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Audio: Antenne Brandenburg | 26.11.2022 | Torsten Sydow | Quelle: dpa/Andreas Franke

SPD-Landesparteitag in Cottbus

Im Zeichen der Krisen

Die SPD trifft sich am Samstag zu ihrem Landesparteitag in Cottbus. Nach den vielen Krisen der jüngsten Zeit geht es der Partei vor allem um eine Botschaft: Die Genossen können Antworten liefern. Symbolischen Charakter hat der Tagungsort. Von Markus Woller

Man könnte meinen, es stand schon mal besser um die Sozialdemokratie in Brandenburg. Die Krisen der vergangenen beiden Jahre haben ihr zugesetzt. Jüngste Umfragen aus dem September sehen gar das Selbstverständnis als ultimative Brandenburg-Partei angekratzt. Dort hatte die Partei unter dem Eindruck vieler ungelöster Probleme und Krisen ihren Spitzenplatz plötzlich mit der AfD teilen müssen.

Man könnte auch meinen, dass es somit eher tollkühn anmutet, dass die SPD sich ausgerechnet Cottbus als Tagungsort aussucht, um ihren diesjährigen Parteitag abzuhalten - eine Hochburg der AfD in Brandenburg.

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SPD von Tagungsort überzeugt

Aus der SPD selbst heißt es dazu, es gäbe im Gegenteil keinen besseren Tagungsort als diesen. Besonders in diesen Zeiten. In Cottbus zeigt sich, dass die Partei auch in Krisenzeiten Wort halten kann. Gemeint sind die ersten sichtbaren Zeichen des Braunkohle-Strukturwandels, der eine ganze Region um ihre Zukunft hatte zittern lassen. Nun wachsen dort die ersten Hallen fürs neue Bahnwerk, die neue Uni-Medizin wird in den kommenden Jahren Hunderte junge Menschen in die Region ziehen. Der sogenannte Lausitz-Science-Park für die nachhaltige Entwicklung der Region als Forschungsstandort nimmt ebenfalls Formen an.

Der Tagungsort quasi als Symbol dafür, dass man Krisen nicht machtlos gegenüberstehe. Auch wenn sie so bedrohlich erscheinen wie aktuell. "Verlässlichkeit durch schwierige Zeiten", so heißt dann auch der Leitantrag, in dem die Partei noch einmal alle staatlichen Maßnahmen zur Bewältigung der Energiekrise aus Bund und Land zusammenfasst. PCK, Betriebe, Privathaushalte – sie alle seien nicht vergessen. Dazu das Versprechen, die Energiewende weiter voranzutreiben.

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Eventuelle Streitpunkte ausgeklammert

Für weitere Krisen allerdings, so viel scheint klar, hat dieser Parteitag keinen Platz mehr. Da passt es der Parteiführung wohl ins Konzept, dass diesmal nicht gewählt wird. Mögliche Streitpunkte wurden zudem vorher so gut es ging aus dem Weg geräumt. Zum Beispiel die Diskussion um eine Doppelspitze in der Partei. Angestoßen wurde die schon vor mehr als einem Jahr aus dem Kreisverband Havelland.

Jede Entscheidung zu diesem Thema hätte zu Spekulationen und Unruhe geführt. Entweder darüber, ob Woidke noch der starke Mann an der Spitze der Partei ist, oder aber ob man es nicht verpassen würde, sich moderner und zukunftsgewandter aufzustellen. Das Thema ist nun vorerst vom Tisch.

SPD braucht Woidkes Strahlkraft

Noch scheint es ohnehin zu früh für eine Debatte über das Danach zu sein. Ministerpräsident Dietmar Woidke hat bereits angekündigt, bei der kommenden Landtagswahl noch einmal antreten zu wollen. Die Partei braucht die Bekanntheit des 61-Jährigen und seine vermeintliche Strahlkraft im Land dringend. Denn aussichtsreiche, charismatische Nachfolger stehen momentan weder in Ministerien, der Fraktion noch in irgendwelchen Rathäusern oder Landratsämtern parat.

Nur ein Name fiel in der Vergangenheit häufiger, wenn es um eine mögliche Nachfolge ging. Der von Finanzministerin Katrin Lange. Nachdem sie in den vergangenen Monaten aber auffällig oft am rechten Rand des Parteienspektrums gefischt hatte, steht hinter ihren Ambitionen zunächst ein Fragezeigen. Nach Kritik, zuerst an der Corona-Politik, nun auch noch am Ukraine-Kurs des Landes, gehen vor allem Genossen im Berliner Umland zunehmend auf Distanz.

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Und so gelang es der Parteiführung dann auch nicht, einen Konflikt zwischen ihr und den Jusos vor dem Parteitag gänzlich zu befrieden. Der Partei-Nachwuchs hatte aufbegehrt, nachdem Lange in einer vielfach kritisierten Rede im Landtag vermeintliche Gewissheiten beim Umgang mit dem Ukraine-Krieg infrage stellte. Den Krieg müsse man zu "akzeptablen Bedingungen für die Ukraine" beenden, sagte sie dort.

Der SPD-geführten Bundesregierung unterstellte Lange gar Propaganda. Nicht nur für viele Jusos waren ihre Äußerungen damals ein "No-Go". Zwar hat mittlerweile ein klärendes Gespräch mit dem Parteinachwuchs gegeben. Dennoch: Darauf verzichten, mit einem entsprechenden Antrag in den Parteitag zu gehen, wollten die Jusos nicht, Titel: "Uneingeschränkte Solidarität mit dem ukrainischen Freiheitskampf". Die Debatte zu führen sei auch weiterhin wichtig, heißt es aus dem Juso-Vorstand.

Bildungspolitik im Fokus

Weniger offen ist die Kritik an anderer Stelle. Allerdings sprechen Zahlen dort eine klare Sprache: Ein gutes Dutzend der rund 80 Anträge auf dem Parteitag beschäftigt sich mit Bildungspolitik. Es geht vor allem um die bessere Aus- und Weiterbildung von Lehrern und um die Finanzierung von Schulbauten. Die jüngsten Studien lassen Brandenburg vor allem im Grundschulbereich nicht gut aussehen. Da sieht die SPD-Basis offenbar Nachsteuerungsbedarf.

Trotzdem: Mit hitzigen Diskussionen oder Krawall ist auf diesem Parteitag nicht zu rechnen. Mitten in der Krise, mitten in der Wahlperiode. Für harte, offene Personal- oder Richtungskämpfe ist es einfach noch zu früh.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 26.11.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Markus Woller

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