Statistisches Landesamt - Berlin hat weiter zu wenige Hebammen - trotz sinkender Geburtenzahlen

Mi 27.09.23 | 06:04 Uhr | Von Frank Preiss
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Symbolbild: Susanne Bantel, Hebamme und Bereichsleiterin Mutter-Kind-Bereich, misst mit einem CTG die Herztöne eines Ungeborenen. (Quelle: dpa/J. Woitas)
Audio: rbb 88.8 | 27.09.2023 | Andreas Marschner | Bild: dpa/J. Woitas

Frische Zahlen vom Statistischen Landesamt zeigen: Auch in diesem Jahr setzt sich der Trend der Geburtenrückgänge in Berlin fort. Für die Hebammen ändert das aber wenig. Vom idealen Betreuungsschlüssel bleiben sie weit entfernt. Von Frank Preiss

  • Betreuungsschlüssel bei Hebammen in Berlin liegt meist bei 1:3
  • Branchenverband beklagt schlechte Arbeitsbedingungen
  • Bis Mai 2023 wieder weniger Geburten als im Vorjahreszeitraum

Trotz sinkender Geburtenzahlen in Berlin bleibt die Verfügbarkeit von Hebammen in der Stadt äußerst begrenzt. "Die leitliniengerechte 1:1-Betreuung ist nach wie vor in vielen Berliner Kreißsälen nicht möglich", sagte die Vorsitzende des Berliner Hebammenverbands, Ann-Jule Wowretzko, am Dienstag dem rbb. Nach wie vor könne meist nur eine 1:3-Betreuung gewährleistet werden - auf eine Hebamme kommen also drei Geburten.

Zwar habe sich in manchen Geburtskliniken die Lage in den zurückliegenden Monaten etwas gebessert, so Wowretzko weiter, aber: "Wir sehen aus den Zahlen der Berliner Hebammenvermittlung, dass rund 30 Prozent aller Frauen und Familien noch immer nicht an freiberufliche Hebammen vermittelt werden können. Auch im klinischen Bereich ist es weiter zu früh, von einer Entspannung zu sprechen."

Geburtenrückgang setzt sich auch 2023 fort

Der Berliner Hebammenverband zählt laut Wowretzko derzeit knapp 1.000 Mitglieder. Die Verbandschefin geht nach eigener Aussage davon aus, dass viele von ihnen in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen. Der Fachkräftemangel wird sich damit auch in dieser Branche zuspitzen, wenngleich inzwischen mehr angehende Hebammen in Berlin studieren als noch vor Jahren. "Das Problem ist eher die kurze Berufsverweildauer, die wiederum mit den schlechten Arbeitsbedingungen zusammenhängt", sagt Wowretzko.

Bislang setzt sich auch im Jahr 2023 die Tendenz fort, dass in Berlin weniger Geburten gezählt werden. Die frischsten Zahlen des Statistischen Landesamtes reichen bis einschließlich Mai. Demzufolge wurden in den ersten fünf Monaten des Jahres 13.243 Kinder geboren. Das sind nochmals zwei Prozent beziehungsweise mehr als 300 Geburten weniger als im Vorjahreszeitraum.

Im Jahr 2022 hatte es in Berlin einen regelrechten Geburtenknick gegeben: Mit 35.729 Lebendgeburten wurden knapp neun Prozent weniger gezählt als im Jahr zuvor.

Mangel in Brandenburg vor allem in berlinfernen Regionen

In Brandenburg gestaltet sich derweil die Lage ähnlich wie in Berlin. Angesichts des hohen Durchschnittsalters der Hebammen sorgt sich Familienministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) um die Geburtshilfe auf dem Land, wie sie sagt. Von den etwa 600 im Bundesland beruflich aktiven Geburtshelferinnen werde in den kommenden zehn Jahren etwa ein Drittel das Rentenalter erreichen, heißt es in einer Studie, die das Gesundheitsministerium in Auftrag gegeben hatte.

Diese Entwicklung bringe die Geburtskliniken "in berlinfernen Regionen zunehmend in Schwierigkeiten", sagte die Ministerin Anfang September. Hinzu komme: "Niedrige Geburtenzahlen in einer Klinik beeinträchtigen die Wirtschaftlichkeit und schränken die Ausbildungsmöglichkeiten ein", so Nonnemacher weiter.

So wie in Berlin ist auch in Brandenburg die Zahl der Geburten zuletzt gesunken. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag sie im vergangenen Jahr - im Vergleich zu den beiden Vorjahren - um rund 1.600 niedriger (bei 17.400). Dabei stieg die Zahl der Geburten im Berliner Umland zwischen 2010 und 2020 um 3,9 Prozent, während sie in den berlinfernen Regionen um 2,3 Prozent zurückging.

Sendung: rbb 88.8, 27.09.2023, 06:30 Uhr

Beitrag von Frank Preiss

4 Kommentare

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  1. 4.

    So sieht’s aus. Ist bei allen medizinischen Berufen so , bspw. Ärzte in den Berliner Psychiatrien oder im öffentlichen Gesundheitsdienst. Hebammen arbeiten unter für Außenstehende nicht nachvollziehbaren Arbeitsbedingungen. Viele schmeißen bereits nach der Ausbildung hin..

  2. 3.

    Entspricht nicht meinem Rechenverständnis, weniger Geburten, da müßte doch jetzt die Zahl der Hebammen stimmen, sonst würde es sich bei einem Überangebot von Hebammen nicht mehr rechnen …

  3. 2.

    Weil man Hebammen irgendwie auch das Leben schwer macht, danke Lauterbach. :)

    Also ich habe nur durch Glück eine Hebamme für die Geburt danach gefunden..
    Und die Geburtszahlen die zurückgehen wundert mich nicht,
    wir haben ein Wohnungsproblem und stecken fest in einer zu kleinen Wohnung...bald mit Kind, weil wir keine Wohnung leisten können für 2000 bis 3000 Euro.
    Danke Berlin. :)

  4. 1.

    Angemessene Bezahlung und Dienstplangestaltung regelt.

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