Interview | Albas Nationalspieler Johannes Thiemann - "Wir sind sehr gut besetzt und müssen jetzt dementsprechend Leistung bringen"

Fr 19.08.22 | 06:14 Uhr
Alba-Center Johannes Thiemann im Trikot der deutschen Nationalmannschaft (imago images/camera4+)
Bild: imago images/camera4+

Mit der Heim-EM in Sichtweite spielt die deutsche Basketball-Nationalmannschaft dieses Wochenende den Supercup. Mit dabei ist ein Berliner Quartett um Albas Johannes Thiemann. Ein Gespräch über Vorfreude, schwere Gegner und Franz Wagner.

rbb|24: Herr Thiemann, wie müssen wir uns den Alltag eines deutschen Nationalspielers rund um den Supercup in Hamburg und kurz vor dem Start der Heim-EM vorstellen?

Johannes Thiemann: Wir wohnen aktuell in Altona unweit der Hamburger Halle. Wir pendeln hier zwischen Hotel und Trainingshalle hin und her, trainieren täglich und versuchen, in Spielform zu kommen und als Team weiter zusammenzufinden.

In knapp zwei Wochen starten Sie in Köln in die EM-Vorrunde, zehn Tage später in Berlin in die Zwischenrunde. Wie sehr juckt es Ihnen schon in den Fingern?

Sehr! Ich habe richtig Bock, in vollen Hallen zu spielen – am liebsten natürlich in Berlin. Basketballdeutschland wird uns mit toller Atmosphäre unterstützen und wir hoffen, das mit erfolgreichen Spielen zurückgeben zu können. Aber auch auf die Competition freue ich mich.

Gleich in der EM-Vorrunde warten mit Slowenien, Frankreich und Litauen drei Top-Teams als Gegner auf Sie. Ist das eher Nachteil oder Vorteil?

Wir haben eine wirklich sehr, sehr starke Gruppe mit unglaublich guten Gegnern. Das wird natürlich eine Herausforderung. Gleichzeitig ist es eine Chance, früh zu sehen, wie man im Vergleich mit den Teams, die in den K.o.-Runden spielen werden, abschneidet. Und es macht ja auch Spaß, sich mit den Besten zu messen.

Die diesjährige EM scheint personell so gut besetzt wie lange nicht mehr. Wie ist es, mit NBA-Akteuren à la Dennis Schröder, Daniel Theis und Franz Wagner zusammenzuspielen und Spielern wie Luka Doncic, Nikola Jokic oder Giannis Antetokounmpo gegenüberzustehen?

Das ist auf jeden Fall cool. Die Jungs aus der NBA haben eine individuelle Klasse, die du selbst in der Euroleague so nicht findest. Wenn du etwa einen Dennis Schröder auf dem Parkett hast, merkst du sofort, wie er ein Spiel mit seinem Skillset und seiner Schnelligkeit bestimmen kann. Und mit Spielern wie Giannis auf dem Platz zu stehen, sich mit ihnen zu messen, das ist schon besonders.

Besonders ist auch, wieviel Alba und wieviel Berlin in Person von Ihnen, Maodo Lo, Niels Giffey und Franz Wagner in der aktuellen deutschen Nationalmannschaft steckt. Welche Vorteile hat das?

Man sieht ja an uns bei Alba, was für ein großer Vorteil es ist, wenn man sich im Team gut versteht, wenn man die anderen gut kennt und weiß, wie sie auf und neben dem Spielfeld funktionieren. Dadurch, dass wir uns schon so lange kennen, verstehen wir uns einfach sehr gut.

Mit Franz Wagner haben Sie noch bei Alba zusammengespielt, ehe er ans College und später in die NBA ging. Wie hat er sich seit seiner Alba-Zeit entwickelt und verändert?

Menschlich ist er gefühlt noch der gleiche Typ – super sympathisch, sehr lieb und herzlich. Aber spielerisch hat er sich krass verändert und fünf Schritte nach vorne gemacht. Er ist körperlich viel stabiler geworden und hat nochmal ein ganz anderes Selbstvertrauen. So wie er jetzt spielt und eine Partie beeinflussen kann, das ist schon beeindruckend.

Auch abseits von Franz Wagner ist die deutsche Nationalmannschaft sehr stark besetzt. Kann man sagen, dass der Basketball hierzulande in der Spitze und Breite so gut ist wie lange nicht mehr?

Auf jeden Fall, da würde ich mitgehen. Man sieht, dass in Deutschland aktuell viele junge Talente hochkommen und merkt, dass da eine neue und andere Qualität durchkommt. Was gerade schon an Spielern da ist, aber auch was noch nachkommt, das ist beeindruckend und schön zu sehen. Wir sind sehr gut besetzt und müssen jetzt dementsprechend Leistung bringen.

Haben Sie sich als Mannschaft konkrete Ziele für den Sommer und die EM gesetzt?

Die genauen Ziele für die EM bleiben teamintern, aber wir wollen auf jeden Fall so erfolgreich spielen, dass wir nach Berlin kommen. Gelingt das, ist in den K.o.-Runden immer alles möglich.

Auch eine Medaille?

Eine Chance besteht immer. Ich glaube nicht, dass wir ein Geheimfavorit oder gar ein Favorit sind, weil du schon noch andere, wirklich krasse Teams hast – Frankreich, Slowenien, Serbien oder auch Griechenland. Aber natürlich ist alles drin. Wenn wir unser volles Potenzial ausschöpfen, vielleicht auch mal über uns hinauswachsen, dann können wir auch die schlagen.

Zunächst geht es beim Supercup gegen Tschechien und Italien oder Serbien. Wie kann das Turnier auf dem Weg zu einer erfolgreichen EM helfen?

Das Turnier ist eine Herausforderung, ein guter Härtetest mit sehr guten Gegnern. Dazu ist es eine gute Gelegenheit, zu testen, wo man steht. Wir wollen uns diesen Sommer gut präsentieren - und das fängt beim Supercup an.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Jakob Lobach, rbb Sport.

Sendung: rbb24, 19.08.2022, 18 Uhr

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