Ostprignitz-Ruppin - Landkreis will Geflüchtete in Sporthallen unterbringen

Fr 19.05.23 | 07:05 Uhr | Von Björn Haase-Wendt
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Voraussichtlich ab Ende Juni können drei Neuruppiner Sportvereine die OSZ-Sporthalle nicht mehr nutzen. Der Landkreis will dort Flüchtlinge unterbringen. (Foto: rbb/Haase-Wendt)
Audio: Antenne Brandenburg | 19.05.2023 | Björn Haase-Wendt | Bild: rbb/Haase-Wendt

Die Unterbringung von Geflüchteten stellt die Brandenburger Landkreise vor Herausforderungen. Weil der Platz fehlt, nimmt der Landkreis Ostprignitz-Ruppin nun wieder Sporthallen in den Blick. Für die ansässigen Vereine ein Problem. Von Björn Haase-Wendt

Vor wenigen Wochen wurden drei Neuruppiner Sportvereine von einer Nachricht überrascht. Sie sollen bis Anfang Juni die Sporthalle am Oberstufenzentrum (OSZ) räumen, hieß es in einer Mitteilung der Kreisverwaltung. Für Hannes Holtmann, dem designierten Geschäftsführer des Kreissportbundes Ostprignitz-Ruppin, ist das ein echtes Problem. Denn in der Halle trainieren wöchentlich vor allem hunderte Kinder und Jugendliche bei den Handball- und Leichtathletikvereinen.

Bildungs- und Integrationsarbeit gerät ins Hintertreffen

"Unsere Sportvereine machen auch Bildungs-, Jugend- und Integrationsarbeit. Dabei geht es auch um Toleranz- und Werteentwicklung und wenn dieser Eckpfeiler wegbricht, ist das für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen ein schweres Thema", sagt Holtmann. Der Kreissportbund hätte sich von der Kreisverwaltung frühzeitig mehr Transparenz gewünscht, um Lösungen zu finden.

Die Vereine können jetzt aber noch vier Wochen länger bleiben – also bis Ende Juni. Die Anzahl der ankommenden Geflüchteten ist kleiner als erwartet, wie die Kreissprecherin dem rbb bestätigt.

Teilweise Ersatz durch städtische und kommerzielle Sporthallen

Trotzdem mussten sich die Vereine Alternativen suchen, etwa der Handballclub Neuruppin mit seinen 140 Mitgliedern, davon die Hälfte im Nachwuchsbereich. "Wir haben beim Neuruppiner Bürgermeister einen dankbaren Partner gefunden, der die Sache zur Chefsache gemacht hat", sagt HCN-Vorstandsmitglied Bernd Simon. Zumindest die Kinder und Jugendlichen hätten nun zusätzliche Trainingszeiten in den städtischen Sporthallen bekommen, auch weil andere Vereine Kapazitäten freigemacht hätten. "Es gibt auch Vereine aus Wittstock, die sagen, kommt gerne zu uns, wir trainieren zusammen", sagt Hannes Holtmann.

Allerdings bedeutet der Umzug auch Mehrkosten, denn die OSZ-Sporthalle konnten die Vereine bisher für das Training kostenlos nutzen. In den städtischen und kommerziellen Hallen sieht das anders aus. Und längst nicht alle Vereine haben solche Lösungen gefunden, etwa der Sportverein Union Neuruppin. Er kann bisher nur das kommerzielle Sportcenter anmieten, erklärt Union-Vorstandsmitglied Tony Palmowske, der von der Fristverlängerung für die Nutzung der OSZ-Sporthalle erst durch den rbb erfuhr.

Bisher kein Ort für Handballspiele im Herbst

Ungeklärt ist auch, wo die Handballspiele in der neuen Saison im Herbst stattfinden können, wenn die OSZ-Halle wirklich, wie vom Landkreis angekündigt, für die Unterbringung von Geflüchteten genutzt wird. Denn die städtischen Hallen sind vom Handballlandesverband nicht zugelassen. Der Handballclub Neuruppin hat deshalb bereits Gespräche mit der benachbarten Gemeinde Fehrbellin geführt. "Wir sind an der Rhinhalle dran und schauen, ob dort Spiele ausgetragen werden könnten. Aber auch diese Halle müsste erst für den Spielbetrieb zugelassen werden", sagt HCN-Vorstand Bernd Simon.

Landrat bedauert Situation

Der Landkreis begründet den Zugriff auf die Sporthalle mit der dynamischen Entwicklung bei der Unterbringung von Geflüchteten und Verzögerungen beim Umbau oder der Errichtung von geplanten Unterkünften, etwa in Herzberg oder in Neuruppin. Deshalb sei auch noch keine Aussage möglich, wie es im Juli weitergehen werde, heißt es aus der Kreisverwaltung.

Bislang geht der Landkreis weiter davon aus, dass er in diesem Jahr 877 Geflüchtete unterbringen muss, die ihm vom Land zugewiesen werden. Hinzukommen könnten Sonderzuweisungen, wie die Aufnahme von afghanischen Ortskräften.

Kreissportbund fordert Gespräche

Der Ostprignitz-Ruppiner Landrat Ralf Reinhardt (SPD) kennt die Probleme der Vereine und fürchtet, dass durch den Zugriff auf die Sporthallen die Stimmung umschlagen könnte. "Das wird in keiner Weise stimmungsverbessernd sein. Mir fehlen aber die Alternativen oder sie sind noch schlechter als die Sporthallen. Mit den Hallen gehen wir einen Kompromiss ein, der weder für die Flüchtlinge noch für die eigentlichen Nutzer eine gute Lösung darstellt – faktisch haben wir nichts anderes", so Reinhardt.

Der Kreissportbund fordert trotzdem Gespräche, um zu klären, wie es für die Vereine im Herbst weitergehen kann. "Tendenziell zu Beginn der Sommerferien gehen viele Vereine eh in die Sommerpause oder führen das Training draußen durch. Aber wenn wir in die kalte Jahreszeit kommen, brauchen wir für unsere Vereine praktikable Lösungen", erklärt Hannes Holtmann vom Kreissportbund.

Sendung: Antenne Brandenburg, 19.05.2023, 8:30 Uhr

Beitrag von Björn Haase-Wendt

43 Kommentare

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  1. 43.

    Bund, Länder und Kommunen. Kaum zu glauben, dass die Sprachbarrieren schon bei der Muttersprache Deutsch beginnen. Wer redet, dem hört man nicht zu. Hat die Kommune ein Problem, wird es vom Land nicht nur akustisch nicht verstanden und der Bund will nichts wissen. Das Vergessen von Vorgängen scheint insbesondere bei Politikern, die mal in Hamburg etwas zu melden hatten eine Art Berufskrankheit zu sein. Der Turmbau zu Babel scheiterte an Sprachverwirrung, also macht euch besser keine Hoffnung, dass irgendetwas besser wird. Bestenfalls hilft hier noch die gute alte Speckschwarte, damit es beim Hin- und Herschieben der Schuld flutscht und sonst wie immer nichts passiert. Arbeite und erwirb, zahle Steuern und dann stirb. Amen

  2. 42.

    Bund, Länder und Kommunen. Kaum zu glauben, dass die Sprachbarrieren schon bei der Muttersprache Deutsch beginnen. Wer redet, dem hört man nicht zu. Hat die Kommune ein Problem, wird es vom Land nicht nur akustisch nicht verstanden und der Bund will nichts wissen. Das Vergessen von Vorgängen scheint insbesondere bei Politikern, die mal in Hamburg etwas zu melden hatten eine Art Berufskrankheit zu sein. Der Turmbau zu Babel scheiterte an Sprachverwirrung, also macht euch besser keine Hoffnung, dass irgendetwas besser wird. Bestenfalls hilft hier noch die gute alte Speckschwarte, damit es beim Hin- und Herschieben der Schuld flutscht und sonst wie immer nichts passiert. Arbeite und erwirb, zahle Steuern und dann stirb. Amen

  3. 41.

    Leider läuft in der deutschen Flüchtlingspolitik schon seit vielen Jahren Vieles schief.

    Beispiele für realitätsnahe Alternativen, die Deutschland entlasten könnten und zurzeit auf der Tagesordnung der EU stehen:
    - Humanitäre Asylzentren an den EU-Außengrenzen.
    - EU-Flüchtlingsfonds.
    - Flüchtlingskontingente in allen EU-Staaten (entsprechend der Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft).

  4. 39.

    Unmöglich. Das Land weist zu und der Landkreis soll zaubern? Das ist doch ein Fehler im System. Wo kein Platz ist, kann man auch mit Zwang nichts machen. Lasst die Sporthallen bitte außen vor. Was passiert, wenn der Landkreis sagt, er hätte keinen Platz? Da läuft gewaltig was schief in Brandenburg.

  5. 37.

    Es war schon immer eine saublöde Idee Sporthallen zweckzuentfremden. Das kann und darf nicht die Lösung sein. Dann kann man als Gemeinde eben keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen. Das ist alles ohne Plan.

  6. 36.

    Genau! Und interessant sind immer die hilflosen Erklärungsversuche, warum die Menschen AFD wählen...

  7. 35.

    Es werden bald noch viel mehr Flüchtlinge kommen.
    Italien hatte bereits im April den Notstand ausgerufen, nicht noch mehr Flüchtlinge aufnehmen zu können.
    Jetzt, nachdem große Flächen überschwemmt wurden und das Italien auch viel Geld kosten wird, wird sich die Lage noch mehr verschlechtern.
    Deutschland hat durch die staatliche Finanzierung der Seenotrettung mit 2 Millionen Euro jährlich seit 2023 ein deutliches Signal gesetzt und wird auch gewillt sein, die Geretteten hier bei uns aufzunehmen.

    Immerhin ist Deutschland schuld an der Klimakrise. Damit tragen wir die Verantwortung.

  8. 34.

    >“ Aber es ist ja Deutschland und hier ist alles viel besser als im Rest der Welt...daher hat man es auch nicht nötig eine zweite Sprache wie Englisch zu beherrschen.“
    Na dann fragen Sie mal in Frankreich, was die von einer zweiten Allgemeinsprache als ihr Französisch halten! Als Antwort fällt da bestimmt sowas wie… Merde… :-)
    Das mit den Sprachkursen klappt eigentlich ganz gut. Die allermeisten Flüchtlinge nehmen dies mit und lernen. Das ist dann auch kein komplettes Deutsch, aber es klappt dann so als Mischmasch zwischen Deutsch Grundkurs und Englisch Grundkurs unserer Schulbildung. Dass sich unsereins nur in Deutsch verständigen möchte und kann, weise ich mal für die Mehrheit aller gebildeten Deutschen zurück. Wenn ein Fremdling sich mit ein paar deutschen Worten bemüht, schalte ich auch um auf Fremdsprache, wenns Not tut. In den letzten 12 Monaten kam sogar Russisch wieder hervor. 5 Jahre POS Russisch können nicht umsonst gewesen sein! ;-)

  9. 33.

    Es ging im Kommentar, um die Möglichkeit bzw. die Idee, das Flüchtlinge eigenständig leerstehende Gebäude für sich bewohnbar machen.
    So könnten doch Flüchtlinge etwas für sich und die Allgmeinheit tun, sitzen nicht in einer Massen-Unterkunft fest und "überbrücken" die Wartezeit. (auch auf Deutschkurs ect.)

    Laut Internet schwanken die Erteilung von einer Arbeitserlaubnis zwischen 2 Wochen und 3 Monaten.
    Und für andere: "3. Monat des Aufenthalts für Asylsuchende und Geduldete absolutes Arbeitsverbot, ggf. bis 6. Monat wenn in Erstaufnahmeeinrichtung"

  10. 32.

    Leider ist zwischen Platz haben und Dach übern Kopf haben doch noch ein Unterschied.

  11. 31.

    Liebe Bürger,
    schon vergessen " wir haben Platz " ! also bitte nicht jammern.
    Egal ob Turnhallen usw, wir wollen und müssen Alle aufnehmen.
    Zitat Frau Göhring ( Grünen ) " unser Deutschland wird sich verändern und ich freue mich darauf " !
    Lass uns an diesem Zitat festhalten zum Ansporn und Alle unterstützen !

  12. 30.

    Das Problem ist nur, dass diese Leute meist keine Arbeit finden wegen der Sprache, deutsch sprechen die meisten Flüchtigen nicht. Man darf nicht vergessen Deutsch ist keine Welt sondern eine Lokalsprache.
    Englisch sprechen die meisten Arbeitgeber nicht mal. Viele Flüchtlinge sprechen aber schon mal rudimentäres Englisch, würde man sich darauf einlassen bei einer Anstellung wäre schon vielen geholfen.
    Aber es ist ja Deutschland und hier ist alles viel besser als im Rest der Welt...daher hat man es auch nicht nötig eine zweite Sprache wie Englisch zu beherrschen.

  13. 29.

    "Viele Flüchtlinge sind zum Nichtstuen verdonnert." Nein, das ist nicht korrekt. Mit Anerkennung des Schutzstatus und/oder der Erteilung eines Bleiberechts aus sonstigen Gründen geht das Recht auf eine Arbeitserlaubnis einher. Die meisten Flüchtlinge hierzulande haben diesen Status erreicht und gelten damit als erwerbsfähig. Die Quote der davon tatsächlich Erwerbstätigen spricht eine eindeutige Sprache. Alles auf offiziellen Seiten der Bundesregierung und der Agentur für Arbeit nachlesbar.

  14. 28.

    "Und Sie meinen wirklich, die Kriege auf der Welt, die Hungersnöte und das Elend geben es nur, weil Frau Faeser Innenministerin ist?" Und Sie meinen wirklich, Deutschland wäre das weltweit einzig sichere Land? Die Befürworter offener Grenzen scheinen einheitlich der Meinung zu sein, unsere ohnehin extrem offene und hilfsbereite Gesellschaft könne unbegrenzt und uneingeschränkt Hilfe für Jeden leisten, der diese gerne in Anspruch nehmen würde. Die Tatsache, dass schon wieder Turnhallen zweckentfremdet und die Zahlungen an die Länder erhöht werden müssen, beweist leider das genaue Gegenteil. Es beginnen schon wieder die Verteilungskämpfe unter denen vor allem die sozial Schwächsten am stärksten leiden. Aber Hauptsache, ein paar moralisch Überhöhte haben ein gutes Gewissen. Ausbaden können es ja die Anderen.

  15. 27.

    Und dann wundert sich die Regierung, warum die AfD immer mehr Stimmen im Osten bekommen.

  16. 26.

    Zustimmung ... m.E. sehr gute Idee ... neues Pilotprojekt?
    Viele Flüchtlinge sind zum Nichtstuen verdonnert.

    ABER leider wird solch eine Idee m.E. nicht mit unserem deutschen Amtsschimmel zu machen sein (Eigentümer, Rechtsvorschriften, Versicherung usw.)
    Unser Land ist nicht wirklich für Flexibilität bekannt ;-(

    Da wird lieber in ein 600-Seelen-Dorf eine 400-Flüchtlings-Unterkunft gebaut.
    Zentriert an einem Ort ist natürlich alles besser "händelbar".

    Konflikte durch die Turnhallen-Unterbringung sind vorprogammiert.
    Sowohl für die Ur-Einwohner als auch für die Neu-Ankommenden.

  17. 25.

    Ja, aber viele fallen drauf rein auf das völkische Geschwurbel und die Hetze gegen die sogenannten "Altparteien". Und wenn vor Ort die Turnhalle mit Geflüchteten belegt ist, dann ist das unfreiwilliger Wahlkampf für die Radikalen.

  18. 24.

    Wer meint, das er mit einer Stimme für den gärigen Haufen alle Probleme der Welt lösen könnte, dem ist nun wirklich nicht mehr zu helfen.

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