Kultursenator kritisiert Aktionen - Haftbefehl gegen Frau nach Kunstblut-Wurf auf Gemälde

Mo 31.10.22 | 23:15 Uhr
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Alte Nationalgalerie: Eine Frau hatte vor einigen Tagen das verglaste Gemälde «Clown» mit einer Flüssigkeit beworfen (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Video: rbb24 Abendschau | 31.10.2022 | Bild: dpa/Soeren Stache

Am Sonntag beschmierte eine Frau in der Alten Nationalgalerie ein kostbares Gemälde, inzwischen sitzt sie in Untersuchungshaft. Nach den jüngsten Aktionen in mehreren Museen findet Kultursenator Lederer deutliche Worte.

Gegen die Frau, die am Sonntag in der Alten Nationalgalerie in Berlin-Mitte ein Gemälde von Henri de Toulouse-Lautrec mit Kunstblut beworfen hat, ist Haftbefehl erlassen worden. Das hat die Berliner Staatsanwaltschaft am Montag auf Anfrage des rbb bestätigt. Die Frau sitzt in Untersuchungshaft.

Der Tatvorwurf lautet "Gemeinschädliche Sachbeschädigung". Die Beschuldigte hatte das Gemälde "Clown" mit der Flüssigkeit beschmiert und sich anschließend an der Wand daneben festgeklebt. Die Sicherheitskräfte der Nationalgalerie hatten am Sonntag den Vorfall der Polizei gemeldet. Zuvor soll die Frau Flugblätter im Saal verteilt haben.

Nach rbb-Recherchen ist die Frau Mitte 50 und hat keinen festen Wohnsitz. Nach Angaben der Polizei wollte sie für mehr Demokratie demonstrieren. Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, geht nicht davon aus, dass die Beschuldigte einer klimapolitisch aktiven Gruppe angehört, wie er dem rbb sagte.

In den vergangenen Tagen war es wiederholt zu ähnlichen Protestaktionen von Klima-Aktivisten gekommen. Im Potsdamer Museum Barberini wurde ein Monet-Gemälde mit Kartoffelbrei beschmissen, hier klebten sich zwei Personen neben dem Kunstwerk fest. Im Naturkundemuseum klebten sich am Sonntag zwei Klima-Aktivistinnen an den Haltestangen eines Dinosaurier-Skeletts fest. Die Frauen wurden von der Polizei in Gewahrsam genommen. Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung wurden gestellt.

Parzinger kündigt Taschenverbot in Museen an

Wegen der zunehmenden Attacken auf Kunstwerke hat Stiftungs-Präsident Parzinger generelle Taschenverbote in den eigenen Häusern angekündigt. "Wir werden da nicht drumherum kommen", sagte er am Montag dem rbb. Zudem müssten zusätzliche Schließfächer angeschafft werden.

"Ich denke, viele der großen Museen werden diesen Weg gehen", so Parzinger. Hundertprozentige Sicherheit gebe es aber nicht. So habe die Frau, die in der Alten Nationalgalerie Kunstblut warf, die Flüssigkeit am Körper getragen. Das wäre nur bei einer Leibesvisitation aufgefallen. "Aber so etwas wollen wir uns nicht vorstellen."

Zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehören unter anderem die staatlichen Museen zu Berlin. Neben der Alten Nationalgalerie zählen dazu viele weitere Häuser wie beispielsweise das Pergamon- oder das Bode-Museum.

Lederer befürchtet Schaden für Kultur - Naturkundemuseum reagiert moderat

Kein Verständnis für diese Zwischenfälle zeigte der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke). Die Aktionen der Klima-Aktivisten machten ihm große Sorgen, weil Kunstwerke und Kulturschätze drohten, tatsächlich beschädigt zu werden, sagte er am Montag dem rbb. "Mit unverantwortlichem Handeln kann man kein verantwortliches politisches Handeln einfordern." Letztlich werde es der Kunst und Kultur schaden, so Lederer. Leihgeber könnten sich entschließen, ihre Werke nicht mehr für Ausstellungen zur Verfügung zu stellen. Museen könnten sich zunehmend zu Hochsicherheitstrakten entwickeln.

Der Leiter des Berliner Naturkundemuseums zeigte sich offen für Gespräche mit den Demonstrierenden. "Junge Menschen kommen zu uns, um mit uns über ihre Sorgen, über ihre Ideen zum Thema Zukunft zu reden", sagte Museumsleiter Johannes Vogel am Montag dem rbb. Das sei Teil der DNA seines Museums.

Natur-, Kultur- und Kunstschätze würden Streit und Widerspruch herausfordern. Sein Haus sei stark genug, damit umzugehen. "Wir sehen das als Herausforderung an, noch stärker zum Ort des Dialogs, des Miteinanders zu werden, und laden die Politik und die Aktivisten ein hierherzukommen, um gemeinsam über diese Sachen zu reden, und diese Sprachlosigkeit, diese Hilflosigkeit, die herrscht, zu lösen." Die Klima-Aktivistinnen haben sich nach der Aktion demütig und vernünftig verhalten." Da sie sich nur an die Halterungen geklebt hätten, seien die Exponate selbst nicht beschädigt worden.

Sendung: rbb24 Abendschau, 31. Oktober 2022, 19:30 Uhr

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