Reaktionen auf Rücktritt - Politische Parteien begrüßen Schlesingers Rücktritt, rbb will "lückenlos aufklären"

Mo 08.08.22 | 21:24 Uhr
Patricia Schlesinger, Ex-Intendantin des RBB (Bild: dpa/Christoph Soeder)
Video: rbb|24 | 08.08.2022 | Material: rbb|24 Abendschau, Brandenburg aktuell | Bild: dpa/Christoph Soeder

Regierungs- und Oppositionsparteien in Berlin und Brandenburg haben sich zum Rücktritt von Patricia Schlesinger als Intendantin des rbb geäußert. Viele forderten weitere Maßnahmen und befürchten eine Vertrauenskrise für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Der Rücktritt von Patricia Schlesinger als Intendantin des rbb wird von Politikerinnen und Politikern aus Berlin und Brandenburg begrüßt. Viele Parteien fordern in ersten Reaktionen am Montag weitere Maßnahmen, vor allem die Kontrollgremien sollten gestärkt werden, um ähnliche Fälle künftig zu verhindern.

Schlesinger war am Sonntag von ihrem Amt zurückgetreten, sie stand seit Wochen in der Kritik, unter anderem wegen möglicher Interessenskollisionen bei der Auftragsvergabe, ihrer Dienstwagennutzung und der Abrechnung von privaten Abendessen. Gegen Schlesinger, ihren Ehemann und den rbb-Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf ermittelt inzwischen auch die Berliner Staatsanwaltschaft.

Brandenburger Regierungsparteien fordern stärkere Aufsichtsgremien

Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Brandenburger Landtag, Jan Redmann, sagte dem rbb, Schlesingers Rücktritt sei zwangsläufig gewesen, ein personeller Neuanfang reiche aber nicht aus. Es gehe darum, sich die Strukturen anzuschauen, welche das Fehlverhalten ermöglicht hätten und die Aufsichtsgremien zu stärken. Der Aufsichtsrat, so Redmann, arbeite derzeit überwiegend ehrenamtlich.

Ähnliches forderte auch die Vorsitzende der Brandenburger Grünen-Fraktion, Petra Budke. Sie sagte dem rbb24 Inforadio, es gehe darum, Transparenzregeln für die Zukunft zu schaffen, damit die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler wissen, wie ihr Geld verwendet wird. Nur mit diesen Maßnahmen könne das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Sender wieder hergestellt werden. Budke forderte außerdem, dass im rbb dafür gesorgt werden müsse, dass die bestehenden Compliance Regeln auch durchgesetzt werden. Sie forderte neben dem Rücktritt Schlesingers auch einen Rücktritt des Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf.

rbb Spezial: Rücktritt der Intendantin Schlesinger

Die Ex-Intendantin des RBB, Patricia Schlesinger (Bild: dpa/Britta Pedersen)
dpa/Britta Pedersen

Der Medienbeauftrage der brandenburgischen Landesregierung, Benjamin Grimm (SPD), nannte den Rücktritt Schlesingers "unausweichlich" und forderte ebenfalls mehr Transparenz und Kontrolle. Dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte Grimm am Montag: "Entscheidend ist jetzt, dass die im Raum stehenden Vorwürfe restlos aufgeklärt und Fehlverhalten durch klare Regeln für die Zukunft ausgeschlossen werden."

Dies liege in der Verantwortung des rbb und seiner Gremien, sagte Grimm. Zugleich müssten Transparenz und Kontrolle im Sender insgesamt gestärkt werden. Dafür biete die ohnehin anstehende Novellierung des rbb-Staatsvertrags eine Chance, betonte der Staatssekretär: "Denn nur so wird es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gelingen, mit seiner Kernaufgabe wahrgenommen zu werden: Qualitätsjournalismus für unsere Region."

Giffey: "Richtiger Schritt, um Schaden abzuwenden"

Die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa), der Rücktritt Schlesingers sei "der richtige Schritt, um weiteren Schaden vom rbb abzuwenden". Die Vorwürfe müssten nun lückenlos aufgeklärt werden, es gehe um die Wiederherstellung des Vertrauens in den rbb. Außerdem forderte auch sie Strukturveränderungen, damit sich solche Vorgänge nicht wiederholen könnten.

Aus dem Berliner Abgeordnetenhaus äußerte sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Kai Wegner in einer Stellungnahme und nannte den "Schaden für den rbb und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt riesengroß". Notwendig sei nun nicht nur eine bessere interne, sondern zusätzlich eine externe Kontrolle. Der Rechnungshof solle mit der Überprüfung beauftragt werden, wird Wegner zitiert. Die Gebührenzahler müssten sich wieder darauf verlassen können, dass ihre Beiträge für den Programm- und Informationsauftrag verwendet würden. Es müsse jetzt gelingen, Vertrauen zurück zu gewinnen.

Der Berliner AfD-Abgeordnete und Medienexperte der Partei, Ronald Gläser, teilte in einer Stellungnahme mit, die "Affäre Schlesinger" sei ein Versagen der Aufsichtsgremien und forderte indirekt Rücktritte in Verwaltungs- und Rundfunkrat.

AfD kritisiert Abfindungsforderung Schlesingers, Freie Wähler wollen Zuschauerbeirat

Die Brandenburger AfD-Fraktion kritisierte die ehemalige Intendantin Schlesinger in einer Pressemitteilung vor allem dafür, dass sie mit ihren Anwälten an einer Abfindungsforderung arbeite und nicht auf ihr Gehalt verzichten wolle.

Ähnlich äußerten sich auch die Freien Wähler Brandenburg, in ihrer Pressemitteilung heißt es, eine "üppige Abfindung" dürfe es nicht geben. Der Schaden für den Beitragszahler müsse ermittelt und von den Verantwortlichen zurückgefordert werden. Die freien Wähler forderten außerdem als Maßnahme für die künftige Ausrichtung des rbb die Schaffung eines Zuschauerbeirates, als Kontrollgremium der Beitragszahler.

Weitere Reaktionen zum Rücktritt

  • Deutscher Journalisten Verband

  • rbb-Rundfunkrat

  • rbb-Redaktionsausschuss

Schlesinger hatte am Sonntagabend ihren Rücktritt erklärt. Sie steht seit Wochen in der Kritik, wegen möglicher Interessenkollisionen - unter anderem bei der Vergabe von Berateraufträgen für den Neubau eines neuen Medienhauses. Die Vorwürfe werden extern untersucht. Moniert wurden auch Schlesingers Dienstwagennutzung, Spesenabrechnungen für Abendessen und zuletzt eine teure Büroeinrichtung. Zudem stieß eine Gehaltserhöhung um 16 Prozent auf 303.000 Euro Jahressalär trotz Sparkurs des Senders auf Kritik.

Sendung: rbb24 Inforadio, 08.08.2022, 9:05 Uhr

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