Selbstversuch | Gebühren-, aber nicht risikofrei - Wie ich mein Fahrrad gratis auf einem Autoparkplatz parkte

Fr 06.01.23 | 14:19 Uhr | Von Franziska Spiecker
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Fahrräder auch auf Parkplätzen für Autos abgestellt werden. (Quelle: imago image)
Audio: Fritz | 03.01.2023 | Franziska Spiecker | Bild: imago images

Seit Anfang des Jahres dürfen Fahrräder in Berlin gratis auf Parkplätzen stehen. Doch was passiert, wenn man sein Rad neben Autos auf den Parkstreifen stellt? rbb-Reporterin Franziska Spiecker hat es ausprobiert.

Es ist kurz nach vier Uhr nachmittags, mein Fahrrad steht in einer weiß markierten Parklücke auf der Gleimstraße in Berlin-Prenzlauer Berg. Der Feierabendverkehr kommt zwar erst langsam ins Rollen. Doch der Fahrbahnrand ist bereits gesäumt von parkenden Autos. Ihre Besitzerinnen und Besitzer müssen werktags noch bis 24 Uhr Parkgebühren von aktuell in der Regel einem Euro pro Stunde zahlen. Oder sie nutzen Anwohnerparkausweise, die hier auch an vielen Windschutzscheiben kleben.

Mein Fahrrad dagegen braucht keines von beidem und sticht auch so deutlich hervor: Es ist das einzige Rad in Sichtweite, das auf der Straße geparkt ist. Ich selbst stehe auf dem Gehweg, einige Meter davon entfernt. Schließlich möchte ich testen, wie die neue Berliner Regel fürs kostenlose Fahrrad-Parken in der Praxis funktioniert.

Fahrräder dürfen dort umsonst parken, wo Autofahrer zahlen müssen

Fahrräder auf Parkplätzen auf der Straße abstellen – das ist nicht erst seit 2023 erlaubt und auch nicht nur in Berlin. Gemäß der bundesweit gültigen Straßenverkehrsordnung (StVO) sind öffentliche Parkplätze oder fürs Parken bestimmte Flächen am Straßenrand nicht Kraftfahrzeugen vorbehalten. Auch andere Fahrzeuge dürfen sie nutzen. So unterscheidet die StVO unter dem Punkt "Parken und Halten" (Paragraf 12) nicht zwischen Autos und Fahrrädern.

Neu ist jetzt allerdings für Berlin: Seit dem 1. Januar 2023 müssen hier für Fahrräder, Pedelecs, Lastenräder, Leichtkrafträder und Motorräder auf Parkplätzen keine Gebühren gezahlt werden. Dort, wo Autos einen Parkschein oder Bewohnerparkausweis brauchen, dürfen sie also kostenlos stehen.

Kostenloses Parken der Räder soll Verkehrssicherheit unterstützen

Zurück geht das auf die Änderung der Parkgebühren-Ordnung, die der rot-grün-rote Senat Ende November 2022 beschlossen hat: Seit Anfang 2023 entfallen die Parkgebühren für Zweiräder und Lastenräder, während sie für Kraftfahrzeuge steigen. Aus technischen Gründen müssen die rund 4.500 Berliner Parkscheinautomaten dafür allerdings schrittweise umgestellt werden, sodass die neuen Parkgebühren für Autos jeweils erst ab der Umrüstung gelten. Kostete das Parken bislang je nach Gebührenstufe ein, zwei oder drei Euro pro Stunde, sind es dann zwei, drei oder vier Euro. Ausnahmen gelten für Carsharing-Fahrzeuge, die der Senat in seiner Mitteilung als "wesentliche[n] Bestandteil zur Umsetzung der Verkehrswende" bezeichnet.

Verkehrswende lautet also das Ziel, aber auch Verkehrssicherheit – genauer: mehr Sicherheit auf den Fußwegen. So begründet der Senat seinen Schritt, Fahrräder und Co. von der Parkgebühren-Pflicht zu befreien. "Ich möchte endlich, dass die Fahrräder und auch die Scooter und andere Kleinstfahrzeuge von den Gehwegen verschwinden, wo sie bis jetzt rechtlich ja geduldet werden", sagte die Berliner Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch dem rbb Ende November 2022. In der Praxis würden die Fahrzeuge Fußgängerinnen und Fußgänger häufig behindern, so die Grünen-Politikerin.

Fußgänger: "Finds an sich jut"

Tatsächlich sieht man auch auf der Gleimstraße Fahrräder, die zwar nicht mitten auf dem Gehweg stehen, ihn aber dennoch teilweise blockieren. Der Platz in der Stadt ist begrenzt. Auch an meinem Rad fahren nun immer mehr Autos immer dichter vorbei. Trotzdem bleibt zunächst alles entspannt.

Ich spreche vorbeilaufende Fußgängerinnen und Fußgänger an. Was halten sie davon, dass mein Fahrrad im Gegensatz zu den Autos kostenlos auf der Straße parken darf? "Finds an sich jut", berlinert ein junger Mann, die Autos hätten sowieso schon genug Fläche. Auch bei den anderen Fußgängerinnen und Fußgängern ist der Tenor ähnlich. Sie begrüßen den Schritt des Senats – auch wenn die wenigsten vorher davon wussten.

Die Autofahrerinnen und Autofahrer, mit denen ich spreche, sehen das dagegen mitunter kritisch. Gerade in der Innenstadt herrsche eh schon Parkplatzknappheit, sagt eine Frau, deren Auto einige Meter entfernt von meinem Fahrrad parkt.

"Nicht nach einem langen Arbeitstag"

Das Front- und Rücklicht meines Rads leuchtet inzwischen. Es ist dunkel in der Gleimstraße, als plötzlich ein Auto mitten auf der Straße nah vor meinem Parkplatz hält. Der Autofahrer zögert zuerst, öffnet dann die Tür, steigt aus und läuft auf mein Fahrrad zu. Er ist jetzt kurz davor, mein Rad wegzuheben, als ihn eine Radfahrerin anspricht und sich für das parkende Fahrrad einsetzt. Ich geselle mich dazu, denn ich möchte mit beiden reden.

Er habe gerade mein Rad wegräumen wollen, sage ich und erkläre dem Autofahrer, dass ich gerade teste, was in Berlin nun auch kostenlos geht. Was hält er davon? "Nicht viel, wenn ich von der Arbeit komme und einen langen Arbeitstag hatte und dann hier gerne parken würde", sagt der Autofahrer. Er könne nachvollziehen, dass Gehwege sicherer werden sollen, würde sich aber trotzdem eine andere Verkehrspolitik wünschen. "Ansonsten fährt man hier oft rum, es ist ja sehr, sehr voll, wie man sieht."

Die Radfahrerin findet es dagegen gut, dass Fahrräder hier nun gebührenfrei parken dürfen. "Ich wollte zumindest die Diskussion mit dem Autofahrer anfangen, dass er nicht einfach fremdes Eigentum wegtragen darf", erklärt sie ihr Einschreiten. Das Fahrrad habe das gleiche Recht, dort zu stehen, wie das Auto.

Trotzdem glaubt sie nicht, dass die neue Regelung einfach so funktionieren wird. Es müsse Möglichkeiten geben, das Rad fest anzuschließen, sonst würden die Leute es einfach wegtragen.

Diese Einschätzung hat mein Test gestützt: Mein Fahrrad parkte keine zwei Stunden in der Gleimstraße, als der Autofahrer ansetzte, es wegzuheben. Wie sich Radfahrende in Berlin verhalten werden, lässt sich nur mutmaßen. Ich nehme aber an, dass viele beim Rad-Parken weiter auf Anlehnbügel, Straßenschilder oder Laternen auf Gehwegen setzen werden, an die sie ihr Rad auch abschließen können. Denn wenn man das Fahrrad nicht mehr dort wiederfindet, wo man es abgestellt hat, dann wirkt auch der Preis fürs kostenlose Parken auf einmal hoch.

Sendung: Fritz, 03.01.2023, 14:40 Uhr

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Beitrag von Franziska Spiecker

157 Kommentare

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  1. 157.

    Eine ehrlich gemeinte Bitte an den Senat und speziell an Frau Jarasch: schaffen Sie Mobilitäts-Angebote! Nicht jeder muss Auto fahren, nicht jeder muss oder kann das Fahrrad oder den ÖPNV nutzen. Eine ausgewogene Mischung macht es! Einzelnen Gruppen das Leben in der Stadt zu erschweren schafft lediglich sozialen Unmut. Davon haben wir schon genug. Bitte arbeiten Sie endlich einmal dagegen an, anstatt das Gegeneinander auch noch zu schüren! Vielleicht wird Berlin dann ja auch wieder lebenswerter.

  2. 156.

    Ich packe einen oben drauf, Fahrzeuge ohne Kennzeichen dürfen im Öffentlichen Strassenraum nicht abgestellt werden.
    Also erstmal Kennzeichen und Versicherungpflicht für alle Fahrräder....

  3. 155.

    "Schon ein bissel Schikane"
    So zumindest empfinde ich das und ich bin ein Radelfreund.

  4. 154.

    Danke für diesen Beitrag, der wieder in die Kategorie "fren, unverschämt und beleidigend" einzuordnen ist.
    Aber das ist man ja von ihnen gewöhnt.

  5. 153.

    Antwort auf Stefan
    Interessant Ihr Kommentar es ist beim Lernen des Führerschein enthalten?
    Ich habe nun keinen und wunderte mich schon immer das ich als Fahrradfahrer auch keine Verkehrszeichen Prüfung oder ähnliches je machen musste.
    Bin ja seit langem unterwegs und gebe halt immer nach der Schwächere lässt den Stärkeren vor .
    Aber das muss ja nicht richtig sein, aber Fahrradfahrer brauchen nun mal keine Prüfung um am Straßenverkehr teilzunehmen.

  6. 152.

    Antwort auf Danny
    So einen Blödsinn ich arbeite Schicht.
    Du bist nicht der einzige der Schicht arbeitet.
    Ich für meinen Teil auch 24/7 und wo ist das Problem komisch bin immer zur Arbeit gekommen und das an unterschiedlichen Orten.
    Noch Fragen Hör auf dir einzureden du brauchst ein Auto frag dich lieber warum Du es nicht mal ausprobierst ohne Auto.

  7. 151.

    Antwort auf Boomer
    Sehe ich auch so kurze Strecken im Bezirk laufe ich auch Fahrrad nur für größere Entfernung.
    Und ich steige in Fußgänger Zonen ab und rase auch nicht wenn ich mal damit unterwegs bin .
    Denn der Fußgänger hat Vorrang!

  8. 150.

    Nicht rumlamentieren, abwählen diese grünen Gesellschaftsspalter!

  9. 149.

    Vielleicht sollte sich Berlin generell gegen alle Pendler die mit dem PKW zur Arbeit fahren abschotten, dann wird die Luft bestimmt sauberer. Berliner sollten ebenfalls ihre Autos abschaffen, dann wäre die Luft sogar auch noch in BB sauber. Vielleicht haben sie auch mal das Glück bei ihrem nächsten Einkauf, dass alle Parkplätze mit Fahrrädern beparkt sind. Berlin wird kein Kopenhagen nur weil Wasser durch die Stadt fließt...

  10. 148.

    ... ich stelle mir vor Frau Jarasch gewinnt die Wahl. Dann gibt es irgendwann gar keinen Platz mehr für Autos. Die Frau tickt nicht richtig . . .

  11. 147.

    Sorry, Sie verstehen nicht worum es hier geht. Fahrräder stehen kostenlos auf bewirtschafteten Parkplätzen. Wenn Fahrräder ebenfalls 3 oder 4 € die Stunde zahlen (sie belegen ja auch eine ganze Parkfläche) und Anwohnervignietten kaufen müssen, ist die Gleichbehandlung wieder hergestellt und alles in Ordnung. Hier sind einige der Verkehrsteilnehmer idiologischer Willkür ausgeliefert.
    Die Stadt brennt im wahrsten Sinne des Wortes ja nicht nur bei diesem Thema und besonders die Grünen kippen wo es nur geht Öl ins Feuer. Im Februar sollte sich jeder bewusst werden, ob er ein "weiter so" will.

  12. 146.

    Eine einzige politische Provokation und ein erneutes Aufhetzen einer Gruppe gegen eine andere. Das ideologische Klientel gegen den Rest der Stadt. Über 1,2 Mio gemeldete Autos zu Beginn 2022 bei 1,9 Mio Haushalten (und dessen Haushaltsmitglieder, die davon profitieren).
    Dass der rbb im folgenden Artikel einfach Babys, Kinder und Pflegeheime etc. mit als mögliche Fahrzeughalter deklariert um die Masse der Autos herunter zu spielen ist wieder bezeichnend:
    https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/03/berlin-autos-pkw-carsharing.html
    65% der Haushalte besitzen also Anfang 2022 ein in Berlin gemeldetes (!) Auto. Stetig steigend.
    Die Carsharer, Dienstwagen und Zweitwohnsitzer gleich Komplett unterschlagen.
    Da der Parkplatzsuchverkehr steigt, kann man insbesondere den Grünen ihre Klima-, und Umweltliebe nicht mehr abkaufen. Pure Eskalation.

  13. 145.

    Wenn es zuviele Autos für Sie in Berlin gibt, ziehen Sie doch einfach in ein beschauliche Dorf.

  14. 144.

    Sicher gibt ein eine Notwendigkeit für das Auto. Und das liegt an jedem individuell. Nur weil Sie keines benötigten bedeutet es nicht das es für alle gilt. Jeder kann machen was er will und kaufen sowie nutzen was er will und meint für einen selbst zu passen. Wenn Sie von oben herab fremd bestimmt werden wollen, dann wandern Sie nach Russland oder Nordkorea aus

  15. 143.

    Lenkt gut von der eigenen Unfähigkeit ab, ständig Zwietracht zu sähen. Warum muss pro Parkplatz jeweils ein Fahrrad stehen? Warum gibt es keine Sammelstelle für Fahrräder und E-Roller? Funktioniert in anderen Länder vorzüglich.

  16. 142.

    Einfach herrlich, diese ganzen Kommentare hier. Besser als jedes Fernsehprogramm. Hoffentlich wird die Kommentarfunktion, auch zu anderen Themen, noch lange erhalten.
    Jeder gegen Jeden, Links gegen Rechts, Oben gegen Unten, beste Unterhaltung. Und es sind meistenteils dieselben Foristen (manche mit 3 und mehr Nicks).Leute macht weiter so.
    Und zu diesem Thema, was habe ich doch für ein Glück nicht in dieser Stadt leben zu müssen.

  17. 141.

    Das verstehe ich nicht: haben Sie keine Haftpflichtversicherung? Mein Rad ist in der Hausratsversicherung mitversichert. Verkehrsrechtsschutz hab ich auch noch. Was soll man denn sonst noch versichern?

  18. 140.

    Ein Fahrrad auf einem Parkplatz abzustellen, auf dem auch ein PKW Platz hätte, ist durchaus korrekt. Oder soll der/die Radfahrende nach einem Parkplatz für einen halben PKW suchen? Außerdem kann der Parkplatz unter Umständen noch für weitere Fahrräder genutzt werder. Also verbreiten Sie bitte keine Unwahrheiten.

  19. 139.

    "Ja, wenn der Platz in der Stadt so knapp ist, wie immer wieder beschrieben, warum muss man dann ca 10 Quadratmeter für ein einziges Fahrrad verschwenden, "

    Wenn der Platz in der Stadt doch so knapp ist, weshalb wird er dann durch so viele große Autos verschwendet und nicht durch kleine zweckmäßige effektiv genutzt?

  20. 138.

    "StVO 12(6) Es ist platzsparend zu parken.
    Zitat ende. Daher hat ein einzelnes Fahrrad in der Mitte eines Autoparkplatzs nichts zu suchen."
    Falsch.
    Weder ein Auto, noch ein Fahrrad dürfen zwei Parkplätze belegen, sondern nur einen.

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