Gesetzesänderung für Lehrkraftqualifikationen - Brandenburg ermöglicht Beamtenstatus auch für Seiteneinsteiger mit Bachelor

Di 17.01.23 | 18:42 Uhr
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Symbolbild: Eine Schülerin und ihre Lehrerin in einem Klassenzimmer (Quelle: dpa/Uwe Anspach)
Audio: Antenne Brandenburg | 16.01.2023 | Amelie Ernst | Bild: dpa/Uwe Anspach

Quereinsteiger mit einem Bachelor-Abschluss können nun in Brandenburg als Lehrer verbeamtet werden. Das hat die Landesregierung in einer Kabinettssitzung am Dienstag beschlossen. Was verlockend klingt, könnte sich aber als schwierig erweisen.

  • Die Brandenburger Landesregierung hat einer Gesetzesänderungzugestimmt, nach der Quereinsteiger leichter als Lehrer verbeamtet werden können
  • Verbände kritisieren den Alleingang
  • Die Kultusministerkonferenz hat bereits angekündigt, dies auf Bundesebene nicht anzuerkennen

Die Brandenburger Landesregierung hält an den Lehrer-Verbeamtungsplänen für Seiteneinsteiger fest. Am Dienstag hat die Landesregierung einer Gesetzesänderung zugestimmt, mit der künftig auch Hochschulabsolventinnen und -absolventen mit einem Bachelorabschluss als Seiteneinsteiger in der Schullaufbahn den Beamtenstatus erhalten können.

Was bisher neben der Lehramtsbefähigung bereits im Seiteneinstieg mit Hochschuldiplom oder Masterabschluss möglich ist, soll künftig ähnlich für den Bachelorabschluss möglich sein. Dafür schafft das Land erstmals die Möglichkeit, im Beamtenstatus die Befähigung als Bildungsamtfrau oder Bildungsamtmann sowie als Bildungsamtsrätin oder Bildungsamtsrat an allgemeinbildenden Schulen und Oberstufenzentren zu erwerben.

"Mit diesem Gesetzentwurf zeigen wir, dass wir alle Anstrengungen zur Lehrkräftegewinnung unternehmen", sagte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) nach dem Entschluss. Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger seien eine wichtige Verstärkung der Lehrkräftekollegien an den Schulen.

Verbände kritisieren Alleingang - GEW weist auf Bedarf hin

Lehrerverbände wie der Philologenverband, der Lehrerverband und der Verband Brandenburgischer Oberschullehrer hatten diesen Alleingang Brandenburgs bereits kritisiert. Statt Seiteneinsteiger zu verbeamten, müsse man ihnen die Möglichkeit einer vollständigen Nachqualifizierung anbieten. Diese Meinung vertritt auch der Brandenburger Pädagogenverband. Dessen Präsident Hartmut Sträter sagte rbb24 Brandenburg aktuell, ansonsten würde den Seiteneinsteigern auch die Gehaltsstufe der voll ausgebildeten Lehrkräfte vewehrt bleiben.

Die Kritik gehe an den Lebensrealitäten in den Schulen vorbei, sagte allerdings der Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Günther Fuchs, dem rbb. Er befürwortete den Vorschlag. Seiteneinsteiger würden mit der Verbeamtung die Chance bekommen, unbefristet im Schulsystem beschäftigt zu werden, sagte er. Man habe bereits 6.000 dieser Kolleginnen und Kollegen im System, denen man berufsbegleitende Qualifikation und eine Perspektive anbieten müsse, so Fuchs. Die neue Regelung war bereits im Mai 2022 zwischen Ministerium und der Gewerkschaft vereinbart worden. Für das kommende Schuljahr (2023/24) sieht die GEW einen Einstellungsbedarf von 1.600 Lehrkräften in Brandenburg.

Wohl keine Anerkennung durch KMK

Die Kultusministerkonferenz (KMK) wird wahrscheinlich keine Anerkennung dieser Beamtenlaufbahn auf Bundesebene erteilen, wie es bei der KMK heißt. Ein Wechsel solcher Beamter in andere Bundesländer ist dann nicht möglich.

Das Brandenburger Bildungsministerium teilte dem rbb mit: "Es gab es schon immer landeseigene Qualifizierungen, die in den anderen Bundesländern keine Anerkennung finden."

Ministeriumssprecherin Ulrike Grönefeld verwies darauf, dass Bewerber für diese Beamtenlaufbahn mindestens 18 Monate eine zusätzliche Zertifikats-Qualifizierung absolvieren müssten. "Die Möglichkeit der Verbeamtung ist Anreiz und Motivation für die Anstrengungen, die die sehr umfangreichen Qualifizierungen mit sich bringen", so Grönefeld.

Auch Opposition verteidigt Brandenburger Weg

Für den bildungspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Gordon Hofmann, entsprechen die Pläne zwar nicht der "reinen Lehre", aber man könne die Hände nicht in den Schoß legen. "Wichtig ist, dass wir diese Leute ordentlich begleiten und weiter qualifizieren", sagte er auf rbb-Anfrage.

Auch die Bildungsexpertin der oppositionellen Linksfraktion, Kathrin Dannenberg, verteidigt den Brandenburger Weg: "Angesichts des enormen Bedarfs an Lehrkräften muss das Land Anreize schaffen für all diejenigen, die im Seiteneinstieg unterrichten. Denn auf diese Kolleginnen und Kollegen sind wir schlichtweg angewiesen." Auch sei bei den Plänen sichergestellt, dass regulär ausgebildete Lehrkräfte in den höheren Dienst gehoben würden. Sie hätten stets Vorrang bei der Einstellung in den Schulen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 17.01.2023, 14:30 Uhr

23 Kommentare

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  1. 23.

    Manche BA-AbsolventInnen sind auch noch Kinder, die sind erst drei Jahre aus der Schule raus, wenn sie ihr Studium in Regelstudienzeit schaffen. Unterrichtet von der großen Schwester, dem großen Bruder: bald keine Seltenheit mehr.

  2. 22.

    Finde ich gut, ansonsten müssten sich Kinder unterschiedlicher Jahrgänge bald wohl selbst unterrichten, um wenigstens Unterricht zu erhalten.

  3. 21.

    "die Möhre an der Angel auf dem Weg zum Master" - Das gefällt...
    Ergänzen kann man noch, dass "das schnellere Fertigwerden" noch viel Potential hat: Die Dauer des Studiums, die Studieninhalte, die Anschlussübergänge (Semester in der Regelzeit, Referendariat) verlustfrei organisieren usw. Ich erkenne an diesen naheliegenden Dingen keine ausreichenden Anstrengungen. Im Gegenteil, wenn man hier Tätigkeiten der Bildungsverwaltung beschreibt, gehören diese Dinge nicht dazu. Und dann ist da noch die Sache mit der vorausschauenden Entwicklung. Wenn der rbb24 über die Nutzung der Zensusdaten bei Frau Ernst berichten könnte?

  4. 20.

    Ihr Vorschlag mag was in sich haben, er widerspricht aber der neuen Brandenburger Praxis. Wenn man wirklich eine duale Weiterbildung anstreben würde, dann wäre die Verbeamtung die Möhre an der Angel auf dem Weg zum Master. Sprich: Erst den Master dual machen und dann die Verbeamtung, nicht umgekehrt. Warum sollte ein verbeamteter Lehrer noch Mühe in die dann doppelt anstrengende Weiterbildung stecken?

  5. 19.

    Oh, da hat wohl jemand noch eine Rechnung offen?
    "Melanie"s Gedanken sind doch i.O.
    Im Artikel hier geht es der Bildungsverwaltung um die Bindung nach Landes(!)beamtenrecht und unterste Bezahlung. Das das Landesbeamtenrecht auch "modernes Sklavenhaltertum" im Volksmund mitunter heißt ist bekannt. Warum wohl?

  6. 18.

    Absolut! Aber wieder einmal versucht man hier, die Lücke durch Absenken der Voraussetzungen zu füllen und senkt damit das Niveau. Der Bachelor ist halt am Ende doch nur ein halbes Studium und kein Ersatz für das alte Diplom. Wenn die zwei Jahre mehr Studienzeit für den Master unnötig wären, könnte man den auch gleich abschaffen. Master und Diplom werden abgewertet und natürlich gehen die anderen Bundesländer diesen Weg aus gutem Grund nicht mit. Aber immerhin einen Vorteil hat Brandenburg: Diese Bachelor-Lehrer-Beamten können nicht weg, weil ein Wechsel in ein anderes Bundesland mangels Anerkennung verbaut ist. War das vielleicht sogar ein Grund?

  7. 17.

    Die Zahl der Lehrer ist stark abhängig von der Auslastungen der Klassen. Wir erleben stetig veränderte Zahlen der Einschulungen Ursache ist der sich stetige wechsel von //// Geburten starken und schwachen Jahrgänge /////, somit in dierekter Abhängigkeit die Anzahl von Beamten Lehrern, wenn heute gebuhrten starke Jahrgänge dann sind dies in etwa 10 Jahren wieder gebuhrten schwache Jahrgänge. Das Problem ist zu erkennen 10 Jahrenbenötige ich mehr Lehrer ich habe eine Überschuss an Lehrer die Verbeamtet sind und eigentlich dann "Arbeitsplatz abbau" durch Steuereinsparungen ?????

  8. 16.

    Es geht nicht um Lebensleistung, sondern um praktische Berufserfahrung!
    Gilt vor allem dann, wenn man mit jungen Menschen zu tun und Wissen zu vermitteln hat.

  9. 15.

    Es ist doch immer wieder interessant zu beobachten das Lehrkräfte ihre eigene Lebensleistung höher einschätzen als gleichaltrige Studierte.

  10. 14.

    Bei der für die nächsten Jahre angezeigten Personal- und Ausbildungssituation muss sich auch Berlin etwas einfallen lassen. Doch bitte bei allen neuen Ideen gerecht bleiben, v.a. auch denjenigen gegenüber die bereits seit Jahren im Beruf sind!!!
    Ich spreche aus eigener Erfahrung. Ich habe mein Lehramtsstudium in Berlin gemacht, 2005 konnte Berlin keine Ref-Plätze in ausreichendem Maße anbieten, man also seine Ausbildung hier nicht beenden. Flexibel und engagiert wie ich war, habe ich das Referendariat dann in einem anderen Bundesland beendet, erste Berufserfahrung gesammelt und arbeite nun seit 2010 wieder in Berlin. Doch kämpfe ich noch immer um die Anerkennung aller meiner Berufsjahre als voll ausgebildete Lehrerin im Deutschen Schulwesen. Grund sind sog. schädliche Unterbrechungen bei Angestellten. Aufgrund einer familiären Situation, Umzugs mit Arbeitgeberwechsel habe ich 7 Monate Berufsunterbrechung in meinem Lebenslauf, was die Aberkennung der Berufsjahre zuvor zur Folge hat!

  11. 13.

    Die Bedingungen für Seiteneinsteiger zu verbessern ist nur sinnvoll. Sie bringen eine ganz andere Lebenserfahrung in die Schulen mit als Lehrkräfte, die nie ausserhalb der Schule tätig waren. Es ist nur schade, dass die auch in vielen Kommentaren schwingende Ablehnung es ihnen so schwer macht. Das Schulsystem wird dadurch nicht besser, dass sie herausgeekelt werden und umso mehr Stunden ausfallen.

  12. 12.

    Wenn Ihr Ansinnen das "schnellere in den Beruf bringen" ist, dann ist das gut. Nur fürchte ich, dass der Artikel leider gerade das nicht andeutet, sondern was anderes beschreibt und mit der unteren Bezahlung zu tun hat. Brandenburg ist schon öfter mit solchen Dingen richtig krachend gescheitert. Deshalb steht auch im Artikel, dass dies schwierig werden könnte.

  13. 11.

    Wenn Ihr Ansinnen das "schnellere in den Beruf bringen" ist, dann ist das gut. Nur fürchte ich, dass der Artikel leider gerade das nicht andeutet, sondern was anderes beschreibt und mit der unteren Bezahlung zu tun hat. Brandenburg ist schon öfter mit solchen Dingen richtig krachend gescheitert. Deshalb steht auch im Artikel, dass dies schwierig werden könnte.

  14. 10.

    Die Aufregung darüber verstehe ich nicht. Wenn Brandenburg den Bachelor-Absolventen Möglichkeiten der Weiterbildung gibt, dann ist das doch in Ordnung. Vielleicht könnte das auch ein Präzedenzfall für eine echte duale, praxisnahe Ausbildung im Lehramt sein. Man kann sich auch "on the job" weiterbilden. Ein Studium kostet Geld, und das können viele StudentInnen nicht aufbringen. Viele wären sicherlich bereit früher in den Beruf einzusteigen. Ich halte es allerdings für wichtig die Zusatzqualifikationen universitär zu begleiten und auf akademischen Niveau zu halten. Dies wäre übrigens auch für das "echte Refendariat" nach dem Master angeraten, das hat mit Wissenschaftlichkeit nicht mehr viel zu tun.

  15. 9.

    Wozu brauch man eine pädagogische Ausbildung, Hauptsache man hat den Bachelor....Quereinsteiger schönen nur die Ausfallzeiten. Die Unterrichts Qualität steigt dadurch überhaupt nicht.

  16. 8.

    Wozu brauch man eine pädagogische Ausbildung, Hauptsache man hat den Bachelor....Quereinsteiger schönen nur die Ausfallzeiten. Die Unterrichts Qualität steigt dadurch überhaupt nicht.

  17. 7.

    Sie sehen zu recht ein Ungerechtigkeitsproblem. Es ist nur etwas anders gelagert: Die angestrebte unterste (!) Grenze der Bezahlung sticht auch hier im Artikel deutlich raus. Egal welche Beschäftigungsform, es werden Untergrenzen angestrebt, Beförderungen vermieden und die dafür geleistete Arbeit "genossen"...

    P.S. Die Voraussetzungen für eine Verbeamtung kann man nicht so leicht "aufweichen" damit alle Pensionen bekommen. Sie wissen warum?

  18. 6.

    Der Ausverkauf des Lehrerberufs. Da hat dann eine grundständige ausgebildete Lehrkraft keine Chance mehr, in dieses Bundesland zu wechseln, weil sie schlicht und ergreifend zu teuer ist.

  19. 5.

    Ich als vollständig ausgebildete, angestellte Lehrerin bilde nebenbei noch Quereinsteiger aus - ohne Stundenausgleich, um von denen dann überholt zu werden. Nichts gegen die Quereinsteiger persönlich. Aber das System ist krank und es wird dazu führen, dass viele ausgebildete Lehrkräfte ihm den Rücken kehren. Vieler meiner Kollegen denken darüber nach, früher in Rente zu gehen. "Prima! Danke Politik!"

  20. 4.

    Gewöhnen Sie sich an die Mangelverwaltung, dieser Plan aus Brandenburg wird auf kurz oder lang bundesweit angewendet werden müssen. Die Politik hat diesen Zustand mit vollem Bewusstsein herbeigeführt.

    Als potenzielle Lehrkraft würde ich daher auch weiter abwarten, die Zugangsvoraussetzungen werden noch weiter sinken müssen, um den riesigen Bedarf irgendwie decken zu können.

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