Der rbb|24-Adventskalender | Abgefahren aufgemacht - 21. Tür: Ganz viel rein und ganz schnell weg

Mi 21.12.22 | 05:45 Uhr | Von Stefan Ruwoldt
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Adventskalender: Der Weihnachtsmann bringt Geschenke mit dem Lastenrad (Quelle: Marcus Behrendt)
Bild: Marcus Behrendt

Auch für die moderne Bewegung gilt: Nur wer vorn ist, kriegt die Trüffel. Doch wie bekommen die Sieger diese Beute nach Hause? Manche nutzen dafür ein Mobil, das in Sachen Kompromisslosikeit nicht zu toppen ist.

24 kleine Geschichten rund um Bewegung, Geschwindigkeit oder um das bloße Fortkommen, das Verschwinden oder über Menschen, die etwas in Gang setzen - all das natürlich in Berlin und Brandenburg. Alle Türchen auf einen Blick finden Sie hier.

Jeder hat ein Lieblingsfortbewegungsmittel. Und natürlich schwört auch jeder auf diesen, seinen Liebling. Folglich gibt es Streit, welches Teil das Beste ist. Die Community ist auch hier gespalten. Klar ist: Die Mobile der anderen taugen nichts. Nie. Die anderen haben keine Ahnung, was schnell ist und kostenoptimiert dazu. Mobil zu sein polarisiert.

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Das Türenteam

Marcus Behrendt (Quelle: Marcus Behrendt)
Marcus Behrendt

Illustrator und Comiczeichner "EMBE", mit bürgerlichem Namen Marcus Behrendt, steigt auch bei Schnee und Kälte auf sein Rad. Der gelernte Pädagoge nutzt jede Gelegenheit zum Zeichnen.

Stefan Ruwoldt (Quelle: Marcus Behrendt)
Marcus Behrendt

Redakteur Stefan Ruwoldt ist dem Weihnachtmann hinterhergehetzt, hat ihn aber nie erwischt. Das tat er mit dem Rad, dem Boot und seinem ganz privaten Motorschlitten. Nur beim Reiten, Golfen und Gleitschirmfliegen guckt er lieber zu.

Überall nur Defizite

Die Defizite der anderen mobilen Mitmenschen sind schnell identifiziert: Der klassische Autofahrer hält dauernd bei Rot, die ÖPNV-Gurus geben sich für ihre freie Fahrt mit 300 Meter Busspur zufrieden und Lkw-Fahrer stoppen sogar für Hunde und Katzen. Und die Spaziergänger? Sie wollen andauernd losgehen, aber trauen sich nicht. Zu oft Rot!

Sie alle werden geschichtlich auf der Strecke bleiben. Wer ankommen will, muss sich durchsetzen.

Die ultimative Fortbewegungshilfe für dieses Durchsetzen ohne Wenn und Aber lautet: Lastenrad. Das sagt die Statistik, denn der Verkauf der Räder boomt. Im vergangenen Jahr setzten Händler und Hersteller bundesweit elf Mal so viele Lastenräder ab wie noch fünf Jahre zuvor (167.000 vs. 15.125 laut Zweirad-Industrieverband - ZIV). 120.000 dieser neuen Lastenräder sind E-Bikes.

Eine nach Bundesländern aufgeschlüsselte Bilanz liefert der ZIV nicht. Aber es gibt viele Anzeiger, dass Berlin-Brandenburg eine Lastenrad-Region ist oder eine werden will: Etwa die Zahlen der Lastenrad-Fördergelder bei Brandenburgs Landesregierung, sowie beim Senat und beim Bund [velogut.de]. Auch gibt es beispielsweise Pilotprojekte für die Paketzustellung mit Lastenrädern und Lastenradverleih. Es gibt Lastenradwettbewerbe, Lastenradforen, Lastenradbörsen und einen La-La-Lastenradsong. Das sind die harten Fakten: Alle wollen aufs Lastenrad.

Halbweiche Faktoren der harten Realität

Und es gibt weitere Argumente, sagen wir halbweiche Faktoren, die für das Lastenrad sprechen.

Erstens: Ein richtig zünftig hochgezüchtetes Lastenrad kann von Konkurrenten nicht umgeworfen werden - denn es hat drei Räder.

Zweitens: Lastenräder verschieben die Verletzungsgefahr aufgerissener Autotüren zu ihren Gunsten.

Drittens: Passanten können querstehenden Lastenrädern als kleine Ärgernisbotschaft zumindest nicht den Lack zerkratzen, denn: Lastenräder sehen erst richtig schick aus, wenn sie ordentlich zerkratzt sind. Neid, Rachsucht, Beleidigtsein, zünftige Prügeldrohungen und "Ich hol die Polizei" landen vorn in der hölzernen Transportkiste des Lastenrads und vertrocknen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Weihnachtsmann mit den Lastenrad kommt, steigt. Auch er rüstet auf. Und er hat Anspruch auf das Beste. Seien Sie vor ihm beim Händler.

Beitrag von Stefan Ruwoldt

6 Kommentare

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  1. 6.

    Schon klar. Sonst würden nicht alle Arten von Rädern in Indien und Südamerika herum fahren - seit eh und je.

  2. 5.

    Lasatenräder gab es auch schon vor 100 Jahren.
    Lediglich der elektrische Motor und die hydraulischen Bremsanlagen sind Neuentwicklungen.
    Wenn man sich Sachs Torpedonaben vor Auge führt, gab es sogar schon komplexe 5-Gang Getriebenaben vor 100 Jahren.

  3. 4.

    Die technische Entwicklung beim Lastenrad zeigt nur, wie schnell es (plötzlich) gehen kann, wenn sich Blockaden im Denken lockern: Als Erstes wäre wohl zu nennen, das genannte Gefährte doch eher nach Indien, in den ostasiatischen oder südamerikanischen Raum gehörten als in den europäischen und hier speziell dem hochindustrialisierten mitteleuropäischen.

    Wie so oft ist es immer auch eine Sache des begleiteten Rufs: Zu Hochzeiten des Automobilismus galt alles andere, was benutzt wurde, als Arme-Leute-Verkehrsmittel, Straßenbahnen als Verkehrs(!)-Hindernis, obwohl sie doch schon immer Teil des Verkehrs waren, Räder auch, die ICC-Kreuzung zu Anlegezeiten lässt grüßen.

    Jetzt also werden sogar schwere Lasten per Rad transportiert. Zivilisiertes Fahrverhalten sollten allerdings alle an den Tag legen, sonst wird die verhängnisvolle Losung "Freie Fahrt für freie Bürger" nur neu aufgelegt.

  4. 3.

    Also manchmal ist es echt eine Last mit diesem Rad. Z.B. wenn die Prenzlberger Ausflugsfamilie mit ihren Kiddies im Gepäckfach SUV-gleich in bester Rentnermanier leicht schlangenlinien fahrend mittig auf dem Radweg trödelt. Unfähig ein freundliches "kann ich mal bitte vorbei" wegen der Stöpsel im Ohr wahr zu nehmen, dann Zeter und Mordio schreiend sich über die vermeindlich Kampfradelnde aufregend in gewohnter Schleichfahrt ihren Weg fortsetzt. Ganz übel sind diese Lastenräder mit noch einem Anhänger dran, der Familienhund muss ja auch mit. Jeder Holländer mit Wohnwagen fährt besser - hört man so.

  5. 2.

    Ich kann all den aufgeführten Punkten nicht mitreden außer, dass es echt viele Lastenräder auf den Straßen geworden sind, auch im Speckgürtel.
    Von Interesse für mich sind Autoparkplätze. Die eignen sich hervorragend für ein knapp 3 Meter langes Long John.
    Der Rossmann Parkplatz lässt grüßen.

    Der Weihnachtsmann kann gerne mit meinem Rad (E-Harry Pedalpower) Probe fahren. Das ist eine Limousine auf zwei Rädern. ;=))

    Ho! Ho! Ho!

  6. 1.

    Sehr schön geschrieben. Gefällt mir und zeigt was gehen kann und wie die Zukunft von Ballungsräumen aussehen kann, wenn man bereit ist, seine Komfortzone zu verlassen und neue Möglichkeiten zu entdecken.
    Nicht zuletzt könnte es auch bei vielen durch mehr Bewegung zu mehr Gesundheit führen.

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