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Video: Abendschau | 01.02.2022 | Anna-Maria Deutschmann | Quelle: dpa/Sebastian Gollnow

Erlass für Gesundheit und Pflege

Länder sollen Impfpflicht im Gesundheitswesen bis Mitte März umsetzen

Bis Mitte März muss das Gesetz für die einrichtungsbezogene Impfpflicht von den Ländern umgesetzt werden. Die Brandenburger Gesundheitsministerin und Berliner -senatorin sehen aber nicht die Gesundheitsämter in Zugzwang.

Bundestag und Bundesrat haben das Gesetz zur Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht beschlossen. Das teilte das Bundesgesundheitsministerium am Diestag mit. Bis zum 16. März muss in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen somit die Impfpflicht umgesetzt werden. Umgesetzt werden soll sie von den Ländern.

Beschäftigte in Kliniken und Pflegeheimen müssen demnach bis zum 15. März nachweisen, dass sie gegen Corona geimpft oder von Corona genesen sind. Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stimme weiterhin mit den Bundesländern überein, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht nur der erste Schritt zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht sei, hieß es in der Pressemitteilung weiter.

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Nonnemacher will Umsetzung bis nächste Woche klären

Die Brandenburger Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) kündigte an, die Impfpflicht für die Bereiche Gesundheit und Pflege trotz Kritik umzusetzen - nennt aber auch eine Bedingung. "Ja, wir setzen das um, aber die Versorgungssicherheit im medizinischen und pflegerischen Bereich darf dadurch nicht gefährdet werden", sagte Nonnemacher am Dienstag dem Inforadio vom rbb, "das ist eine schwierige Aufgabe und da sind wir gerade dran."

Es habe bereits Treffen mit Kommunen und Betreibern der Einrichtungen gegeben. Wie sie den Konflikt zwischen dem Gesetz zur Impfpflicht in den Einrichtungen und der Versorgungssicherheit lösen will, erklärte sie am Dienstag nicht, betonte aber: "Wir haben einen ganz klaren Auftrag des Bundesgesetzgebers."

Bei Brandenburg aktuell kündigte Nonnemacher am Abend an, Brandenburg wolle bis "spätestens nächste Woche" klären, wie das Bundesgesetz zur Impfpflicht im Gesundheitssektor umgesetzt werden soll. Die Kommunen sollen unterstützt werden. Dafür werde ihr Ministerium eine Anweisung erarbeiten, so Nonnemacher.

Gote gegen Durchsetzung der Impfpflicht durch Gesundheitsämter

Auch in Berlin soll die berufsbezogene Impfpflicht nicht komplett durch die kommunalen Gesundheitsämter durchgesetzt werden. "Wir haben hier nochmal sehr deutlich kommuniziert, dass wir die Aufgaben nicht komplett bei den Gesundheitsämtern sehen", sagte Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) am Dienstag.

Das sei eine fachfremde Aufgabe, für die die Ämter nicht vorbereitet seien. In dieser Frage seien sich die Bundesländer einig, so Gote.

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Neuköllner Amtsarzt: Sind nicht mehr die Hygienepolizei

Der Neuköllner Amtsarzt Nicolai Savaskan sieht es ebenfalls problematisch, dass die Berliner Gesundheitsämter die Impfpflicht im Pflegebereich durchsetzen sollen. Savaskan sagte der Abendschau vom rbb, die Gesundheitsämter bräuchten zur Umsetzung mehr Personal. Eigentlich seien sie aber nicht mehr die Hygienepolizei wie früher und wollten dahin auch nicht zurück.

Diese Aufgabe sei bei den Landesgesundheitsämtern oder auch bei der Senatsverwaltung für Gesundheit gut verortet, so Savaskan weiter. So eine zentrale Aufgabe sollte auch zentral verwaltet werden. Savaskan begrüßte, dass auch Gesundheitssenatorin Gote die Gesundheitsämter hier nicht in der Pflicht sehe.

Er plädiert für eine Aufgabenteilung: Die Gesundheitsämter könnten für verpflichtende Impfberatungsgespräche für medizinisches Personal und für Pflegekräfte zur Verfügung stehen. Und der Vollzug sollte dann zentral geregelt werden.

Caritas und Stiftung Patientenschutz warnen vor Impfpflicht

Die Caritas Altenhilfe in Berlin und Brandenburg spricht sich derweil dafür aus, die geplante Impfpflicht im Gesundheitswesen auszusetzen. Hintergrund ist die Furcht vor Personalenpässen. Caritas-Landesgeschäftsführerin Bärbel Arwe kritisierte im Inforadio, aus den Berliner Bezirken gebe es auf Nachfrage ganz unterschiedliche Rückmeldungen. So sei unklar, ob und wie die Gesundheitsämter die Impfpflicht umsetzen.

Sollte es bei der Regelung bleiben und die Impfpflicht streng durchgesetzt werden, müsste ihr Landesverband vermutlich die ambulante Pflege einschränken, um die stationäre Versorgung zu sichern. So würden dann Touren ausfallen, bei denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Menschen zu Hause betreuen.

Auch die Stiftung Patientenschutz hatte davor gewarnt, die Impfpflicht für medizinisch-pflegerische Berufe mit der Brechstange einzuführen. Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg sieht die Gesundheitsämter ebenfalls vor einer großen Belastung.

#Wiegehtesuns? | Sozialarbeiterin in Berlin

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Elisabeth S. arbeitet beim Sozialamt und betreut Klienten, die zu den vulnerablen Gruppen gehören. Viele leben in präkerer Situation und sind ungeimpft. Letzteres gilt auch für viele von Elisabeths Kollegen - die zudem Verschwörungsmythen verbreiten. Ein Gesprächsprotokoll.

Einschnitte im sozialen Bereich befürchtet

Auch der Brandenburger Landesverband privater Anbieter sozialer Dienste hatte die Befürchtung geäußert, dass es zu Einschnitten kommt, wenn ab 15. März in diesem Bereich eine Impfpflicht gilt. Es hätten schon Mitarbeiter deshalb gekündigt, sagte die Vizevorsitzende des Verbands, Simone Leske, am Dienstag dem rbb. Die Betreiber der Einrichtungen wüssten auch noch nicht, wie sie dann mit nicht geimpften Beschäftigten umgehen sollen.

Der Vorsitzende des Evangelischen Diakonissenhauses Berlin Teltow Lehnin, Matthias Blume, sagte dem rbb, man bereite sich darauf vor, dass die Gesundheitsämter möglicherweise Betretungsverbote aussprechen.

Sendung: Inforadio, 01.02.2022, 12:45 Uhr

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