsgruppen sind auf eine stabile Netzabdeckung angewiesen, darunter Handwerker, Landwirte und Menschen, die im Homeoffice arbeiten. Fatal kann es werden, wenn durch Funklöcher Polizei und Feuerwehr nicht zu erreichen sind.

Auch das Abfallunternehmen AWU arbeitet viel mit Mobilfunktechnik. "Daher ist es uns selbst ein Bedürfnis, beim Aufspüren der Funklöcher behilflich zu sein", erklärte AWU-Geschäftsführer Matthias Noa.

AWU-Fahrer Manuel Fiedler legt die Messbox zum Aufspüren der Funklöcher aufs Armaturenbrett seines Müllwagens. (Quelle: rbb/Marie Günther)AWU-Fahrer Manuel Fiedler legt die Messbox in seinem Müllwagen ab

Daten fließen in Verhandlungen mit den Netzbetreibern ein

Die in den Müllwagen aufgezeichneten Daten werden an die Firma STF-iTech übermittelt. Das Unternehmen aus dem nordrhein-westfälischen Dülmen ist auf Effizienzsteigerung durch künstliche Intelligenz spezialisiert und wird eine Karte erstellen, auf der die Funklöcher sichtbar werden. Die Kosten dafür liegen Landrat Reinhardt zufolge im niedrigen fünfstelligen Bereich. Sie sollen von der Wirtschaftsförderung des Landkreises getragen werden.

Nach einem Jahr sollen die erhobenen Daten mit in die Verhandlungen um den weiteren Bau von Funkmasten in der Region genommen werden. Sollte es nicht gelingen, die Netzbetreiber für den Ausbau zu gewinnen, will der Landkreis die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft des Bundes (MIG) hinzuziehen. Diese könnte den Netzbetreibern wiederum mit entsprechenden Förderangeboten Anreize bieten.

Laut Landrat Ralf Reinhardt wird es noch bis zu drei Jahren dauern, die Funklöcher zu beseitigen.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 02.08.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Marie Günther

12 Kommentare

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  1. 12.

    Hallo „Boomer“,
    auf Rügen wird es ja wohl eher schwer mit dänischem Netz. 1989 war ich in Bakenberg auf Rügen. Da der Gemeinschaftsraum nicht allzuweit vom Strand war haben wir 2 Programme vom SVT (schwedisches Fernsehen) gesehen. Auch wenn in Trelleborg oder Ystad Funkmasten stehen, wäre die Distanz zwischen dem Distrikt Skåne in Schweden und der Nordküste Rügens etwas zu groß.

  2. 11.

    Man muss Berlin gar nicht verlassen, um das heimische Funknetz zu verlassen. Ich rief mal von Berlin-Buckow aus die 110 wegen eines Unfalls an. Man teilte mir am Telefon mit, ich wäre mit der Polizei in Frankfurt/Oder verbunden, aber man werde mein Anliegen an die Berliner Polizei weiterleiten. Erst verstand ich es nicht, dann war klar, ich befand mich schon im Brandenburger Netz. Wenn man allerdings in BB unterwegs ist, auch wenn es gar nicht weit weg von B ist, hat man mitunter schon kaum ein Netz mehr. Schon beschämend im Jahr 2022…

  3. 10.

    Also so'ne Box wiegt ja was. Für 10 Km sollte da 'n Mars oder so schon drin sein. Beim Lochfund gibts 'n Snickers extra - weils mal wieder länger dauert.

  4. 9.

    Als ich zwischen 2001 und 2005 beruflich häufiger auf Rügen war, gab es an vielen Orten gar kein Netz, nicht mal dänisches. Wenn man da mobil telefonierte, hieß es immer "Beweg dich mal, ich versteh dich gerade nicht." Ich weiß nicht, ob es inzwischen besser ist, werde es im September aber mal ausprobieren.

  5. 8.

    Hallo „irritiert“,
    Stichwort Dänemark: Als ich mir mal das Schloß Kronborg in Helsingør in Dänemark angeschaut habe, war ich rückseitig noch im dänischen Netz. Auf der anderen Seite stand bei mir dann plötzlich: Välkommen till Sverige (Willkommen in Schweden). Da hatte sich das schwedische Funknetz mit dem dänischen überlagert. Die Frau von der Touristinfo bestätigte mir daß es solche Probleme häufig gibt. Die Entfernung zwischen Helsingør (DK) und Helsingborg (S) ist ja nicht besonders.
    MfG

  6. 7.

    An der deutschen Ostseeküste wurde ich aufgrund schlechten Empfangs auf einmal in ein dänisches Netz eingeloggt. Dänemark war ziemlich weit weg..

    Grundversorgung gehört in staatliche Hände und dazu gehört nun mal mittlerweile auch Mobilfunk/Internet.

  7. 6.

    Schlechten Empfang hatte ich auch östlich und südlich von Heidelberg.
    Im Mai in Portugal- überhaupt keine Probleme. Kam bequem in jedes Netz ohne mich jedesmal in ein Hotel- oder sonstiges Netz einwählen zu müssen.

  8. 5.

    Wie g...l! Kann die BSR das bitte auch machen? Auf meiner Fahrt durch (Süd-)Berlin (Arbeitsweg) muss ich div. Male neu anrufen, oder Handy neu starten, weil das Funknetz wie abgeschnitten wurde und nicht wieder reaktivierbar ist! Da sind nicht nur Löcher, sondern (BAM?) Störsender. An jeder Bushaltestelle, die die elektronischen Anzeigen nutzen, besteht auch die Möglichkeit, dass man rausgeschmissen wird. Jenseits des recht schmalen (Funk-)Speckgürtels ist Dunkeltuten. Nix. Wehe, du bleibst mit Karre liegen und willst den ADAC anrufen...
    "I'm walkin', yes indeed,
    I'm lonely as I can be" (Fats Domino)

  9. 4.

    Die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft des Bundes war bisher allerdings eher "kein Mast have", sondern war bisher eher ein Rohrkrepierer des Herrn Scheuer mit einem einsamen Förderaufruf zum Bau eines Mobilfunkturmes.

  10. 3.

    Lobbying ist einfacher als Marktinnovation. Wir haben den Startblock in eine Sackgasse verlegt. Die Regierung liebt Vectoring. Vectoring wird nicht blockiert uns so können wir auch 2025 keine Veränderung erhoffen. Supervectoring, ein Angebot der Telekom, lässt Böses erahnen, die Garantie für langsames Internet für immer.

  11. 2.

    Sieht man hier nicht vielleicht auch, dass die Mobilfunkunternehmen, die mit den Rosinenstandorten ihrer Funkmasten viel Geld verdienen, ihrem mit dem Mobilfunk verbundenen gesellschaftlichen Auftrag nicht nachkommen und die nicht so süße Restarbeit anderen überlassen? Und müsste die Politik da nicht viel mehr bei der Vergabe der Frequenzen gleichzeitig sogar die Flächendeckung der Mobilfunkversorgung aus den vielfältigen, bekannten Gründen (z.B. Waldbrand-, Unfallmeldung) vertraglich verlangen?

  12. 1.

    "Bisher ist es aber nicht gelungen, große Mobilfunknetzbetreiber für den Ausbau der entsprechenden Infrastruktur zu gewinnen." Was läuft denn in anderen Länder anders? Die Funklöcher sind ja deutschlandweit ein Problem. Ich war in der Oberpfalz und hatte kaum irgendwo vernünftigen Datenempfang. Ein paar Meter weiter in Tschechien klappte es hingegen hervorragend. Auch in Polen konnte ich bisher weder in den Bergen noch an der Ostsee oder mitten im Land über Empfangsprobleme klagen, aber in Deutsch Wusterhausen, direkt hinter der Berliner Landesgrenze sieht es mau aus.

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