100-jährige Holocaust-Überlebende - Wissenschaftlerin Margot Friedländer erhält Ehrendoktorwürde der FU Berlin

Mi 25.05.22 | 20:13 Uhr
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Margot Friedländer. (Quelle:dpa/Wolfgang Kumm)
Bild: dpa/Wolfgang Kumm

Die 100-jährige Holocaust-Überlebende Margot Friedländer hat die Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin (FU) erhalten. Der Titel wurde am Mittwoch im Henry-Ford-Bau verliehen, wie die Universität mitteilte.

Vorgeschlagen hatte die Auszeichnung der Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften für Friedländers überragende Verdienste als Zeitzeugin der Verfolgung, als engagierte Anwältin öffentlicher Geschichte und als Botschafterin der Erinnerung und der Menschlichkeit, hieß es in der Mitteilung der FU.

Geehrt werde Margot Friedländer damit auch als beispielhafte "Bürgerwissenschaftlerin", deren Leistungen über die Vermittlung selbst erlebter Geschichte weit hinausgingen.

Versteckt, inhaftiert, emigriert und zurückgekehrt

Die 1921 in Berlin geborene Margot Friedländer lebte während der Nazizeit im Untergrund in Berlin, ihr gelang es eine Zeit lang, sich vor den Nationalsozialisten zu verstecken. Ihr Familie wurde nach Auschwitz deportiert und ermordet. Sie selbst überlebte das Konzentrationslager Theresienstadt. 1946 emigrierte sie nach New York, 2010 zog sie nach Berlin zurück.

Über ihre erste Rückkehr nach Berlin 2003 entstand der Film "Don't call it Heimweh", auch ein Buch hat Friedländer geschrieben: "Versuche, dein Leben zu machen".

Seit ihrer Rückkehr nach Berlin besucht sie als Zeitzeugin auch Schulen. Ihr Wirken bei diesen Vorträgen und Lesungen vor Heranwachsenden würdigte der Präsident der Freien Universität, Günter Ziegler, in seiner Eröffnungsansprache. "Ohne jeden Zweifel, die Aufarbeitung und das Im-Blick-Behalten der Vergangenheit sind Grundvoraussetzung für heutiges Zusammenleben in Frieden und Würde – das Zusammenleben mit Jüdinnen und Juden, aber auch mit anderen Religionsgemeinschaften und Gruppen in unserer Gesellschaft", sagte Ziegler laut FU-Mitteilung. Die gesellschaftliche Vielfalt sei Menschen wie Margot Friedländer und ihrem Engagement zu verdanken.

Video: Margot Friedländer zu Gast im rbb-Talk "Studio 3"

"Jeder, der einem Zeugen zuhört, kann selbst ein Zeuge werden"

Bei der Verleihung hielt die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann eine Laudatio auf Margot Friedländer. "Auf eine herausragende Weise verkörpert Margot Friedländer eine Form von Demokratieerziehung, die Verstand und Herz gleichermaßen anspricht. Jeder, der heute einem Zeugen zuhört, kann selbst ein Zeuge werden und Verantwortung für diese Geschichte übernehmen", sagte Assmann der Mitteilung zufolge. "Margot Friedländers Impuls ist so wichtig in einer Zeit, in der sich einerseits immer weniger Zeitzeugen des Holocaust noch zu Wort melden und in der sich andererseits die Zusammensetzung der Gesellschaft rapide verändert."

Im Anschluss an die Laudatio gab es noch ein Gespräch mit einem Geschichtsstudenten und dem Berliner Historiker Paul Nolte.

Sendung: rbb24 Abendschau, 25.05.2022, 19:30 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Wenn jemand so eine Auszeichnung verdient hat, dann zu 100 % Frau Friedländer. Hut ab und allerhöchsten Respekt und viel Glück und Gesundheit für die kommenden Jahre!!!

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