DDR-Museum Döberitz versteigert Ausstellung - Vier Vitrinen Volkspolizei - zum Marktpreis

Fr 25.08.23 | 12:15 Uhr | Von Felix Michel und Stefan Ruwoldt
  15
Exponate des DDR-Museums in Berlin (Quelle: rbb)
Audio: rbb24 Inforadio | 24.08.2023 | Corinne Orlowski/Claudia Stern | Bild: rbb

Im Havelland steht die DDR noch. Zumindest einiges davon. Das DDR-Museum Döberitz hat mehr als fünf Jahre Ostprodukte und DDR-Alltagsgegenstände gesammelt und ausgestellt. Nun wird die private Sammlung aufgelöst und versteigert. Von Felix Michel und Stefan Ruwoldt

Trabi, Frösi, Elsterglanz - es sind Stichworte, die wie Papierfetzen auf einer Schnitzeljagd in dieses Dorf führen. Die ehemaligen Ostzeitungen in und rund um Berlin berichten, weil es hier um die Ostvergangenheit geht und die ehemaligen Westzeitungen zeigen es, weil hier die gesammelten Fetzen eines freakigen Lebens verhökert werden. Das DDR Museum Döberitz (Havelland) hat bislang immer DDR-Produkte ausgestellt. Nun aber ist Schluss. Es wird aufgelöst.

Es sind 400 Quadratmeter in und vor einem alten Dorftanzschuppen in Döberitz, die vollgestopft sind mit Produkten und Erinnerungsdokumenten aus DDR-Produktion. Peter Klapp aus dem benachbarten Premnitz hat hier seit 2013 gearbeitet und hat das Museum - eröffnet vor fünf Jahren - mitaufgebaut. Viele DDR-Erinnerungsstücke hat er selbst erstanden und das Haus zu einer Erinnerungsbörse gemacht. Hier erinnern Schilder, Wimpel, Bierdeckel und Puppenstuben an eine Welt, die die Leute aussortiert haben: DDR.

Mario und Petra (Quelle: rbb)
Mario und Petra Gadow aus Brieselang | Bild: rbb

Erst ein Trabi und später Eisenbahnen

Der eigentliche DDR-Produkte-Sammler des Hauses, der Mann mit dem Geld für Dinge, die eingekauft und gesammelt wurden, war Eigentümer Manfred Hüsges. Ein Sammler aus Mönchengladbach, der, wie erzählt wird, mit einem Trabi anfing, und dann mit Spielzeug, Lampen und Radioapparaten weitermachte. Hüsges starb vor mehreren Jahren und weil seine Erben sich wohl nicht auf eine Fortsetzung des Museums einigen konnten, wird alles versteigert.

Autos von ganz besonderer Güte

Die Piefigkeit des Ostens aber ist jetzt für manche Kult, wie sie es sagen: merkwürdig robuste Alltagsgegenstände, die die Jahrzehnte überstanden haben und jetzt fast ein bisschen trotzig immer noch da sind, ähnlich den knapp 2.000 Jahre alten Tontöpfen des einst verschütteten Pompeji - abstauben und ab in die Vitrine.

Mario und Petra Gadow aus Brieselang sehen sich kurz vor der Versteigerung noch einmal bei den Modelleisenbahnen um, sind aber vor allem an einem B1000 interessiert, eine Art Ost-VW-Bus. Sie begründen ihr Interesse mit Qualität: "Ick hatte früher mal einen", sagt Mario Gadow, "den hatte ich dann irgendwie verkauft und jetzt juckt es mir, den hier irgendwie zu holen und umzubauen." Petra Gadow erkennt in dem 40 oder 50 Jahre alten Wagen eine Art ewige Qualität und sagt: "Die Fahrzeuge waren nicht schlecht."

Die "Damals"-Vitrinen

Ein ehemaliger Tanzboden mit Erinnerungen, der nun, nach dem Tod des enthusiastischen westdeutschen Sammlers ausgeräumt wird. Gut 30 Jahre nach Auflösung der DDR und mit der Aussicht auf eine Sammelcharge "Erinnerung" suchen die Menschen in den Sammlungen, Vitrinen und Kisten nach dem Damals.

Christian Gründel, Inhaber des Historia-Auktionshauses, spricht über die Versteigerung als eine Art Aufräumaktion: "Mengenmäßig mehrere zehntausend Objekte - aber das wäre für uns ein viel zu großer Aufwand." Darum seien die kleinen und großen Überbleibsel des DDR-Lebens in Vitrinen thematisch geordnet worden und kämen als Sammelposten unter den Hammer: "Zwei Vitrinen mit Spielzeug", "Drei Vitrinen mit NVA-Militärsspielzeug", "Großes Konvolut an DDR-Produktion".

"70 Positionen", sagt Gründel, habe sein Haus aus diesen "tausenden Objekten" zusammengefasst.

Exponate des DDR-Museums in Berlin (Quelle: rbb)Wohl eines begehrtesten Objekte der Auktion: ein alter B1000 - damals wohl als Krankentransport unterwegs.

"Vermarkten - professionell und in alle Welt"

Während Gründel die Verwaltung seiner Versteigerung erläutert, streifen Interessenten durch den Saal mit den Objekten und untersuchen die Türscharniere der Autos auf ihren Sitz. "Wenn damit irgendwann mal was ist, kriegste alles alleine wieder zusammengefummelt", sagt Mario Gadow aus Brieselang über die Ostfahrzeuge.

"Vermarkten - professionell und in alle Welt - das machen wir", beschreibt Auktionshauschef Gründels sein Geschäft. Und natürlich meint er damit auch ein bisschen die großen Wege, die jetzt vielleicht das alte Sternradio, das Oberon-Radio, der Ruhla-Wecker oder die Foron-Wäscheschleuder nehmen. Die Volkspolizeiuniform geht zusammen mit einer Thälmannbüste fürs Bücherregal und einer Biertulpe über den Auktionstisch. "Vier Vitrinen...Volkspolizei" für 100 Euro Startpreis. "Relativ niedrig" nennt das Auktionschef Gründels, schickt aber mit dem nächsten Satz noch eine sehr gegenwärtige Ökonomielehre hinterher: "Aber wir lassen den Markt entscheiden."

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.08.2023, 13:55 Uhr

Beitrag von Felix Michel und Stefan Ruwoldt

15 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 15.

    Das gibt es. Sie finden es Hinter dem Gießhaus 3.

  2. 14.

    "Die DDR wurde nach dem Mauerfall annektiert und ausverkauft. "

    Es war die Mehrheit der Bürger der DDR die den Ausverkauf und Annexion wollten.

  3. 13.

    Wie sind Sie denn drauf? Da schreibt jemand ganz richtig, dass die DDR ihre Bürger bespitzelt, unterdrückt und bei "Republikflucht" beschossen hat. Schlimme Vorgänge. Gut, dass sowas vorbei ist. Und Sie wollen das nicht hören?!

  4. 12.

    Hoffentlich haben die begehrten Auktionsobjekte keinen Treffer abbekommen ;-) Mit ähnlichen in oder für Westdeutschland produzierten Auktionsobjekten würden Sie vermutlich ähnlich hohe Gebote erzielen (T1, 60er Möbel etc.). Soll heißen, möglicherweise steht für die Bieter weniger die Geschichte im Vordergrund, sondern vielmehr das Design. Vielleicht tröstet es Sie aber, dass die meisten Hersteller pleite gegangen wurden. Ganz im Gegensatz zu... Dreimal können Sie raten.

  5. 11.

    Die DDR hat ihre eigenen Bürger bespitzelt, unterdrückt und sogar angeschossen, wenn sie die Landesgrenze in Richtung Westen überqueren wollten. Da noch Positives dran sehen wollen, naja ...

  6. 10.

    Nun ja, es war auch etwas „inflationär“ geworden mit den DDR-Museen. Da wurde das Dorf mal „durchgefegt“ und feddisch war das DDR-Museum. Da viele dieser Museen privat bzw.ehrenamtlich geführt wurden, ist m.M.n.auch ein entscheidender Grund, daß diese Museen verschwinden. Meist mit viel Herzblut & „heißer Nadel“ aufgebaut, begrenzte Öffnungszeiten, schwindendes Interesse, keine Weiterentwicklung, steigende Unterhaltskosten,etc. sind für die Museen z.b.außerhalb der Touristen-„Hotspots“ der „Todesstoß. Selbst die Sammlung im Simmel-Haus in Dresden wurde aufgelöst. Und diese bot Dinge, welche uns als „Zonenkinder“ unbekannt waren. Es bedarf wahrscheinlich eines zentralen Orts, welcher das Gesamtthema“DDR“ in möglichst vielen Facetten darstellt.
    Ob es gewollt ist oder überhaupt gebraucht wird, sind die Fragen der Zukunft. Ich sage Ja.

  7. 9.

    Ich war als junger Mensch der DDR und ihrer Führung gegenüber ziemlich kritisch eingestellt. Inzwischen hat sich der Blick auf vieles verändert. Die DDR wurde nach dem Mauerfall annektiert und ausverkauft. Damit wurden auch ihre positiven Errungenschaften geradezu systematisch vernichtet.
    Es ist höchste Zeit für eine Entschuldigung!
    Für Großkonzerne, Banken und Fluggesellschaften ist Geld vorhanden. Weshalb nicht mal für ein staatliches DDR-Museum?!

  8. 8.

    Alles ist vergänglich, auch die DDR. Das Interesse an solchen Museen scheint sich ja in Grenzen zu halten. Wer an solchen Gegenständen hängt, kann ja bei der Auktion zuschlagen und eine eigene Sammlung aufbauen.

  9. 7.

    Mal sehen ob ich Morgen etwas ab bekomme. Leider gibt es für das was mich Interessiert, wahrscheinlich Leute mit mehr Geld. Schaun mer mal.

  10. 6.

    Ich halte den Begriff "Piefigkeit" für unglücklich und durchaus verletzend und hätte für die durch das Käseglockendasein geprägten DDR-Verhältnisse andere Begriffe gewählt. Indiskutabel finde ich allerdings auch die pauschalen Anti-West-Beißreflexe mancher Kommentatoren, zumal kaum jemand wissen dürfte, aus welcher Himmelsrichtung die beiden RBB-Autoren stammen.
    Im Übrigen kenne ich gut das sentimale Gefühl beim Betrachten von Dingen aus der Jugendzeit, seien es nun das Röhrenradio, die Tütenlampen oder die nach heutigen Maßstäben schrägen Autos. Interessenten für die DDR-Vergangenheit sei in diesem Zusammenhang das DDR-Museum in Eisenhüttenstadt empfohlen, wo die DDR in all ihren Facetten sehr gut aufbereitet wird.

  11. 5.

    Schade das sich Niemand fand, um dieses Museum weiterzuführen. Ich bin im Osten aufgewachsen und erinnere mich gern an diese Zeit zurück. Es war nicht Alles schlecht in der DDR und ich sehe mir gern die ganzen Erinnerungsstücke aus der Kindheit an. Ich freu mich immer, wenn ich Dinge aus dieser Zeit wiedererkenne.

  12. 3.

    „Die Piefigkeit des Ostens?“ Was soll das denn? Der Westen war und ist in Teilen heute noch piefig.

  13. 2.

    Was für ein arroganter Artikel - westdeutsche Selbstgefälligkeit par excellence...

  14. 1.

    Jetzt wird die DDR also zum zweiten Mal verramscht.
    Schade das sich kein Museum zum weitermachen entschlossen hat.
    Man mag die Ex-DDR sehen wie man möchte doch es werden mit der Zeit immer weniger Zeitzeugen und gegenständliche Werte da sein die zeigen: So war es einst!

Nächster Artikel