Kein Geld im Haushalt eingeplant - Zukunft des Berliner Pflege-Campus in der Schwebe

Do 31.08.23 | 19:05 Uhr
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Wenckebach-Klinikum in Berlin (Quelle: dpa/Schoening)
Audio: rbb24 Inforadio | 31.08.2023 | Christoph Reinhardt | Bild: dpa/Schoening

Berlin braucht dringend Pflegekräfte. Im geplanten Gesundheits-Campus sollen in zehn Jahren eigentlich rund 3.700 Auszubildene lernen. Die Finanzierung stockt - und die Opposition warnt schon vor einem Pflegenotstand.

  • Im Haushaltsentwurf fehlen rund 24 Millionen Euro an Planungsmitteln
  • Opposition warnt vor einem drohenden "Pflegenotstand"
  • Regierung hält am Projekt fest und verweist auf noch laufende Gespräche

Auf dem Gelände des Wenckebach-Krankenhauses in Berlin-Tempelhof soll ein Bildungscampus für rund 3.700 Auszubildende entstehen. Eigentlich sollte das Projekt im vierten Quartal starten - darüber waren sich die Gesundheitspolitiker im Fachausschuss noch vor der Sommerpause einig. Doch im inzwischen vorgelegten Entwurf für den Doppelhaushalt fehlen die erforderlichen Planungsmittel.

Rund 340 Millionen Euro hat der landeseigene Klinikkonzern Vivantes für die Entwicklung veranschlagt. Im jetzt vorgelegten Haushaltsentwurf tauchen jedoch nicht einmal die erforderlichen rund 24 Millionen Planungsmittel für die kommenden zwei Jahre auf.

Opposition warnt vor Pflegenotstand

Der Gesundheitsexperte der Linken, Tobias Schulze, sprach von einem bitteren Signal. Ohne die zusätzlichen Ausbildungsplätze drohe ein Pflegenotstand. Die Grüne Silke Gebel fürchtet eine soziale Schieflage. "Ich verstehe nicht, warum die SPD ihre eigenen Projekte vergisst. Ohne finanzielle Zusage versenkt die Sozialdemokratie dieses wichtige Projekt still und heimlich im kommenden Doppelhaushalt."

Auch Vivantes-Sprecher Christoph Lang zeigte sich besorgt. Er warnte vor "zwei verlorenen Jahren", wenn der Doppelhaushalt die Finanzierung in den beiden kommenden Jahren nicht sicherstelle. "Wenn wir mit den Planungen beginnen sollen, brauchen wir einen entsprechenden Haushaltstitel, sonst können wir nicht anfangen." Sollte das Parlament die erforderlichen 24 Millionen Euro Planungsmittel bewilligen, könnten die Ausschreibungen vorbereitet werden. Auch müsse die Finanzierung zumindest des ersten Bauabschnitts verbindlich zugesagt werden. Dafür setzt Vivantes rund 140 Millionen Euro an.

Regierung betont Priorität des Projekts

Die schwarz-rote Koalition bekräftigte, an dem Projekt festhalten zu wollen. Gesundheits-Staatssekretärin Ellen Hausdörfer (SPD) verwies darauf, dass die Haushaltsberatungen im Abgeordnetenhaus gerade erst beginnen würden. Der genau Bedarf und die mögliche Nutzung von Fördermitteln hätte vor der Herstellung des Haushaltsentwurfs nicht abschließend geklärt werden können.

SPD-Fraktionschef Raed Saleh zeigte sich verwundert, dass die SPD-geführte Gesundheitsverwaltung und die CDU-Finanzverwaltung noch keine Lösung gefunden haben. Dass das Projekt eine Priorität der Koalition bleibe, betont auch die CDU. "Wir haben ein hohes Interesse, dass es kommt und dass es nicht weitere zwei Jahre verzögert wird", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Christian Zander.

Möglicherweise Finanzierung durch Sondervermögen

Im Gespräch ist unter anderem, Mittel aus dem Infrastruktur-Sondervermögen "Siwa" zu verwenden. In Betracht komme auch das Klimaschutz-Sondervermögen, schlägt der Linke Tobias Schulze vor: "Es geht schließlich um die energetische Sanierung des Altbaubestands." Die Chance auf die Umsetzung des Bildungscampus bestehe nicht mehr lange, warnt Schulze, die finanziellen Spielräume würden in den nächsten Jahren kleiner. "Wenn es jetzt nicht klappt, ist die Zukunft für den Gesundheitsstandort Wenckebach ganz düster." Im Dezember soll der Doppelhaushalt beschlossen werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 31.08.2023, 16:33

7 Kommentare

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  1. 7.

    Kaum gab es einen Regierungswechsel in Berlin, schon warnen die ehemals Regierenden vor dem Zustand, den sie verursacht haben, und jahrelang grduldet haben.
    Die Liste der Versäumnisse ist lang, ergo, es gibt jede Menge, die man der jetzigen Regierung in die "Schuhe" schieben kann, natürlich in der Hoffnung, dass die Wähler vergesslich sind.

  2. 6.

    Wieso wird schon wieder alles der CDU in die Schuhe geschoben? Der Senat muss sparen….. und ein Prestigeobjekt welches durch den Vorgängersenat beschlossen wurde, braucht Berlin wirklich nicht…. Stattet die bestehenden Schulen besser aus anstatt schon wieder was neues zu bauen was keiner braucht….das ändert nix am Pflegenotstand….ausserdem haben wir doch soviel Fachkrägftezuwanderung….. da werden doch wohl Pflegekärfte dabei sein, oder ? Ironisch gefragt……

  3. 5.

    Der neue Bürgermeister ist schon der Heilsbringer.
    Naja CDU halt.

  4. 4.

    Das fünfte Rad am Wagen nicht vergessen. Das ist allerdings nicht für die Probleme verantwortlich, muss aber fast für alles hinhalten. Eigentlich musste es endlich einmal für die Lenkung der anderen starren Räder benutzt werden, aber der Widerstand gegen die Vernunft ist doch zu stark. Da hilft auch nicht der Sprung über die 35 % Marke wie in Sachsen.

  5. 3.

    Das fünfte Rad am Wagen nicht vergessen. Das ist allerdings nicht für die Probleme verantwortlich, muss aber fast für alles hinhalten. Eigentlich musste es endlich einmal für die Lenkung der anderen starren Räder benutzt werden, aber der Widerstand gegen die Vernunft ist doch zu stark. Da hilft auch nicht der Sprung über die 35 % Marke, wie in Sachsen.

  6. 2.

    Der zentralisierte Bildungscampus ist nicht im Interesse der Azubis, die sich bislang für eine Pflegeschule in Nähe ihres Wohnortes entscheiden können. Aber die fragt ja anscheinend auch niemand.

    Das Projekt ist eine reine Prestigefrage für das Land - ohne Mehrwert für die Pflegeausbildung. Die wahrscheinliche Folge: anstatt zukünftig jeden Morgen für den Unterricht von einem anderen Ende der Stadt ans andere zu fahren, bewerben sich due Azubis künftig lieber woanders! Damit verschärft sich bei Vivantes oder Charité der Mangel an Fachkräften.

    Besser wäre die drei bestehenden Pflegeschulen des Berliner Bildungscampus für Gesundheitsberufe (Reinickendorf, Wedding, Neukölln) mit dem (nicht) vorgesehenen Geld personell und materiell besser auszustatten!

  7. 1.

    Das sind die ewigen 4 Probleme die wir auf Bundes und allen Landesebenen haben, SPD, Grüne, CDU, FDP. Wenn sich hier nicht bald wieder Menschen finden die innovativ und mit frischen Ideen diese alten verkrusteten angeblich etablierten Parteien in den wohl verdienten Ruhestand schicken, dann werden wir hier bald nur noch Gelder für die Sozialsysteme übrig haben. Aber bitte nicht wieder so einen Flop wie die Piraten, das kann besser werden!! Tokio hat über 30 Millionen Einwohner, und es funktioniert. Wie geistig verarmt muss man also sein, wenn man eine kleine Stadt mit 4 Millionen Einwohner nicht so gestalten kann das alles funktioniert? Hat Tokio auch seit 35 Jahren einen Pflegenotstand? Wenn nicht dann mal fragen wie die das schaffen, bei der Einwohnerzahl.

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