Der neue Chef in Brandenburg - "Dietmar Woidke ist ein Mann, der erst denkt und dann redet"

Erst war er Landwirtschaftsminister, dann Innenminister in Brandenburg. Und demnächst soll Dietmar Woidke das Land als Ministerpräsident führen. Ein Mann, der erst denkt und dann redet, sagt sein Vorgänger Matthias Platzeck. Ein Porträt von Amelie Ernst.
Ein "sehr emotionaler Moment und eine sehr große Herausforderung": Es ist Dietmar Woidke deutlich anzumerken bei der Pressekonferenz am Montag, dass er Respekt vor der neuen Aufgabe hat. Und der Ruf in die Potsdamer Staatskanzlei hat den 51-Jährigen dann wohl doch auch überrascht. Obwohl ihn viele schon lange als Platzecks Nachfolger im Visier hatten, gab sich Woidke, angesprochen auf seine Ambitionen auf das Ministerpräsidentenamt, immer gelassen. Der Karrieresprung liegt für ihn in weiter Ferne, sagte er im rbb-Interview vor einem Jahr. Auch wenn ihn der Vertrauensvorschuss freue, sei er doch froh, dass Matthias Platzeck 2014 noch mal antrete, so Woidke damals.
Dabei war sein Verhältnis zu seinem Vorgänger nicht immer einfach: 2009 übergeht ihn Platzeck bei der Vergabe der Ministerposten, dabei hat sich Woidke da schon mehrere Jahre im Landwirtschaftsressort bewährt. Für ihn bleibt nur der SPD-Fraktionsvorsitz. Doch statt zu Murren macht der gebürtige Lausitzer Woidke einfach weiter.
Politischen Frust verarbeitet er nicht öffentlich, sondern lieber beim Joggen- mit einem ganz eigenen Trick. "Die erste Hälfte der Strecke denke ich an gar nichts und genieße nur und die zweite Hälfte denke ich dann an Probleme". Auch wenn ihm das Laufen dann schon am Ende der Strecke schwerer fällt, kommen ihm unter dem Druck, ans Ziel zu kommen doch schon einige ganz gute Ideen.
"Ein Mensch, der Nähe sucht"
2010 holt ihn Matthias Platzeck dann doch wieder ins Kabinett: Nach dem skandalträchtigen Rücktritt von Rainer Speer braucht der Landeschef einen glaubwürdigen Sachpolitiker. Ganz oben auf der Agenda des neuen Innenministers Dietmar Woidke steht die umstrittene Polizeireform.
Er hält an den Kürzungen und Umbaumaßnahmen fest- und wirbt bei den Betroffenen um Verständnis mit der Frage, was denn nun eigentlicher wichtiger ist: "Muss eine Polizeiwache rund um die Uhr besetzt werden, auch wenn keiner kommt- oder ist es wichtiger, dass in der Grenzregion mehr Streifenwagen für mehr Sicherheit sorgen?"
Knapp 2.000 Polizisten will Woidke bis 2020 einsparen, es hagelt Kritik, doch letztlich setzt sich der Minister durch. Ein Mann ohne Skandale, der nur selten für negative Schlagzeilen sorgt: Nach und nach macht sich Woidke unverzichtbar – auch für Matthias Platzeck, der ihn zuletzt zu seinem engsten Kreis von Beratern zählt. E schätzt den "Typen" Dietmar Woidke: So sollten Politiker sein, sagt Platzeck am Montag. "Er denkt erst und redet dann. Ihm muss man Menschen-Nähe nicht erklären, er ist ein Mensch, der Nähe sucht."
Doch allein mit Glaubwürdigkeit und Menschennähe werden sich die anstehenden Fragen in Brandenburg, von BER bis Braunkohle, auch nicht klären lassen. Dietmar Woidke weiß das – und das macht seine neue Aufgabe nicht gerade leichter.