Ostprignitz-Ruppin - Landkreis will Geflüchtete in Sporthallen unterbringen

Die Unterbringung von Geflüchteten stellt die Brandenburger Landkreise vor Herausforderungen. Weil der Platz fehlt, nimmt der Landkreis Ostprignitz-Ruppin nun wieder Sporthallen in den Blick. Für die ansässigen Vereine ein Problem. Von Björn Haase-Wendt
Vor wenigen Wochen wurden drei Neuruppiner Sportvereine von einer Nachricht überrascht. Sie sollen bis Anfang Juni die Sporthalle am Oberstufenzentrum (OSZ) räumen, hieß es in einer Mitteilung der Kreisverwaltung. Für Hannes Holtmann, dem designierten Geschäftsführer des Kreissportbundes Ostprignitz-Ruppin, ist das ein echtes Problem. Denn in der Halle trainieren wöchentlich vor allem hunderte Kinder und Jugendliche bei den Handball- und Leichtathletikvereinen.
Bildungs- und Integrationsarbeit gerät ins Hintertreffen
"Unsere Sportvereine machen auch Bildungs-, Jugend- und Integrationsarbeit. Dabei geht es auch um Toleranz- und Werteentwicklung und wenn dieser Eckpfeiler wegbricht, ist das für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen ein schweres Thema", sagt Holtmann. Der Kreissportbund hätte sich von der Kreisverwaltung frühzeitig mehr Transparenz gewünscht, um Lösungen zu finden.
Die Vereine können jetzt aber noch vier Wochen länger bleiben – also bis Ende Juni. Die Anzahl der ankommenden Geflüchteten ist kleiner als erwartet, wie die Kreissprecherin dem rbb bestätigt.
Teilweise Ersatz durch städtische und kommerzielle Sporthallen
Trotzdem mussten sich die Vereine Alternativen suchen, etwa der Handballclub Neuruppin mit seinen 140 Mitgliedern, davon die Hälfte im Nachwuchsbereich. "Wir haben beim Neuruppiner Bürgermeister einen dankbaren Partner gefunden, der die Sache zur Chefsache gemacht hat", sagt HCN-Vorstandsmitglied Bernd Simon. Zumindest die Kinder und Jugendlichen hätten nun zusätzliche Trainingszeiten in den städtischen Sporthallen bekommen, auch weil andere Vereine Kapazitäten freigemacht hätten. "Es gibt auch Vereine aus Wittstock, die sagen, kommt gerne zu uns, wir trainieren zusammen", sagt Hannes Holtmann.
Allerdings bedeutet der Umzug auch Mehrkosten, denn die OSZ-Sporthalle konnten die Vereine bisher für das Training kostenlos nutzen. In den städtischen und kommerziellen Hallen sieht das anders aus. Und längst nicht alle Vereine haben solche Lösungen gefunden, etwa der Sportverein Union Neuruppin. Er kann bisher nur das kommerzielle Sportcenter anmieten, erklärt Union-Vorstandsmitglied Tony Palmowske, der von der Fristverlängerung für die Nutzung der OSZ-Sporthalle erst durch den rbb erfuhr.
Bisher kein Ort für Handballspiele im Herbst
Ungeklärt ist auch, wo die Handballspiele in der neuen Saison im Herbst stattfinden können, wenn die OSZ-Halle wirklich, wie vom Landkreis angekündigt, für die Unterbringung von Geflüchteten genutzt wird. Denn die städtischen Hallen sind vom Handballlandesverband nicht zugelassen. Der Handballclub Neuruppin hat deshalb bereits Gespräche mit der benachbarten Gemeinde Fehrbellin geführt. "Wir sind an der Rhinhalle dran und schauen, ob dort Spiele ausgetragen werden könnten. Aber auch diese Halle müsste erst für den Spielbetrieb zugelassen werden", sagt HCN-Vorstand Bernd Simon.
Landrat bedauert Situation
Der Landkreis begründet den Zugriff auf die Sporthalle mit der dynamischen Entwicklung bei der Unterbringung von Geflüchteten und Verzögerungen beim Umbau oder der Errichtung von geplanten Unterkünften, etwa in Herzberg oder in Neuruppin. Deshalb sei auch noch keine Aussage möglich, wie es im Juli weitergehen werde, heißt es aus der Kreisverwaltung.
Bislang geht der Landkreis weiter davon aus, dass er in diesem Jahr 877 Geflüchtete unterbringen muss, die ihm vom Land zugewiesen werden. Hinzukommen könnten Sonderzuweisungen, wie die Aufnahme von afghanischen Ortskräften.
Kreissportbund fordert Gespräche
Der Ostprignitz-Ruppiner Landrat Ralf Reinhardt (SPD) kennt die Probleme der Vereine und fürchtet, dass durch den Zugriff auf die Sporthallen die Stimmung umschlagen könnte. "Das wird in keiner Weise stimmungsverbessernd sein. Mir fehlen aber die Alternativen oder sie sind noch schlechter als die Sporthallen. Mit den Hallen gehen wir einen Kompromiss ein, der weder für die Flüchtlinge noch für die eigentlichen Nutzer eine gute Lösung darstellt – faktisch haben wir nichts anderes", so Reinhardt.
Der Kreissportbund fordert trotzdem Gespräche, um zu klären, wie es für die Vereine im Herbst weitergehen kann. "Tendenziell zu Beginn der Sommerferien gehen viele Vereine eh in die Sommerpause oder führen das Training draußen durch. Aber wenn wir in die kalte Jahreszeit kommen, brauchen wir für unsere Vereine praktikable Lösungen", erklärt Hannes Holtmann vom Kreissportbund.
Sendung: Antenne Brandenburg, 19.05.2023, 8:30 Uhr