Ursachenforschung und Ausblicke - Brandenburger Parteien positionieren sich zum Umfragehoch der AfD

Der ARD-DeutschlandTrend sieht die AfD bundesweit bei 18 Prozent, gleichauf mit der SPD. Im Brandenburger Landtag streiten die Parteien nun über die Gründe für den Höhenflug - und den richtigen Umgang mit der AfD. Von Christoph Hölscher
Für Dennis Hohloch, den parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Landtagsfraktion ist die Sache klar: Der momentane Höhenflug seiner Partei in den Umfragen sei Folge der schlechten Regierungspolitik in Bund und Ländern einerseits – und der guten Parlamentsarbeit der AfD anderseits. Man biete Gegenkonzepte zum "linksgrünen Mainstream", so Hohloch. Das werde sich auch bei den Landtagswahlen in Brandenburg im September 2024 auszahlen, ist der AfD-Politiker überzeugt. Er kündigt an, sich dann nicht mehr mit der Oppositionsrolle zufrieden geben zu wollen: "Wenn wir stärkste Kraft sind im nächsten Jahr, dann werden wir selbstverständlich auch mit der CDU-Koalitionsgespräche führen."
CDU schließt Kooperation mit AfD aus
Der so umworbene Wunschpartner weist diese Annäherungsversuche allerdings entschieden zurück: Es werde keine Zusammenarbeit mit der AfD geben, betont CDU-Fraktions- und Parteivorsitzender Jan Redmann. Er ist überzeugt davon, dass viele Menschen in Brandenburg die AfD vor allem aus Frust wählen, weil die Politik ihre Probleme nicht löse: steigende Preise, Migrationspolitik, Energiewende. "Ich glaube, diese Frustration muss man bekämpfen, indem man die Themen angeht, die diese Frustration auch befördern", so Redmann. Seine CDU versucht das momentan vor allem mit traditionell konservativen Positionen – in der Migrationspolitik etwa, indem sie schärfere Grenzkontrollen oder mehr Abschiebungen fordert.
Kritik am konservativen CDU-Kurs
Mit solchen Forderungen würden Redmann und die CDU die Positionen der AfD "eins zu eins zu übernehmen" und sie damit stärken, kritisiert Sebastian Walter, Partei- und Fraktionsvorsitzender der oppositionellen Linken. Es werde kein Problem gelöst, in dem man "Menschen, die hierher flüchten, abschiebt oder für schuldig erklärt."
Die Kritik am konservativen Kurs der CDU teilen auch deren Partner in der Kenia-Koalition. SPD-Fraktionschef Daniel Keller wirft der CDU vor, auf einem "populistischen Kurs" unterwegs zu sein. Da müsse man sich als Landesvorsitzender nicht wundern, wenn man "die Götter, die man rief, auch nicht wieder wegbekommt", kritisiert Keller Jan Redmann direkt. Die grüne Fraktionsvorsitzende Petra Budke teilt diese Einschätzung. Wenn man die "AfD-Narrative" – etwa, dass die Zuwanderer an vielen Problemen der Brandenburger schuld seien - auf diese Weise gesellschaftsfähig mache, helfe das am Ende nur dem "Original": Der AfD.
Politischer Wettstreit oder "Einheitsfront"?
Budke fordert stattdessen, die "demokratischen Parteien" müssten im Hinblick auf den kommenden Landtagswahlkampf gegen die AfD zusammenstehen und "klare Kante" zeigen: "Wir dürfen der AfD und rechten Hetzern nicht den öffentlichen Raum überlassen", betont Budke. Dagegen hält CDU-Chef Redmann nichts von einer angeblichen "nationalen Front gegen die AfD". Man müsse innerhalb des demokratischen Spektrums deutlich machen, dass es zwischen den Parteien politische Unterschiede gebe. "Und wir haben erhebliche politische Unterschiede beispielsweise zu den Grünen", stellt Redmann klar.
"Gute Politik" gegen AfD-Umfragehoch?
Einig sind sich eigentlich alle Parteien im Brandenburger Landtag darin, dass die Probleme im Land gelöst werden müssen – auch wenn sich ihre konkreten Konzepte dafür unterscheiden. "Man muss gute Politik machen und dann gibt es auch solche Umfragewerte nicht", stellt etwa Péter Vida, Fraktionschef von BVB/Freie Wähler, mit Blick auf das AfD-Umfragehoch fest.
Auch Sebastian Walter von der Linken fordert eine "ernsthaft andere Politik" von der Landesregierung, die Probleme wie Reallohnverlust, einen schlechten Nahverkehr oder Sparkassenschließungen auf dem Land nicht negiere. Daniel Keller von der regierenden SPD räumt ein, das es die Verantwortung der Landesregierung sei, Probleme zu lösen – sieht aber zum Beispiel in der Migrationspolitik das CDU-geführte Innenministerium in der Pflicht. Die CDU wiederum kritisiert, dass unter anderem grüne Projekte wie das "Heizungsgesetz" schuld seien an der Verunsicherung der Menschen, die zu dem AfD-Umfragehoch beitrage.
Man gewinnt so den Eindruck, dass zwar alle Parteien von der Linken bis zur CDU eine bessere Politik fordern, bei der konkreten Umsetzung aber wenig Selbstkritik zeigen, sondern meistens auf die jeweils anderen zeigen. Fraglich, ob sie ihr erklärtes Ziel, den Höhenflug der AfD zu stoppen, auf diese Weise erreichen können.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 06.06.2023, 19:30 Uhr