Brandenburg - Knapp ein Drittel der ukrainischen Schüler ohne Deutsch-Förderung

Mi 21.12.22 | 20:24 Uhr
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Symbolbild: Eine Lehrerin spricht beim Unterricht in einer Sprachlernklasse mit ukrainischen Schülern über Weihnachtsbräuche. (Quelle: dpa/F. Gentsch)
Audio: Antenne Brandenburg | 21.12.2022 | Nico Hecht | Bild: dpa/F. Gentsch

Für den Deutschunterricht von ukrainischen Kindern und Jugendlichen fehlt Brandenburger Schulen Lehrpersonal und Räume. Von den insgesamt etwas mehr als 5.800 ukrainischen Schüler und Schülerinnen erhalten momentan fast 1.800 keinen Förderunterricht in Deutsch. Das teilte das Bildungsministerium auf Anfrage das rbb mit.

Vorgesehen sei je nach Bedarf eigentlich ein Förderunterricht in Vorbereitungsgruppen im Umfang zwischen 7 und 25 Unterrichtsstunden pro Woche. Das könne aber längst nicht überall gewährleistet werden. "Die personelle Besetzung ist dabei der limitierende Faktor", so ein Sprecher des Ministeriums.

Personal und Räume für den Unterricht fehlen

Das bestätigt auch Kathrin Wiencek, Vorsitzende des Brandenburger Philologenverbands und selbst Schulleiterin in Bad Belzig. "Es fehlt schlicht das Personal, um die Vorbereitungsgruppen aufzumachen. Und es fehlt auch an Räumen für den Förderunterricht." Sie beobachte, dass es außerhalb der Städte, wo Schulen ohnehin weniger Lehrer zur Verfügung stehen, es auch besonders schwer falle, den Förderunterricht zu realisieren.

Tatsächlich erzielen die einzelnen Landkreise enorm unterschiedliche Förder-Quoten. Am besten klappt es in der kreisfreien Stadt Frankfurt(Oder). Lediglich 2,4 Prozent der ukrainischen Schüler fehlt hier die Deutsch-Förderung. Am schlechtesten schneidet der Landkreis Oberspreewald-Lausitz ab. Mehr als 62 Prozent aller ukrainischen Schülerinnen und Schüler bekommen hier keinen speziellen Deutschunterricht.

Viele Schüler nutzen Simultan-Übersetzer-App für den Unterricht

In 12 von 18 Landkreisen bzw. kreisfreien Städten erhalten mehr als ein Viertel der ukrainischen Schüler derzeit keine Deutschförderung. Nur in drei Kreisen liegt diese Quote unter 20 Prozent. Laut Kathrin Wiencek bedeute das in der Praxis, dass viele ukrainische Schüler und Schülerinnen Simultan-Übersetzer-Apps auf ihrem Smartphone benutzen müssen, um dem Unterricht folgen zu können.

Die Lehrerverbände und das Bildungsministerium seien in einem ständigen Austausch zum Thema, so Wiencek. Es sei aber bisher nicht gelungen, mehr als 176 Personen zusätzlich für die Beschulung von ukrainischen Schülerinnen und Schülern einzustellen.

Außerdem berichtet Wiencek, dass viele der Jugendlichen nach dem Unterricht in deutschen Regelklassen noch online von ukrainischen Lehrern unterrichtet würden. Sie sieht darin eine mögliche Lösung für das Problem mit der Deutschförderung. Es sei vielleicht sinnvoller, so Wiencek, auf Regierungsebene zu besprechen, wie geflüchtete ukrainische Jugendliche online in ihrer Muttersprache unterrichtet werden können, statt auf einer Unterrichtspflicht in deutschen Regelklassen zu bestehen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 21.12.2022, 17:00 Uhr

10 Kommentare

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  1. 10.

    Nur mit dem Deutsch klappt es immer noch nicht so, oder?
    "wenn man die Sprache nicht spricht" Das ist genau das Problem, das viele mit gleichem Ursprung wie Sie auch haben. Es wird lieber russisch etc. gesprochen, weil man sich nur unter Gleichgesinnten aufhält, als die lokale Sprache. Dann passiert sowas, dass man nach 20 Jahren immer noch schwer zu verstehen ist bzw. jeder genau erkennt wo man her kommt. Mich würde sowas stören in Ihrer Situation. Aber das ist ja jedem selbst überlassen. Und in der nächsten Generation ist das ehe alles wieder anders. Bei den Kindern ist es ja dann genau anders rum.

  2. 9.

    Dass digitales Lernen kein Bildungsbeitrag liefert, ist mir ehrlich gesagt, ein "bisschen sehre platt". Denn dann dürften die nordischen Länder, oder Australien oder eben auch Personen aus der UA nicht gewisse Erfolge aufweisen. Oder auch das Baltikum. So möchte ich Ihre Darstellung nicht stehen lassen. Zum Üben & zum Selbsterwerb von Wissen, auf der Basis, das interessiert mich aber mal, das möchte ich jetzt gern mal wissen, ist das digitale Lernen unschlagbar. Denn für ein Referat zum Beispiel muss das Wissen aus dem Netz auch verstanden & neu sortiert/geordnet werden. Beim der Erlernen von Sprachen besonders, wenn erst einmal angeregt werden muss, aus sich herauszukommen oder ein Mechanismus der Anwendung verstanden werden muss, ist das Forum einfach besser! Denn das Internet zeigt lediglich an: Richtig o. falsch. Im Erst-Verstehen-Modus reicht das aber nicht. Also, es kommt v.a. darauf an, was mit dem WEB geübt/gelernt werden soll! Der richtige Mix- das ist es!

  3. 8.

    Meine Zustimmung für Geflüchtete aus der Ukraine ist endlich! So kann es nicht weitergehen Brüssel ist für eine Lösung zuständig. Aber die sind ja so korrupt!

  4. 7.

    „Sind im ständigen Austausch“ und „fremde“ Lehrer, die man nicht bezahlen muss, sollen die Lösung sein? Diese „Denke“ reiht sich ein in jahrelanges Niveauabsenken und Abwahlmöglichkeiten von Bildung (Sprachen).
    Die stetige Verschlechterung der Chancen und die damit einhergehende Benachteiligung, wenn man in Brandenburg grottenschlechte Bildung erfährt, ist der Grund für letzte Bildungsplätze zum Nachteil der Menschen. Ein Umdenken ist nicht zu erkennen. Im Gegenteil. Frau Ernst hat selbst gesagt, von wem sie sich beraten lässt und wem sie für die „Crème de la Crème“ der deutschen Bildungslandschaft hält. Lehrer von der Front waren nicht dabei...

    P.S. Was machen ukrainische Schüler ein halbes Jahr lang bevor sie unangekündigt vor dem vollen Klassenzimmer stehen? Was bedeutet dann „ständiger Austausch“? Worüber tauscht man sich denn aus? Das wirkt so, als wenn man nichts tut aber so tut als ob...

  5. 5.

    Es gab doch die offz. Aussage, dass die ukrainischen Schüler insgesamt in den Schulen gut integriert wären...
    Es wäre schön, wenn in den Bildungsministerien langsam mal Realismus einziehen würde:
    Bildung funktioniert nur durch soziale Bindung - nicht durch digitale!
    Schüler/Eltern aus der Ukraine sind nicht per se die guten Flüchtlinge, sondern wie wir Menschen mit Stärken und Schwächen (plus psychischer Belastung!). Da ist es nichts Ungewöhnliches, dass auch gefordert oder verweigert wird.

  6. 4.

    Fortsetzung: Als die Arabisch Sprechenden hier ankamen, Urdu/Farsi sowie Tigrinya haben Ehrenamtliche ein wirklich brauchbares Material entworfen. Die Zeichnungen, klar, es waren keine Künstler, aber die Macher haben von den Lernern aus/her gedacht und sich die Frage gestellt, was diese momentan und zuerst wollend (!) interessiert zu lernen. Mit sicher nur bescheidenen Mitteln haben nachddenklich und methodisch funktionierend gesteuerte Intuitionen so manches Erstlernbuch aus den Verlagen übertroffen.
    Auch ich habe mehr als 12J. Erfahrungen gesammelt & methodisch/inhaltlich alles umgekrempelt, um das schon & immer noch sportliche Ziel, in knapp7 Monaten zu Deutsch B1 zu kommen, zu erreichen! Und mit den Schülern der UA klappt das garantiert auch! Sie beherrschen i.d.R. 2 Sprachen, evtl. auch 3 & sind schreibkundig! Wichtige Vorteile!

  7. 3.

    Zitat: Außerdem berichtet Wiencek, dass viele der Jugendlichen nach dem Unterricht in deutschen Regelklassen noch online von ukrainischen Lehrern unterrichtet würden. Sie sieht darin eine mögliche Lösung für das Problem mit der Deutschförderung. Es sei vielleicht sinnvoller, so Wiencek, auf Regierungsebene zu besprechen, wie geflüchtete ukrainische Jugendliche online in ihrer Muttersprache unterrichtet werden können, statt auf einer Unterrichtspflicht in deutschen Regelklassen zu bestehen. -- Das ist natürlich bei Null Angeboten auch die einfachste Lösung! Was wird mit den Kindern/Jugendlichen, wenn man doch hierbleiben will? Klar, man hat es mit Menschen zu tun, die auch ihre Ansichten ändern. Aber o.g. Vorschlag finde ich einfach 'untere Schublade'. Was funktioniert denn in diesem Lande eigentl. überhaupt noch? Für die Altersgruppen muss man ein spezielles Curriculum entwerfen, denn die Deutschlernbücher für DaZ& DAF gehen nicht selten an den Hauptinteressen der Lerner vorbei!

  8. 2.

    Ich bin 1996 als Spätaussiedler nach Deutschland mit meiner Familie angekommen. Ich konnte kein Wort Deutsch sprechen, Die Sprachkurse bringen nicht viel, wenn man die Sprache nicht spricht. Es hat uns keiner gefragt, ob ich die Integrationsprobleme hätte. Heute bin ich selbsgewusste Frau ohne Politik geworden.

  9. 1.

    Wie sieht denn der Plan des Bildungsministeriums unter Führung von Britta Ernst zur Verbesserung des Deutsch-Unterrichts für die Geflüchteten aus? Die Flüchtlingszahlen nehmen ja täglich zu

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