Reportage | Initiative hilft Tieren - Die Igelretter von Elstal

So 30.10.22 | 08:24 Uhr | Von Claudia Baradoy
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Geretteter Igel der Igelritter Elstal (Quelle: Livet)
Audio: Antenne Brandenburg | 25.10.2022 | Claudia Baradoy | Bild: Livet

Für Igel ist der Herbst eine schwierige Zeit. Sie müssen sich dick und rund futtern und auf den Winterschlaf vorbereiten. Doch das schafft nicht jeder Igel. Unterernährten sowie verletzten Tieren hilft eine ehrenamtliche Initiative in Elstal. Von Claudia Baradoy

Langsam und mit viel Feingefühl flößt Alexandra Livet mit Hilfe einer Kanüle dem kleinen Kerl sein Mittag ein. Genüsslich schnurpst, schmatzt und schleckt der Igel die ihm zugedachte Portion vollständig auf: Pastete aus der Dose.

Eigentlich ist sein Futter für Katzen gedacht - doch es schmeckt auch Igeln. Damit päppeln die Igelretterinnen von Elstal diesen und andere Igel auf. Als das Tier bei Alexandra Livet abgegeben wurde, brachte es knapp 500 Gramm auf die Waage - zu wenig, um über den Winter zu kommen. "Igeln ist es nicht wurst, was sie fressen", sagt Alexandra Livet und lacht.

Boxen für Igel, Igelritter Elstal (Quelle: Livet)
Boxen für Igel, Igelritter Elstal | Bild: Livet

"Igel sind Feinschmecker. Wenn die einmal wirklich eine leckere Pastete bekommen haben und am nächsten Abend geben wir ihnen etwas anderes, dann drehen die den Teller einfach um und sagen so: Nö, wollen wir nicht! Aber wenn wir Würmer, zum Beispiel vom Schwarzkäfer Zophoba oder die leckeren Heimchen, also Grillen, kaufen, dann wollen die nichts anderes mehr."

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Lebensräume für Igel werden knapper

Alexandra Livet hat einen igelfreundlichen Garten - mit schummrigen Ecken, Büschen, Laubhaufen und hohen Stauden, die auch im Spätherbst nicht abgeschnitten werden. Oft hatte sie Igel zu Besuch. "Und dann haben wir irgendwann zwei kleine Igel gefunden, die einfach zu wenig Speck auf den Rippen hatten. Sie hätten es nicht über den Winter geschafft. Und ich habe mir gesagt: Da läuft irgendwas schief! Der Igel findet nichts mehr, und wir müssen weiterhelfen. Mein Mann hat dann eine Igelbox gebaut und ich habe zugefüttert."

Jungigel müssen mindesten 700 Gramm, Altigel mindesten 1000 Gramm auf die Waage bringen, um genügend Reserven für den Winterschlaf zu haben. Doch es sind nicht nur hungernde Tiere, um die sich Livet kümmert. Die Lebensräume für Igel werden knapper, auch Autos und Menschen sind potenzielle Gefahren.

Igelritter Elstal: Bettina Spitzer und Alexandra Livet (Quelle: Livet)
Igelritter Elstal: Bettina Spitzer und Alexandra Livet | Bild: Livet

Ehrenamtliche Initiative "Igelritter Elstal"

Um den Tieren zu helfen, hat Alexandra Livet 2020 die ehrenamtliche Initiative "Igelritter Elstal" gegründet. Inzwischen ist daraus ein Netzwerk von acht "Igelretterinnen" in und um Elstal geworden. Sie päppeln Igel auf und entlassen sie nach einer Auswilderungszeit wieder in die Freiheit. "In 2021 haben wir knapp 100 Igeln helfen können, die aus der Umgebung von Elstal, Wustermark, Dallgow und Falkensee kamen oder darüber hinaus auch Potsdam, Werder, Nauen, Ketzin und Klein Lehnin" - heißt es auf der Website der Igelritter.

Mitstreiterin Bettina Spitzer kennt keinen Schmerz. Beherzt greift sie sich die Stachelkugel, in deren Mitte eine winzige Schnauze hervorlugt: "Das ist Fauchi!" Fauchi faucht misstrauisch. Aber er meint es nicht so. Er fühlt sich nur ein bisschen gestört. "Fauchi ist ein typischen Mähroboteropfer. Er hatte eine große Wunde, die schon von Ungeziefer befallen war.

Viele sind Opfer von Mährobotern

Dank Bettina Spitzer, die in einer Tierarztpraxis arbeitet, gehts Fauchi wieder gut. Viele der hier betreuten Igel sind Opfer von Mährobotern. Einem von ihnen sei die Nase abgeschnitten worden, erzählt Alexandra Livet: "Diese Roboter sind so konstruiert, dass sie über alles drüber gehen, was im Weg ist. Auch, wenn die Hersteller etwas anderes schreiben. Aber auch von den Rasentrimmern können die Tiere verletzt werden und überleben es oft nicht. "

Sie bittet Gartenbesitzer, den Rasen vor dem Mähen auf Igel und andere Tiere zu kontrollieren. Denn dann hätte sie auch weniger zu tun. Derzeit sind insgesamt 50 Igel in der Auffangstation untergebracht - und es herrscht Aufnahmestopp wegen Überbelegung.

Sendung: Antenne Brandenburg, 25.10.2022, 15:00 Uhr

Beitrag von Claudia Baradoy

4 Kommentare

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  1. 4.

    Igel sind seltsame Wesen.Ich habe seit vielen Jahren für Schlupfwinkel gesorgt. Selten wurden sie angenommen. Dafür stoße ich im Frühjahr beim Aufräumen regelmäßig im flachen Beet auf Igel, die sich in Magnolienlaub verkrochen haben.Offenbar sagt Ihnen das besonders zu. Jede Kuhle wird ausgenutzt. Ich habe den Garten vor 50 Jahren angelegt und seit langer Zeit regelmäßig Igel. Offenbar fühlen sie sich hier wohl und ich freue mich, wenn ich es schnüffeln höre.

  2. 3.

    Bei uns in Lbg. lassen die Landschaftspfleger vom Gartenamt das Laub bis zum Frühjahr unter den Büschen liegen, damit dort Igel überwintern können. Win-win für beide Seiten: Einmal weniger Arbeit für's Gartenamt ...
    Es wäre tatsächlich schön, wenn mehr Leute an diesen Stellen kleine Katzenfutterdöschen platzieren würden. Dieses Ergänzungsfutter wird von den kleinen Stachelträgern gut angenommen und lockt nicht mehr Ratten an, als sonst weggeworfene Fastfoodprodukte.

  3. 2.

    „die Natur als Partner und nicht als Gegner begreifen würden“
    Das hätten sie nicht treffender bezeichnen können und das ist trotz aufgeklärter Gesellschaft immer noch eines unserer Hauptprobleme.

  4. 1.

    Am Schlimmsten ist, dass der Großteil des Leids so einfach vermeidbar wäre - wenn Gartenbesitzer und Landschaftspfleger die Natur als Partner und nicht als Gegner begreifen würden: Ein Park, Garten oder Hinterhof mit Pflanzen, Stauden, Gehölzhaufen und Laub auf intaktem Boden ist für Tiere und eben auch Menschen so viel schöner und gesünder. Noch immer herrschen aber in allzu vielen Köpfen völlig veraltete Ideen von Ordnung und Sauberkeit, die mit lebendigen Kreisläufen nichts zu tun haben. Igel sind als Opfer ja "nur" Symboltiere; Tausende anderer Arten von Vögeln bis zu mikroskopischen Bodentierchen leiden und sterben ebenso. - Wer seinen Garten liebevoll ein bisschen pflegen will, findet dazu Unmengen von Anregungen auf Papier und in elektronischer Form. Wer dafür keine Zeit oder Lust hat, soll ihn z.B. verpachten. Ein solch unbezahlbares Geschenk wie einen Garten einfach auf die Schnelle kahl zu machen und dann kurz zu halten, ist jedenfalls viel mehr als nur traurig.

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