Berlin - Feuerwehr gibt Rettungsfälle an Leitstelle der Kassenärztlichen Vereinigung ab

Sa 30.07.22 | 10:44 Uhr
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Archivbild: Rettungswagen Berliner Feuerwehr. (Quelle: dpa/Schoening)
Bild: dpa/Schoening

Wegen der Überlastung des Rettungsdienstes gibt es in Berlin teils keinen freien Rettungswagen. Nach langer Diskussion hat die Feuerwehr Veränderungen vorgenommen. Die zeigen schnell Auswirkungen.

Die Veränderungen im Rettungsdienst der Berliner Feuerwehr haben bei der Leitstelle der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) unmittelbar zu mehr Fällen geführt. Bereits am ersten Tag der Anpassung von Codes bei der Notrufannahme am vergangenen Montag sei die Zahl auf 160 gestiegen, teilte eine KV-Sprecherin auf Anfrage mit. Zuvor hat die Leitstelle nach ihren Angaben im Schnitt täglich mehr als 100 Menschen übernommen, die den Notruf 112 gewählt haben und bei denen es nach Einschätzung der Feuerwehrleitstelle keine Hinweise auf einen Notfall gab. Mit der Abgabe von Fällen an den Ärztlichen Bereitschaftsdienst der KV hofft die Feuerwehr, die Überlastung des Rettungsdienstes in den Griff zu bekommen.

Die Leitstelle der KV ist rund um die Uhr über die Nummer 116117 erreichbar. Wer dort anruft, bekommt eine erste medizinische Einschätzung. Je nach Erkrankung werden Patientin oder Patient in einer der elf Notdienstpraxen behandelt, es erfolgt ein Hausbesuch - oder im Notfall wird die Feuerwehr eingeschaltet. Viele Menschen rufen aber gleich die 112 an, so dass beim Rettungsdienst der Berliner Feuerwehr auch viele Bagatellfälle landen.

Feuerwehr hat 14 Codes bei 112-Notrufen verändert

Bislang kam es trotzdem auch in solchen Fällen häufig zum Einsatz eines Rettungswagens (RTW). Dies sorgte für Kritik, weil sich der Rettungsdienst so quasi ständig im Ausnahmezustand befindet - und es teils keinen freien RTW mehr gab. Um das künftig zu vermeiden, hat die Feuerwehr 14 Codes bei 112-Notrufen verändert, die Bestandteil eines standardisierten Computersystems sind, das abgefragt wird. Damit soll es etwa keinen Einsatz mehr geben bei Patienten mit allergischer Reaktion ohne Atembeschwerden oder mit einer geringfügigen Verbrennung. Insgesamt sind laut Feuerwehr nun 127 Codes festgelegt, bei denen eine Weiterleitung an die KV erfolgt.

Abgaben an KV kontinuierlich gestiegen

Man stehe dazu im engen Austausch und habe die Veränderungen im Vorfeld besprochen, erklärten Landesbranddirektor Karsten Homrighausen und der KV-Vorstand. Die Zahl der Abgaben an die KV ist nach deren Angaben kontinuierlich gestiegen. Allein im zweiten Quartal 2022 habe die Feuerwehr rund 3.000 Anrufe an die Leitstelle abgegeben. Mit Blick auf die aktuellen Code-Anpassungen erwarte man mehr Fälle, hieß es.

"Nach unserer aktuellen Einschätzung kann der Ärztliche Bereitschaftsdienst dieses Mehraufkommen bearbeiten. Wir werden die Lage aber sehr genau beobachten, um gegebenenfalls gegenzusteuern", hieß es vom KV-Vorstand. Er forderte eine finanzielle Absicherung: "Die Notfallversorgung ist bereits seit langem defizitär. Hier sind jetzt die Krankenkassen am Zug."

Nach Gewerkschaftsangaben sind die Feuerwehren bundesweit überlastet. "Egal ob in Hamburg, Berlin, Wiesbaden oder München, es fehlt überall an Rettungsmitteln für die Notfallrettung sowie den qualifizierten Krankentransport", sagte Tobias Thiele, Pressesprecher der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft.

Sendung: Fritz Radio, 30.07.2022, 13 Uhr

47 Kommentare

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  1. 47.

    @Erich:
    Alle studieren 6 Jahre Medizin.
    Dann geht man ins Krankenhaus und macht nach 5-6 Jahren seinen Facharzt.
    Die Fachärzte für Allgemeinmedizin (vulgo Hausärzte) machen Ihre Facharztausbildung sowohl im Krankenhaus als auch in Praxen. Sie wmüssen dann verschienen Module zwangas/wahlweise durchlaufen.
    So kommen auch in meine Kidnerarztpraxis zukünftige Hausärzte:innen für 6 Monate..

  2. 46.

    Was mir sehr wichtig wäre - dass unter der 116117 nicht diese ellenlange Ansagearie kommt und dann noch hin und wieder eine Weiterleitung mit erneuter ellenlanger Ansage und Auswahlmöglichkeiten. Ich denke, dass das viele Menschen in einer stressigen Situationen frustriert und aggressiv macht und damit zum falschen Impuls "dann lege ich halt auf und nehme gleich die 112" führt. Für dieses Computergequatsche hat in einer Verletzungssituation keiner Nerven. Da muss die KV was ändern.

  3. 44.

    Wenn bei mir nichts anderes mehr leistbar ist ,dann kommen die Herrn mit der Kiste und das System hat dann in gewissen Sinne Mal wieder versagt.
    Dem möchte ich eigentlich vorbeugen ,indem ich nicht erst Stunden auf den ärztlichen Dienst,auf den nächsten Tag vielleicht beim unwissenden Hausarzt oder nächsten Monat dann beim Facharzt warte.Vor allem nicht bei einer akuten Verschlimmerung,Nachts ,zu einer unmöglichen Zeit.

  4. 43.

    Das ändert aber nun mal nichts daran, dass der Rettungsdienst für akute medizinische Notfälle mit direkter Lebensgefahr da ist. Ich bin selbst Asthmatiker und kenne die Panik, die in solchen Situationen aufkommen kann, natürlich selbst. Trotzdem ist der Rettungsdienst erst dann an der Reihe, wenn alles andere nicht mehr möglich oder zu gefährlich ist. Die Anspruchshaltung, die hier in Deutschland herrscht, ist einmalig auf der Welt. Nirgends fährt die Notfallrettung so oft und zügig, wie hier. Das geht aber eben nur solange gut, wie es auch leistbar ist. Irgendwann ist das System überlastet und wirklich lebensgefährliche Notfälle können nicht mehr bedient werden.

  5. 42.

    An Lisa, ich schätzte die Situation falsch ein. Bin ja kein Mediziner. Konnte ja auch nicht ahnen, dass der Arzt so lange aufsich warten ließ. Hinterher ist man immer schlauer. Deshalb kommt die KV Nummer für uns nicht mehr in Frage.

  6. 41.

    Es sind zu wenig, weil die Feuerwehr nicht mit der Stadt mitgewachsen ist. Dazu kommt eine Masse an Codes, welche nahezu alles beschicken.

  7. 40.

    Zu Zeiten eines Landesbranddirektors Albrecht Broemme gab es bei der Feuerwehr andere Probleme, die Notfallrettung allerdings war keine Herausforderung. Die hat nicht nur funktioniert, sie würde sogar mit Spezialfahrzeugen wie Stroke Units erweitert.
    Wo sind die RTW's mit ihrem qualifizierten Personals nur geblieben?

  8. 39.

    Hallo,
    Ich entnehme Ihrer Antwort, dass Sie im Rettungsdienst tätig sind? Sie haben meinen vollen Respekt, so wie ihm jeder Person gebührt :).

    Der logische Menschenverstand sollte einem sagen "wenn ich selbst nur noch in der Lage bin, einen Notruf abzusetzen, bin ich ein Notfall". Eigentlich ziemlich einfach.
    Meiner Meinung nach, ist dies auch ein Resultat dessen, dass aus gefühlt allem, etwas furchtbares gemacht wird und der Mensch nur noch in "Panik" gerät. Weitere Folgen sind leider die Versorgungsengpässe (ewige Wartezeiten beim Facharzt) und die völlige Ich-Bezogenheit, fernab einer gesunden Reflektion seiner Person.
    Man kann nur hoffen, dass es doch wieder besser wird, leider sehe ich da schwarz :/.

  9. 38.

    Wenn sich Ihre Mutter gequält hat, warum sind sie dann nicht mit ihr uns Krankenhaus gefahren oder haben sich ein Taxi gerufen oder auch Freunde gebeten, sie zu fahren, wenn Sie selbst nicht in der Lage waren oder Umstände dazu führen, dass sie nicht selbst fahren konnten.

    Immer die Schuld bei anderen zu suchen, statt sich auf die Lösung des Problems zu konzentrieren ist scheinbar einfacher. Bitte korrigieren Sie mich, falls ich das geschriebene Ihrer Situation falsch einschätze.
    Nur stellt es sich aktuell so da, dass es Ihnen einfacher erscheint, die Schuld abzuschieben und sich als "Opfer" zu sehen.

  10. 37.

    Desorientiert ist für Sie kein medizinischer Notfall... Es mag für bestimmte Einzelfälle gelten, aber besitzen Sie das medizinische Fachwissen ob vielleicht doch etwas mehr dahinter steckt? Bei Schlaganfällen kann es auch zu Desorientierung kommen oder nach epileptischen Anfällen oder Drogenmissbrauch. Ich jedenfalls bis ins Detail nicht, obwohl ich mit einer exam. Krankenschwester mit Tätigkeit auf ITS verheiratet war u. selbst mehr als nur den Erste Hilfe Schein für d. FS. in der Tasche habe.

  11. 36.

    Desorientiert kann man auch sein wenn eine Hypoglykämie vorliegt oder ein Intox. Pauschal zu sagen " ja ist verwirrt also muss die Polizei her" kann für den Patienten nach hinten los gehen. Meiner Meinung nach ist dort die 112 die absolut korrekte Wahl. Die Polizei ist eben kein Medizinisches Personal die eine solche Situation auch fehleinschätzen können. Und ja mir gehen solche Bagatelle auch auf die nerven aber am Telefon sowas einzuschätzen ist sehr.

  12. 35.

    Wow, Sie machen es sich hier aber zu einfach. Man kann auch in Notsituationen geraten wo einem nur die Notfallnummer einfällt. So mir geschehen. Ich rief da an und bat zuerst einmal nur um Rat. Der freundliche Mann in der Notrufzentrale ließ mich nicht einmal ausreden und meinte trocken zu mir wir schicken einen Wagen vorbei. Erst als die beiden Rettungskräfte vor meiner Wohnungstür standen und ich ihnen erklärt hatte was vorgefallen ist, meinte einer sehr freundlich zu mir, dann wählen sie bitte die 116117. was ich dann auch tat.

  13. 34.

    Da ist es aber doch wieder. Ich hätte als Erstes die Polizei gerufen und nicht die 112. Desorientiert ist in meinen Augen kein medizinischer Notfall!

  14. 33.

    So lange Leute wegen einem quer sitzenden Pups den Rettungswagen rufen, wird sich nichts ändern. Bei einem verstauchten Fuß oder ähnlich gelagerten "Notfällen" liegt in meinen Augen ein Notrufmissbrauch vor, der strafbar ist. Zumindest sollten die Kosten in solchen Fällen vom Anrufer getragen werden. So bleiben die Kapazitäten für die wirklich schwer Kranken.

  15. 32.

    Für alle die meinen Beitrag gelesen haben. Hier das Ergebnis. Nach 5 Stunden warten auf den Arzt stellte er fest, dass meine 93 jährige Mutter ins Krankenhaus in die Notaufnahme muss. Viele Stunden hat sie sich gequält ehe ihr endlich geholfen wurde.

  16. 31.

    Die Nichterreicharkeit der Notrufnummer allein ist eigentlich ein Skandal. Gestern haben wir auf der Strasse eine hilflose, desorientierte Person getroffen, deren Verhalten gesundheitliche Probleme vermuten ließ. Die Notrufnummer 112 war nicht zu erreichen. Ein Anruf bei der Polizei, der sofort entgegengenommen wurde, brachte dann Hilfe.

  17. 30.

    Mir ist wirklich nicht klar. wie das gehen soll.
    Auf den Notarzt wartet man Stunden.
    Das bei Atemnot???

  18. 29.

    Die 116117 müsste einfach noch viel bekannter gemacht werden. Dann würden hoffentlich weniger Menschen wegen jedes Wehwehchens gleich die 112 rufen oder selbst ins Krankenhaus rennen.

  19. 28.

    Wäre vielleicht aber vielleicht besser,da so mancher sogenannter Facharzt, zuvor den Allgemeinmedizinerberuf,dann im Krankenhaus und dann erst seine Facharzt richtung eingeschlagen hat.Manche setzen auch noch weitere Fachärzte oben drauf.
    Vor allem hofft man ja auch im KKH nach neuesten Kriterien behandelt zu werden.
    Was Anspruchsdenken angeht, sicherlich erwarten wir alle eine gute Versorgung ,zumal genügend Steuergelder außerhalb der Republik vergeben und versprochen werden.Beim eigenen Volk soll s dann eingespart aber auch abgeschöpft werden.

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