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Interview | Turbine-Trainer Sofian Chahed

"Die Entwicklung wird durch die Abgänge teilweise gestoppt"

Noch kämpft Turbine Potsdam um die Champions-League-Qualifikation, nach der Pleite gegen Frankfurt ist die Ausgangslage allerdings nicht ideal. Trainer Sofian Chahed ordnet die Chancen ein und spricht über Erfolge, aber auch Probleme in dieser Saison.

rbb|24: Sofian Chahed, nach dem herben Rückschlag gegen Frankfurt muss Ihre Mannschaft im Kampf um die Champions League-Plätze am letzten Spieltag jetzt beim Meister der letzten Saison, dem FC Bayern, antreten. Die punktgleichen Frankfurter haben die vermeintlich leichtere Aufgabe gegen Bremen. Wie schätzen Sie die Ausgangslage ein?

Sofian Chahed: Die ist für Frankfurt natürlich besser, obwohl wir es immer noch in der eigenen Hand haben. Aber natürlich spielen wir gegen eine sehr, sehr gute Mannschaft - deshalb hat Frankfurt die besseren Karten. Wir müssen trotzdem schauen, dass wir unser Spiel in München durchbekommen. Mit ganz viel Glück und einer geschlossenen Mannschaftsleistung können wir dann vielleicht etwas mitnehmen.

Am vergangenen Spieltag hatten Sie zuhause im direkten Duell gegen Frankfurt die Möglichkeit, die Champions League zu sichern. Schon ein Remis hätte die Qualifikation dank des deutlich besseren Torverhältnisses quasi gesichert. Wie groß ist die Enttäuschung, diese Chance durch die Pleite liegengelassen zu haben?

Natürlich sind wir enttäuscht, es ist nicht spurlos an uns vorbeigegangen. Aber wenn es nach hinten losgeht, wir in München verlieren und Frankfurt an uns vorbeizieht, ist es verdient. Frankfurt spielt eine super Saison. Das würde unsere Leistung aber nicht schmälern. Es hätte doch niemand geglaubt, dass wir bis zum Ende um Platz drei kämpfen, beziehungsweise bis zum letzten Spieltag sogar auf dem dritten Platz stehen. Das hätte doch in Potsdam und in der Frauenfußball-Welt niemand für möglich gehalten. Und es ist ja noch nicht vorbei, wir werden sehen, was am Ende passiert.

Wie ordnen Sie die Saisonleistung Ihres Teams auch im Hinblick auf die kontinuierliche Weiterentwicklung der Mannschaft und des Vereins ein?

Insgesamt sind wir zufrieden. Wenn man die Spielzeit Revue passieren lässt und sieht wie viele Punkte wir geholt, wie viele Tore wir geschossen und wie wenig Gegentore wird bekommen haben, ist in allen Mannschaftsteilen eine Verbesserung im Vergleich zur Vorsaison erkennbar. Ich bin der Meinung, dass wir eine sehr erfolgreiche Saison gespielt haben, mit der so niemand gerechnet hat.

Sie versuchen, kontinuierlich und nachhaltig etwas in Potsdam aufzubauen. Sie müssen allerdings immer wieder die Abgänge von Leistungsträgerinnen bekanntgeben. Wie sehr schmerzt es, immer wieder Säulen des Teams ziehen lassen zu müssen?

Die Entwicklung wird dadurch teilweise gestoppt und auch allgemein stört es. Es ist immer wieder zu sehen, wie wichtig es ist, länger zusammen zu bleiben, damit ich die Spielerinnen, aber auch die Spielerinnen mich kennenlernen. Wir würden unsere Leistungsträgerinnen natürlich alle gerne halten, aber wenn Wolfsburg und Bayern rufen oder eine Spielerin im Ausland Erfahrungen sammeln will, kann man es auch verstehen. Ich lasse sie also mit einem weinenden und einem lachenden Auge ziehen. Bei den Abgängen, die nach Bayern oder Wolfsburg gehen, spielt natürlich auch das Finanzielle eine große Rolle und da ist Turbine nur maximal Mittelfeld.

Sie sprechen die finanziellen Aspekte an: Die zwei Spitzenvereine scheinen in der Bundesliga unerreichbar. Was muss sich in der Liga, aber auch bei Vereinen wie Turbine Potsdam ändern, damit diese Lücke geschlossen werden kann?

Da muss sehr viel passieren. Frankfurt hat nach dem Zusammenschluss mit der Eintracht jetzt auch ganz andere finanzielle Möglichkeiten. Die haben im Vergleich zu uns mittlerweile das dreifache Budget zur Verfügung. Aber auch der DFB muss reagieren, was sicherlich schwierig ist. Es ist aber so, dass die TV-Gelder in England in etwa 30 Millionen Pfund pro Jahr für die Liga betragen und in Deutschland sind es insgesamt nur 1,8 Millionen. Daran sieht man natürlich den krassen Unterschied. Es ist zwar generell eine Entwicklung im Frauenfußball in Europa zu erkennen, aber Deutschland hinkt da noch hinterher.

Neben dem letzten Bundesliga-Spieltag steht in dieser Saison noch ein weiteres Highlight für Turbine auf dem Programm - das Pokalfinale in Köln. Wie groß ist die Vorfreude?

Wir freuen uns auf ein schönes und hoffentlich gut gefülltes Stadion und eine tolle Atmosphäre. Wir gehen sicherlich nicht als Favorit ins Spiel. Wolfsburg hat den Titel sieben Mal hintereinander geholt und ist seit mehr als 50 Pokalspielen ungeschlagen. Auf der anderen Seite muss jede Serie natürlich irgendwann mal reißen. Wir werden unser Bestes geben und vielleicht können wir Wolfsburg ärgern. Der haushohe Favorit ist aber natürlich der VfL.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Jonas Bürgener, rbb sport.

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