Land verspricht schnelle Entlastung für Kommunen - Brandenburger Koalition einigt sich auf Konzept für Flüchtlings-Unterbringung

Di 21.03.23 | 20:34 Uhr | Von Michael Schon
Drei junge Männer holen sich im Kantinenbereich einer Notunterkunft jeweils einen Tee. (Quelle: dpa/Philipp von Ditfurth)
Video: rbb24 | 21.03.2023 | Nachrichten | Bild: dpa/Philipp von Ditfurth

Die Brandenburger Kommunen sehen sich bei der Flüchtlingsunterbringung am Limit. Nun hat die rot-schwarz-grüne Koalition ein neues Konzept vorgelegt. Die Plätze in den Erstaufnahmen sollen demnach deutlich aufgestockt werden. Von Michael Schon

Der Streit in der rot-schwarz-grünen Koalition über die Unterbringung von Geflüchteten ist beigelegt: Das Kabinett hat sich am Dienstag auf einen Kompromiss geeinigt, der Kommunen kurzfristig entlasten soll. Dazu wird die Kapazität der Landeserstaufnahmeeinrichtungen um 3.000 Plätze auf rund 8.000 aufgestockt. Das geht aus dem Kabinettsbeschluss hervor, der dem rbb vorliegt. Zuerst hatte die Deutsche Presse-Agentur berichtet.

Damit ist der Vorschlag von Innenminister Michael Stübgen (CDU) vom Tisch, so genannte Landesobhuteinrichtungen zu schaffen. Dort hätten Menschen mit schlechter Bleibeperspektive bis zu vier Jahre lang untergebracht werden sollen. Diese Idee war bei den Koalitionspartnern SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf heftigen Widerstand gestoßen.

3.000 neue Plätze - das "wie" ist noch offen

Allerdings sollen Personen ohne konkrete Aussicht auf einen Aufenthaltstitel zukünftig nicht mehr auf Kommunen verteilt werden. Stattdessen sollen sie in "besonders gelagerten Fällen" bis zu 24 Monate in der Erstaufnahmeeinrichtung bleiben. Laut Koalitionsvertrag sollen es bislang maximal sechs Monate sein.

Gleichzeitig werde man "die Qualität der Versorgung verbessern", so Stübgen. Das bedeute auch, zusätzliche Bildungs- und Qualifizierungsangebote zu schaffen, die Personen ohne Bleiberecht die Chance auf einen "Spurwechsel" eröffne – also die Möglichkeit, durch Integration in den Arbeitsmarkt eine Aufenthaltsgenehmigung zu erlangen.

Wie die 3.000 Plätze kurzfristig geschaffen werden sollen, blieb zunächst offen: "Die bauliche Umsetzung zur Erhöhung von Unterbringungskapazitäten erfolgt durch die ZABH [Zentrale Ausländerbehörde, Anm. d. Red.] in eigener Verantwortung", heißt es in dem Beschluss. Für die Flüchtlingsunterkunft in Doberlug-Kirchhain, die in die Trägerschaft des Landkreises Elbe-Elster übergeht, werde sich das Land ein Belegrecht sichern.

Mehr Geld für Integrationsmaßnahmen

Zusätzlich soll geprüft werden, wie Geflüchtete mit schlechter Bleibeperspektive auf eine oder mehrere Modell-Einrichtungen in kommunaler Trägerschaft verteilt werden können. Auch hier sollen die Menschen so weiterqualifiziert werden, dass sie die sprachlichen und fachlichen Voraussetzungen für die Aufnahme einer Arbeit oder einer Berufsausbildung erwerben können.

Das Land werde außerdem deutlich mehr Geld für Integrationsangebote und Migrationssozialarbeit zu Verfügung stellen, sagte Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen). Eine konkrete Zahl ist dem Kabinettsbeschluss nicht zu entnehmen. Zusätzlich wird das Land den Kommunen zentrale Dolmetscherleistungen zur Kommunikation zwischen Geflüchteten und Behörden, Krankenhäusern, Arztpraxen, Kitas oder Beratungsstellen anbieten.

Landrat: "Entspricht nicht ganz der erhofften Entlastung"

Am 29. März soll es einen neuen Anlauf für einen Flüchtlingsgipfel von Landesregierung, Landräten und Oberbürgermeistern geben, nachdem der erste wegen des Koalitionsstreits um das Flüchtlingskonzept abgesagt worden war. Dort soll das Papier diskutiert werden.

Erste Reaktionen der Kommunen fallen verhalten aus. Mit Blick auf die 3.000 zusätzlichen Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen sagte der Landrat des Kreises Dahme-Spreewald, Stephan Loge (SPD): "Das wäre ein Fortschritt, entspricht aber nicht ganz der von uns erhofften Entlastung."

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) versprach, das Land stehe "fest an der Seite der Kommunen". Das erwarte er jedoch auch vom Bund. In dem Papier finden sich daher auch Forderungen an die Bundesebene: Diese solle beispielsweise die Schleuserkriminalität wirksamer bekämpfen, Aufnahmeprogramme enger mit den Ländern abstimmen oder Rücknahmeabkommen mit Herkunftsländern abschließen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 21.03.2023, 18 Uhr

Beitrag von Michael Schon

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