Ausnahmezustand und neue Unterkünfte - Polen macht gegen Geflüchtete aus Belarus mobil

Mi 15.09.21 | 14:55 Uhr
Geflüchtetenunterkunft im polnischen Wedrzyn
Audio: Antenne Brandenburg | 15.09.2021 | Magdalena Dercz | Bild: Magdalena Dercz/rbb

Seit mehreren Wochen reisen vermehrt Geflüchtete aus Afghanistan und dem Irak illegal über Belarus nach Polen ein. Die dortige Regierung hat deshalb den Ausnahmezustand ausgerufen. Damit sollen Geflüchtete abgehalten werden.

An der Grenze zwischen Polen und Belarus kommen kommen seit Wochen immer mehr Geflüchtete an. Grund dafür könnte politisches Kalkül sein. Denn bereits im Mai hatte der belarusische Präsident Alexander Lukaschenko angekündigt, als Reaktion auf die Sanktionen gegen sein Land Migranten und Migrantinnen nicht mehr an der Weiterreise in die EU zu hindern.

Die Angst vor den Geflüchteten

Polnische Behörden wollen nun weitere Geflüchtete abhalten. Die nationalkonservative Regierung von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat deshalb den Ausnahmezustand ausgerufen. Dieser gilt für 30 Tage in Gemeinden, die bis zu drei Kilometer von der Grenze zu Belarus entfernt liegen. Und sie reagiert mit einem Stacheldrahtzaun. Nur wenige schaffen deshalb derzeit den Grenzübertritt - und landen dann in Unterkünften.

Eine Unterkunft für Geflüchtete liegt in Krosno Odrzanskie, etwa auf der Höhe von Neuzelle (Oder-Spree). Dort landen seit Jahren Migranten, die beim illegalen Versuch die Grenze zu überqueren, festgenommen worden sind. Da der Zustrom derzeit groß ist, ist die Unterkunft aktuell komplett belegt.

Eine zweite Unterkunft in der Woiwodschaft Lebus befindet sich in Wedrzyn bei Sulecin, östlich von Frankfurt (Oder). Errichtet gerade einmal vor ein paar Wochen als Reaktion auf die Grenzübertritte aus Belarus. Vor etwa zwei Wochen wurden dort rund 200 Geflüchtete aus Afghanistan und dem Irak untergebracht.

Das Gelände in Wedrzyn liegt etwa 40 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Es gehört der polnischen Armee. Kurzfristig hat der polnische Grenzschutz auf die heruntergekommenen Unterkünfte zurückgegriffen. Dort sind nun etwa 200 der 300 möglichen Betten mit Geflüchteten aus Afghanistan und Irak belegt.

Es sind die Wenigen, die es geschafft haben, von Belarus nach Polen zu kommen. Im Lebuser Land sind die Bewohner über die Neuankömmlinge nicht gerade glücklich. Die Skepsis gegenüber Geflüchteten ist groß - auch unter ukrainischen Migranten, die in Polen aus verschiedensten Gründen Zuflucht gesucht haben. Eine Ukrainerin vor Ort sagt: "Ich mag diese Religion nicht. Ich habe Angst davor."

Dabei leben die Geflüchtete in dem Dorf Wedrzyn hinter Stacheldraht. Das Gelände dürfen sie nicht verlassen, bewacht werden sie vom polnischen Grenzschutz. Zudem liegt im nahegelegenen Ort auch noch eine Kaserne mit Soldaten der polnischen Armee.

Polen nur ein Zwischenstopp?

Trotzdem gibt es Bedenken bezüglich der Sicherheit, sagt Tomasz Jaskula, der Landrat des Kreises Sulecin. "Unsere Bevölkerung reagiert so, wie das beim Thema Flüchtlinge in Polen so üblich ist: mit Distanz. Das liegt daran, dass wir hier in Polen genau auf den Westen Europas und dessen Migrationsprobleme schauen, die es da gibt. Was wir mitbekommen ist, dass Polen für die meisten nur ein Zwischenstopp für die Flüchtlinge ist."

Während ein Großteil der geflüchteten Afghanen in Polen Asyl beantragt, zieht es Menschen aus dem Irak oder Nordafrika woanders hin, sagt Joanna Konieczniak. Sie ist die Sprecherin des polnischen Grenzschutzes an der Oder. "Die meisten Geflüchteten haben zugegeben, Polen wäre für sie nur ein Transitland. Sie wollten weiter nach Frankreich, Deutschland oder Schweden gelangen."

Das Brandenburger Innenministerium bestätigte vor Kurzem, dass immer wieder Geflüchtete den Weg über Polen nach Deutschland suchen. Allein im August seien über 100 Menschen angekommen. Geringe Zahlen, so das Ministerium, aber man beobachte die Entwicklung. Die meisten Schutzsuchenden seien bei der Einschleusung durch Schlepper aufgegriffen worden. Sobald die Menschen in der Erstaufnahmestelle angekommen sind, sei für Brandenburg entscheidend, dass die Menschen ein Asylgesuch stellen. Dann werde über ihren Verbleib entschieden.

Derweil berichten polnische Medien, dass in den kommenden Tagen circa 80 Iraker abgeschoben und zurück in ihr Herkunftsland geflogen werden sollen. Bei anderen Geflüchteten werde noch deren Identität geprüft, heißt es beim polnischen Grenzschutz. Viele Polen begrüßen diese Vorgehensweise.

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.09.2015, 15:40 Uhr

Mit Material von Magdalena Dercz

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