Kultusministerkonferenz - Experten gehen von weiteren 20 Jahren Lehrermangel aus

Fr 27.01.23 | 15:38 Uhr
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Kinder der 1. und 2. Klasse sitzen im Schulunterricht. (Foto: picture alliance/KEYSTONE)
Audio: rbb24 Inforadio | 27.01.2023 | Eva Huber | Bild: picture alliance/KEYSTONE

Der Lehrkräftemangel ist ein Dauerthema in der Bildungspolitik - auch in Berlin und Brandenburg. Die Kultusministerkonferenz geht davon aus, dass es noch zwei Jahrezehnte so bleiben wird - und schlägt Gegenmaßnahmen vor.

Den Schulen in Deutschland steht nach Experteneinschätzung beim Personal noch eine sehr lange Durststrecke bevor. "Das Problem des Lehrkräftemangels wird aller Voraussicht nach in den kommenden 20 Jahren bestehen bleiben", heißt es in einer am Freitag vorgestellten Stellungnahme von Bildungswissenschaftlern für die Kultusministerkonferenz (KMK).

Der Mangel bedrohe die Sicherstellung der Unterrichtsversorgung und beeinträchtige auch die Qualität des Unterrichts. In dem Papier werden Vorschläge für eine kurz- bis mittelfristige Entspannung der Situation gemacht. Manches davon wird in den Bundesländern bereits umgesetzt.

Teilzeitarbeit soll begrenzt werden

Die Kommission empfiehlt unter anderem Schritte zur Rückgewinnung von Lehrkräften aus dem Ruhestand oder zur Weiterbeschäftigung von Lehrerinnen und Lehrern über die Altersgrenze hinaus. Die Experten sprechen sich zudem für eine Begrenzung der Möglichkeiten für Teilzeitarbeit aus.

Auch sollte nach Ansicht der Wissenschaftler eine befristete Erhöhung der Unterrichtsstunden von Lehrern pro Woche geprüft werden - mit finanziellem Ausgleich oder Abgeltung durch weniger Arbeitszeit in späteren Jahren. Empfohlen wird auch die Erprobung von Hybridunterricht an Gymnasien und eine bessere Anerkennung der Abschlüsse von Lehrern aus dem Ausland.

Knapp tausend unbesetzte Stellen in Berlin

An den Berliner Schulen waren zum Stichtag 1. November 2022 knapp tausend Lehrerstellen unbesetzt. Damit fehlen mehr Lehrer als erwartet. Im Mai vergangenen Jahres hatte die Bildungsverwaltung 920 unbesetzte Lehrerstellen für das jetzt laufende Schuljahr prognostiziert. Dazu kamen laut einem Sprecher der Verwaltung aber insbesondere weitere Schwangerschaften und Dauererkrankungen. Damit stieg die Zahl auf 973 offene Vollzeitstellen.

Auch in Brandenburg gibt es einen akuten Bedarf an Lehrern. Laut Lehrergewerkschaft GEW besteht für das kommende Schuljahr 2023/24 ein voraussichtlicher Einstellungsbedarf von 1.600 Lehrkräften. Um dem entegegenzusteuern, hatte die Landesregierung kürzlich beschlossen, dass künftig auch Hochschulabsolventinnen und -absolventen mit einem Bachelorabschluss als Seiteneinsteiger in der Schullaufbahn den Beamtenstatus erhalten können.

Historische Herausforderung

Die bei der KMK angesiedelte Kommission, die regelmäßig Empfehlungen für die Bildungspolitik abgibt, ist sich nach eigenen Worten bewusst, dass ihre Vorschläge "eine zusätzliche Belastung für Lehrkräfte mit sich bringen". "Deshalb müssen die hier vorgeschlagenen Maßnahmen befristet werden", heißt es. Das Gremium mahnt aber auch: Allen Akteuren im Schulsystem müsse klar sein, dass die Gesellschaft vor einer historischen Herausforderung stehe, die größte Anstrengungen erfordere.

Als Ursache für den Lehrkräftemangel wird unter anderem die Bevölkerungsentwicklung genannt: "Erheblichen Pensionierungswellen stehen kleine Geburtskohorten gegenüber, aus denen Lehramtsstudierende gewonnen werden können."

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.01.2023, 14:40 Uhr

38 Kommentare

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  1. 38.
    Antwort auf [Opa Klaus ] vom 28.01.2023 um 18:18

    Ob Kultusminister eine Arbeit machen würden, wo sie selber die Bedingungen vorgeben? Ich versuche mal die „Expertenübersetzung“ nach diesem Artikel hier oben:
    Lehrer stehen vor einer Klasse und lassen sich filmen (Hybridunterricht) für eine Liveübertragung in fremde Wohnzimmer einer zweiten Klasse. Beide Klassen haben mehr statt weniger Schüler, über 30, z.B 35. Die Lehrer müssen 1 Stunde zusätzlich mehr arbeiten, was in der Praxis (Vor- u. Nachbereitung) 3 Stunden/Woche mehr sind. Als Ausgleich können dieLehrer dann eine Jogastunde bekommen. Aber nur wenn dies auf den richtigen Formblatt beantragt wird, welches jährlich wechselt. Was meinen Sie? Satire ja oder nein?

  2. 37.

    Ein großes Manko ist die aktuelle Lehrerausbildung. NC-Zugang, zu wenige Kurse für die Studenten, die Regelstudienzeit einzuhalten ist für viele dadurch nicht möglich. Wir bekommen so nicht ausreichend Lehrer! Die Ausbildung muss gestrafft werden! Praxisseminare müssen von Anfang an im Studium auf dem Plan stehen.

  3. 36.

    Ein großes Manko ist die aktuelle Lehrerausbildung. NC-Zugang, zu wenige Kurse für die Studenten, die Regelstudienzeit einzuhalten ist für viele dadurch nicht möglich. Wir bekommen so nicht ausreichend Lehrer! Die Ausbildung muss gestrafft werden! Praxisseminare müssen von Anfang an im Studium auf dem Plan stehen.

  4. 35.

    Ein großes Manko ist die aktuelle Lehrerausbildung. NC-Zugang, zu wenige Kurse für die Studenten, die Regelstudienzeit einzuhalten ist für viele dadurch nicht möglich. Wir bekommen so nicht ausreichend Lehrer! Die Ausbildung muss gestrafft werden! Praxisseminare müssen von Anfang an im Studium auf dem Plan stehen.

  5. 34.

    ;-)
    Bin gespannt, mit welchen Antworten die „Experten“ reagieren, wenn sie feststellen das das filmen und fotografieren in einer Schule sehr restriktiv, mit seitenlangen Verordnungen geregelt wurde. Man darf noch nicht einmal ein Bild „Kind bei der Zeugnissübergabe“ auf die Schulhompage hochladen. Welcher Lehrer sollte dann Hybridunterricht mit viel Mehrarbeit (Kontrolle, Bewertungen) machen, sich dabei in fremde Wohnzimmer hinein filmen lassen? Kein Einziger.

  6. 33.

    Was sind das für "Experten" die solche Empfehlungen geben?

    Lasst uns Berufe mit Personalmangel noch unantrakktiver machen, dann möchte weiterhin jede*r Krankenpfleger*in, Erzieher*in und Lehrer*in werden.

    Vielleicht sollten wir für Menschen ab 30 Jahren die 50-Stundenwoche einführen, damit Familie und Beruf noch besser gelingt.

    Auch sollten wir die Altersrente auf 75 Jahre anheben, schließlich sitzt es sich hinter dem Schreibtisch so bequem. Das bisschen Kinderbespaßung geht da doch auch. Und mit 35 Kindern wird auch nie langweilig...

    Ich Empfehle die sog. "Experten" abzuschaffen.

  7. 32.

    (Fortsetzung) In ihrer Antwort auf Lehrerin stellen Sie nun zum ersten Mal dar, dass die 12 Wochen Ferien eben auch ein Ausgleich für die längeren Arbeitszeiten in den Schulwoche sind. Und an Schulen mit geringerem Korrekturaufwand ist es meiner Erfahrung nach ein enormer emotional-nervlicher Druck, der diesen Ausgleich ebenso notwendig macht. Damit relativiert sich der Begriff des Halbtagsjobs. Allerdings glauben eben viele Leute noch das, was Sie in Ihrem ersten Post so stark verkürzt hatten.

  8. 31.

    Wir hatten im Herbst bezüglich eines ähnlichen Kommentars Ihrerseits eine recht heftigen Auseinandersetzung (Sie erinnern sich?) und ich war dann heute recht wütend, dieselbe Sichtweise erneut zu lesen. Und ich war gespannt auf Ihre Reaktion auf Lehrerins Kommentar. Ich muss sagen, dass ich mit dieser differenzierteren Aussage durchaus mitgehe. Die Bezahlung unserer Arbeit ist meiner Meinung nach definitiv in Ordnung und es gibt beruflich hohe Sicherheiten. (Fortsetzung folgt)

  9. 30.

    Ja, da bin ich bei Ihnen. Aber mal ganz ehrlich, wer eine 40 Stunden Woche will, muß in die öffentliche Verwaltung gehen. In fast allen Berufen ist Mehrarbeit heute Normalität.
    Ich wusste bereits mit meiner Studienwahl, daß ich als Lehrerin in den 40 Schulwochen auf mehr als 40 Wochenstunden komme, die ich in den 12 Ferienwochen aber gut kompensieren kann.
    Als Sozialarbeiter oder Erzieher habe ich ganze 6 Wochen Urlaub im Jahr (wenn überhaupt) und auch hier musste ich im Schichtdienst, samstags und sonntags, feitertags inkludiert, Mehrstunden schieben. Und das Klientel hatte es in sich. Die meisten fielen in den Schulen durchs Raster. Das Gehalt ist bis heute nicht adäquat. Also bitte einfach mal über den Tellerrand schauen.

  10. 29.

    Später in Rente und längere Wochenarbeitszeit als Vorschläge der parteienübergreifend besetzten KMK. Diese Instrumente werden in wenigen Jahren in nahezu allen Berufen zum Einsatz kommen müssen. Trotz möglicher Produktivitätssteigerungen durch technischen Fortschritt und gesteigerter Zuwanderung.

  11. 28.

    Nun ja, es kommt ja darauf an, WIE man den Beruf ausübt. Ich komme auf mindestens 45 - 50 Stunden pro Woche. Bis 15.20 Uhr in der Schule, nachmittags eigene Kinder versorgen und bespaßen und abends Unterrichtsvorbereitung, Korrekturen, etc. Ich liebe meinen Beruf auch, ihn aber als Halbzeitjob zu betiteln, das halte ich für falsch.

  12. 27.

    Sehr gut gesagt.

    Die Verbeamtung führt nur dazu, dass die Lehrer ihr Streikrecht verlieren und dann macht die SPD was sie will.
    Lehrer verdienen sehr gutes Geld, aber inzwischen ist es kaum möglich, den Job gut zu machen.
    Diese Regierung muss jetzt dringend abgewählt werden!

  13. 26.

    Lehrermangel weitere 20 Jahre. Für unser Land ein Armutszeugnis und der Beleg dafür,
    unsere Bildungspolitik von den Falschen betrieben wird.20 Jahre weiter so, bedeutet aber auch das weiterhin Abstriche an der Bildung gemacht werden und die nächsten Generationen heranwachsen die kaum Schreiben und Rechnen können, von
    Arbeiten möchte ich gar nicht reden. Die Verblödung geht rasant weiter und wir, das Industrieland Deutschland, schauen tatenlos zu.

  14. 25.

    Aus meiner Sicht ist der Lehrerberuf immer noch der bestbezahlte Halbtagsjob. Wer noch nie in anderen Branchen oder Berufen tätig war, 30-40 Jahre nur Lehrer war, hat das Jammern auf hohem Niveau tief interiorisiert.
    Ich liebe diesen Beruf - auch wegen der Zeit und der Bezahlung. 19 Jahre in der bundesdeutschen Kinder-und Jugendhilfe (Hilfen zur Erziehung) waren Stress, den ich so in über 15 Jahren Lehrersein noch nicht erlebte.

  15. 24.
    Antwort auf [Edith] vom 27.01.2023 um 19:48

    Die Experten warnen seit Jahrzehnten, dass nicht genug Lehrer eingestellt werden. Die Politik tat nichts um gegen zu steuern. Betrifft ja nicht diese Legislaturperiode.

  16. 22.

    Ich würde lieber Klos putzen als an so mancher öffentlichen Schule in Berlin zu unterrichten. Kann man nur noch an evangelischen Privatschulen und auf dem Land oder Kleinstadt.

  17. 21.

    Wo die eingesparten Mittel der sozialen Werke geblieben sind, sieht man, wenn man sich die Vermögensentwicklung Deutschlands anschaut. Da hat die FDP und CDU/ CSU einen nennenswerten Anteil. Siehe zuletzt die Milliardenverschwendungen von Merkel, Spahn, Laschet, Söder & Co.

  18. 20.

    Studienplätze einzurichten...schön und gut. Doch welche Abiturienten wollen heutzutage noch den Lehrerberuf ergreifen?? Spätestens im Referendariat merken sie, wie unattraktiv dieser Beruf geworden ist. Da hilft auch keine Verbeamtung. VG

  19. 19.

    Das ist auch meine Erfahrung. Ich habe lange als Teilzeitlehrerin gearbeitet. Ich habe den Job gern gemacht, hätte ohne Teilzeit aber sicher nicht bis zur Rente durchgehalten. Am Lehrerberuf hängt nun mal viel mehr dran als das reine Unterrichten. Das kann sich jemand nicht vorstellen, der diese Arbeit nie gemacht hat. Auch wenn man schon lange dabei ist, braucht man viel Zeit zur Vorbereitung, für Elternabende und -Gespräche, korrigieren, Zeugnisse schreiben, verpflichtende Fortbildungen etc.

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